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Interview

„Wir gehen einen außergewöhnlichen Weg“

Helmut Fallmann: „Wir wollen als Softwareanbieter direkt mit Partnern und den Anwenderinnen und Anwendern strategisch zusammenarbeiten.“  
Helmut Fallmann: „Wir wollen als Softwareanbieter direkt mit Partnern und den Anwenderinnen und Anwendern strategisch zusammenarbeiten.“  Roland Rudolph
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Helmut Fallmann, Gründer und Vorsitzender des Vorstandes (CEO) der Fabasoft AG, setzt das europäische Modell einer länderübergreifenden Zusammenarbeit im Softwaresektor im Regionalen um – mit einem Ökosystem für dokumentenzentrierte Geschäftsprozesse.

Sie setzen auf ein eigenes Beteiligungsmodell zur Unterstützung von Unternehmertum in Europa. Was sind Ihre Beweggründe?

Helmut Fallmann: Wenn ich an mein Studium zurückdenke, gab es damals schon das Dreieck in der Informatik am Markt: Aus den USA kommt die Systemsoftware wie Betriebssysteme und Datenbanken, aus Asien stammt eher die Hardware – von Chips bis zu Computern – und Europa ist die Hochburg der Anwendungen. Heute ist im Bereich der Anwendungen im globalen Maßstab nur ein europäisches Unternehmen wirklich groß, und zwar SAP.

Wir benötigen aber mehr dieser Leuchttürme der Digitalisierung in Europa. Es gäbe verschiedene Formen, das zu finanzieren. Auf der Venture-Capital-Ebene werden wir aufgrund der Größenordnungen nicht mit den USA konkurrieren können. Und die Banken braucht man in die Finanzierungsgleichung gar nicht erst aufzunehmen. Mit den herrschenden Regularien in Europa sind die Banken nicht in der Lage, Softwareunternehmen zu finanzieren.

»In unserem ­Ökosystem sind alle beteiligten ­Firmen fair ­vertreten und ­arbeiten gemeinsam an einer Weiterentwicklung des Systems.«

Helmut Fallmann

Gründer und Vorsitzender des Vorstandes (CEO) der Fabasoft AG

Für uns hat es demnach mehr Logik, in unserer Rolle als Softwareanbieter direkt mit Partnern und den Anwenderinnen und Anwendern strategisch zusammenzuarbeiten. Wir suchen Unternehmen, die zu uns passen und überzeugen sie, in unserem Ökosystem zu agieren. Die Idee ist, dass sie damit im Gegensatz zu einem Alleingang um ein Vielfaches erfolgreicher sind.

Auf welchen Beteiligungsumfang setzen Sie hier? Ist dieser rein auf Kapital beschränkt? Und was ist unter einem Ökosystem bei Fabasoft zu verstehen?

Wir unterstützen stets mit Mehrheitsbeteiligungen, aber in jeder Form – mit finanziellen Mitteln, im Marketing, bei Geschäftsprozessen, Zertifizierungen, Software, Plattformen und vielem mehr. Alle diese Faktoren, die auch das Teilen von Know-how oder Controlling-Ressourcen beinhalten, stehen für den Begriff „Smart Money“. Bezüglich Ökosystem: Fabasoft ist seit Jahrzehnten mit Lösungen für die Verwaltung und private Kunden erfolgreich, wir hatten uns aber stets im Marketing für unsere Produkte schwergetan.

Der B2B-Marketingprofi Hans Mühlbacher, ehemaliger Institutsleiter Marketing der Universität Innsbruck und Gründer des Unternehmens IMARK, hatte uns dann geholfen, ein neues System zu definieren und zu beschreiben. Fabasoft PROCECO ist unser Ökosystem aus leistungsstarken und integrierbaren Solutions für dokumentenintensive Geschäftsprozesse, in dem alle beteiligten Firmen fair vertreten sind und auch gemeinsam an seiner Weiterentwicklung arbeiten.

Wir sehen unsere Zukunft im weiterhin organischen Wachstum mit eigenen Produkten, aber auch mit Akquisitionen. Das macht sehr viel Freude. Ich bin jetzt in einer Phase, wo ich junge Menschen erfolgreich machen kann. Das ist richtig cool.

