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Nationalrat erleichtert Primärversorgungseinheiten und beschließt Eltern-Kind-Pass

Gesundheitsminister Johannes Rauch zeugt sich zufrieden mit der Reform der Primärversorgungseinheiten.
Gesundheitsminister Johannes Rauch zeugt sich zufrieden mit der Reform der Primärversorgungseinheiten.APA / Georg Hochmuth
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Den Ärztekammern wird ihre Vetomöglichkeit gegen neue Primärversorgungseinheiten genommen.

Der Nationalrat hat am Donnerstag seinen Sommerkehraus fortgesetzt. Erster Punkt waren Neuerungen in der Primärversorgung, die mit Stimmen von ÖVP, Grünen, SPÖ und Neos angenommen wurden. Die Errichtung entsprechender Einheiten im Gesundheitswesen wird erleichtert und entbürokratisiert, den Ärztekammern ihre Vetomöglichkeit genommen.

Zu den aktuell 40 bestehenden Primärversorgungseinheiten (PVE) sollen damit bis Ende 2026 zumindest 43 weitere in ganz Österreich hinzukommen. Angepeilt werden aber sogar 120. Statt bisher 340.000 Patient:innen sollen so mindestens 705.500 Menschen pro Jahr versorgt werden. Auch andere Gesundheitsberufe als Ärzte können Gesellschafter werden, Ärzte müssen aber mehr als 50 Prozent am Kapital der Gesellschaft halten.

Die Ärztekammern verlieren ihre Vetomöglichkeit gegen neue PVE. Bei zwei länger unbesetzten Kassenstellen in einer Versorgungsregion kann die Landeszielsteuerungskommission (bestehend aus Land und Sozialversicherung; ohne Ärztekammer) einen Beschluss für ein PVE an einem Standort in dieser Region fassen. Außerdem entfällt die Bedarfsprüfung für gemeinnützige Ambulatorien, die ein PVE betreiben wollen. Rechtlich ermöglicht werden auch reine Kindermedizin-Einrichtungen.

„Die wollen gründen“

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) zeigte sich zufrieden. „Was wir heute beschließen, ist ein erster, aber ein ganz wesentlicher Baustein einer umfassender Gesundheitsreform, die wir jetzt versuchen im Zuge des Finanzausgleichs auf den Boden zu bringen.“ Mit dem forcierten Ermöglichen von Primärversorgungszentren könne man dem Trend zu unbesetzten Kassenarztstellen, dem Boom bei Wahlärzten und dem Ausweichen der Patienten in Spitalsambulanzen entgegentreten, zeigte er sich überzeugt. Für den Finanzausgleich werde man den Sommer durcharbeiten, um ihn dann im Herbst beschließen zu können.

Die Abgeordneten Ralph Schallmeiner und Josef Smolle, die die Novelle für Grüne bzw. ÖVP verhandelt hatten, hoben in ihren Beiträgen auch hervor, dass künftig auch schon zwei Personen eine PVE gründen können und 100 Mio. Euro an Fördermitteln aus dem Aufbau- und Resilienzplan der EU bereitstünden. Mehr als 30 PVE stünden bereits in den Startlöchern. „Die warten darauf, dass wir das hier heute novellieren. Die wollen gründen“, sagte Schallmeiner. Grund dafür sei unter anderem das attraktive Arbeitsumfeld, meinte Smolle.

Bei der SPÖ bemühte man sich zu betonen, dass das Primärversorgungsgesetz ursprünglich in der Ära von Christian Kern und Pamela Rendi-Wagner beschlossen worden war. Rudolf Silvan bemängelte aber, dass Maßnahmen gegen den Ärztemangel fehlten. Gerhard Kaniak (FPÖ) sprach in diesem Zusammenhang gar von einem Desaster. „Geld alleine und das was sie hier vorgelegt haben, wird nicht reichen, um die Probleme zu beseitigen“, unterstrich er. Zustimmung zum Gesetz kam hingegen von den Neos. Dass Rauch den Mut zeige, „sich gegen diverse Stakeholder aufzubäumen“, begrüßte deren Abgeordnete Fiona Fiedler.

Eltern-Kind-Pass bringt Elternberatung

Mit Koalitionsstimmen beschlossen wurde danach die Umsetzung des neuen Eltern-Kind-Passes (bisher Mutter-Kind-Pass), nachdem dieses Vorhaben im Juni an einem Formalfehler gescheitert war. Mit Jänner 2024 soll das neue nun digital aufgesetzte Vorsorgeprogramm in Kraft treten, bis 2026 soll der Leistungsumfang um zusätzliche Angebote während der Schwangerschaft bzw. für Neugeborene erweitert werden. Dafür braucht es noch eine Verordnung.

Zu den neuen Leistungen sollen ein Gesundheitsgespräch zu Beginn der Schwangerschaft, eine zweite freiwillige Hebammenberatung vor der Geburt sowie eine Elternberatung gehören. Ermöglicht werden außerdem ein zusätzliches Hörscreening für Neugeborene, ein weiterer Ultraschall sowie eine Ernährungs- und Gesundheitsberatung für Schwangere, Stillende oder junge Eltern. (APA)

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