Welche Herausforderungen entstehen bei dieser Zusammenarbeit?

Die technologische Basis des Ökosystems bildet die Fabasoft Cloud. Diese besteht ungefähr aus 20 Millionen Codezeilen. Eine typische Anwendung besteht aus gut 100.000 Lines of Code. Ein Entwicklungsteam benötigt also auch eine perfekte Dokumentation über die 20 Millionen Codezeilen, etwa zur Architektur und zu den unterschiedlichen Schnittstellen, damit man überall auf der Welt auf Basis des Ökosystems entwickeln kann. Das war eine für uns nicht bewältigbare Aufgabe – bis wir die Geschäftsführer und Geschäftsführerinnen mit ihren Teams eingebunden haben. Mit den vielen Blicken von außen schaffen wir jetzt eine saubere Dokumentation.

Auch auf Marketing-Seite generieren wir derzeit so viele Leads, dass wir kaum mit der Produktion nachkommen. Das Geschäft läuft hervorragend. Wenn wir Lieferprobleme haben, dann aufgrund von Personalmangel. Daher setzen wir immer stärker auf eine Zusammenarbeit im Dienstleistungsbereich mit Partnern und konzentrieren uns auf die Weiterentwicklung unserer Produkte. Auch aus diesem Grund ist es so wichtig, eine saubere Dokumentation zu haben.

Eine Herausforderung ist sicherlich auch, so unterschiedliche Ideen und Wünsche aus den Bereichen Publishing, E-Government, Industrie, Personalakten und mehr unter einen Hut zu bringen. Unser CTO Oliver Albl hat das aber gut im Griff. Er entscheidet gemeinsam mit den Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen sowie Stakeholdern, welche Richtungen priorisiert werden. Dazu müssen wir auch noch schneller Engineering-Kapazität aufbauen, was aufgrund der Personalsituation in der IT herausfordernd ist.

Allein der Fachkräftemangel ist aus unserer Sicht ein Grund für Akquisitionen, etwa mit einer Mehrheitsbeteiligung an der 4teamwork AG mit Sitz in Bern im Vorjahr. Das bringt uns dann auch zu einer teilweise doch beträchtlichen Distanz zu Entwicklungsteams. Fabasoft war ja bewusst stets regional aufgestellt. Die persönlichen Treffen unserer Führungskräfte finden jetzt in Innsbruck statt. Es ist ein fairer Schnittpunkt für die Anreise aus München, Bern und Linz und steht symbolisch auch für eine faire Zusammenarbeit.

Sie setzen mit dem ­Fabasoft-Modell das angestrebte europäische IT-Ökosystem ­bereits im Kleinen um. Wo sehen Sie hierbei ihre Grenzen?

Es funktioniert in unserer Nische der dokumentenzentrierten Geschäftsprozesse bereits hervorragend. Wir wollen unsere Produkte über den deutschsprachigen Raum hinaus künftig etwa auch in Frankreich anbieten. Mit dem Team in der Schweiz lernen wir jetzt in der französischsprachigen Schweiz, der Romandie, wie man mit dem französischen Markt umgeht, um weiter zu expandieren. Als Anbieter ist unsere Strategie auf ganz Europa und auch auf die USA ausgerichtet. Seit mein Sohn dort lebt und mit den Fortune 500 im Bereich Sustainability arbeitet, verstehe ich auch, wie der amerikanische Markt tickt.

»Wir sprechen von Unternehmerinnen und Unternehmern, die ein ­Lebenswerk aufbauen wollen und nicht von solchen, die auf einen Exit hinarbeiten.«

Helmut Fallmann

Gründer und Vorsitzender des Vorstandes (CEO) der Fabasoft AG

Wir sprechen hier auch immer von Unternehmerinnen und Unternehmern, die ein Lebenswerk aufbauen wollen und nicht von solchen, die auf einen Exit hinarbeiten. Letzteres ist eine Welt, die auch anderer Partnerschaften und Expertisen bedarf. Meine Welt des Unternehmertums, dessen Werte für den Erfolg ich in meinem aktuellen Buch vom „Vom Scale-up zum unternehmerischen Lebenswerk“ beschreibe (siehe Infokasten „Buchtipp“), mag manchen altertümlich erscheinen.

Sie unterscheiden stark zwischen Start-up und Scale-up. Warum?

Ein Start-up bewertet man aufgrund einer Vision, aber noch ohne Geschäftsvolumen. Bei einem Scale-up sind bereits Geschäft, Organisation und Produkt vorhanden. Man hat zur Bewertung eine Bilanz mit Gewinn-und-Verlust-Rechnung und einen Businessplan, der bereits zwei, drei Jahre lang gehalten hat und funktioniert. Beim Extrapolieren eines Plans kann immer etwas passieren, aber es gibt ein solides Fundament und nicht nur den Glauben. Rund 90 Prozent der Unternehmungen im Start-up-Bereich führen nicht zu einem Erfolg. Das ist generell nichts Verwerfliches, doch bedeutet das in Europa immer noch eine Stigmatisierung der Gründer und Gründerinnen. Mein Ansatz ist, auf eher wenige Investments zu setzen und auch Geduld zu haben.

Wir wollen junge Entrepreneure und Entrepreneurinnen erfolgreich machen – mit einem ordentlichen Gehalt als Geschäftsführerin oder Geschäftsführer, ebenso wie mit einer Unternehmensbeteiligung. Typischerweise sind das 20 Prozent, aber es kann auch bis 40 Prozent gehen. Damit partizipieren sie in Gewinnausschüttungen und an der Wertsteigerung des Unternehmens.

Wie können Unternehmen generell dem Fachkräftemangel begegnen?

Für Fabasoft gesprochen adressieren wir dieses massive Problem mit einer Reihe von Maßnahmen. Unser Employer Branding ist mittlerweile richtig gut. Wir zahlen auch mehr als andere. Unser Personalbedarf erstreckt sich über mehrere Standorte – Wien, Linz, Graz, Bern, St. Gallen, München, Deggendorf, Frankfurt, Berlin, Erfurt, Chicago und Washington D.C. Wenn wir überall Fachkräfte gewinnen, können wir schon gut wachsen. Mit jedem Standort gewinnt man neues Potenzial. Und je besser eine Akquisition funktioniert, desto besser wird unsere Geschichte auch nach außen erzählt. Erfolg macht erfolgreich.

Wir finden damit die Menschen, die zu uns und unserem Wertesystem passen. Dazu gehört auch ein Miteinander nicht nur im Homeoffice, das es selbstverständlich bei uns gibt. Wir wollen uns auch persönlich begegnen, gemeinsam zu Mittag essen oder einen Kaffee miteinander trinken – zumindest an drei Tagen in der Woche. Auch unsere betriebliche Kinderbetreuung in Linz führt dazu, dass Menschen gern im Büro sind. Ich sehe eine gewisse Durchlässigkeit bei den Arbeitsstellen auch als riesige Chance für eine Unternehmensgruppe. Sie eröffnet Karrieremöglichkeiten und lässt Menschen mit ihren Fähigkeiten die jeweils besten Aufgaben finden.

Buchtipp

„Vom Scale-up zum unternehmerischen Lebenswerk“

Verlage: Solutions by Handelsblatt Media Group, Hamburg / „Die Presse“ Verlags-Gesellschaft, Wien.
1. Auflage: ISBN: 978-3-937596-89-1
Vertrieb u. a. Shop.DiePresse.com

Als Hörbuch unter: www.diepresse.com/6284092/vom-scale-up-zum-unternehmerischen-lebenswerk

Mehr Infos zur Zusammenarbeit mit Fabasoft unter www.fabasoft.com

Initiative #NEXTLEVEL

Die #nextlevel-Initiative richtet sich an Unternehmer:innen, die den nächsten Wachstumsschritt gemeinsam mit Fabasoft gehen möchten.

Das börsennotierte Softwareunternehmen bietet jungen Digitalschmieden eine ­strategische Partnerschaft an. Entrepreneur:innen profitieren u. a. von Best Practices, Coachings und vom Zugang zu neuen Marketing- und Vertriebskanälen.

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