Nachhaltigkeit

Gummi-Enten und Plastikbesteck sollen künftig verrotten

Plastikspielzeug ist meist nicht biologisch abbaubar.
Plastikspielzeug ist meist nicht biologisch abbaubar.Getty Images
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Ein Grazer Forschungsteam entwickelt in einem EU-Projekt eine biobasierte und biologisch abbaubare Kunststoffalternative für Kinderspielzeug, die Gesundheit und Umwelt nicht belasten soll. Sie könnte sich auch für Verpackungen oder Fischköder eignen.

Man nehme Erdöl und stelle daraus in einem chemischen Verfahren Kunststoff her. Das erweist sich schon lang nicht mehr als zukunftstaugliches Rezept. Denn fossile Rohstoffe sind begrenzt, außerdem verursacht die Kunststoffproduktion enorme Treibhausgasemissionen. Überdies lassen sich auf diese Weise hergestellte Kunststoffe meist nicht mehr abbauen, bleiben also als Abfall, Abrieb von Autoreifen oder Kunstrasen bestehen. Und dann belasten auch noch häufig sogenannte Additive, etwa Weichmacher, Gesundheit und Umwelt.

Die richtige Mischung macht’s

Das Austrian Centre of Industrial Biotechnology (Acib) sucht daher nach neuen, nachhaltigeren Wegen für die Produktion der für viele Anwendungen wichtigen Materialien. „Es gibt zwar Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen auf dem Markt, meist sind sie aber nicht biologisch abbaubar, lassen sich also nicht mithilfe von Mikroorganismen oder Enzymen zersetzen“, erklärt Anita Emmerstorfer-Augustin.

Sie leitet den Grazer Part des EU-Projekts „Bioplastics Europe“, wo man mit 22 wissenschaftlichen und industriellen Partnern aus 13 Ländern kooperiert. Als Hoffnungsträger gelten von ihr mitentwickelte Gemische aus Biopolyester, sogenanntem Polyhydroxybutyrat (PHB), und Naturkautschuk. Sie sollen sich etwa für die Produktion von Spielzeug eignen und innerhalb mehrerer Jahre abbauen lassen.

Zudem seien sie elastischer und flexibler als bisherige Bioplastiksorten. „Damit könnten sich etwa auch Gummi-Enten herstellen lassen“, nennt Emmerstorfer-Augustin ein Beispiel. Die Erkenntnisse sollen sich aber auch für weiche und starre Verpackungen, landwirtschaftliche Folien, Fischköder und -kisten oder Mehrwegbesteck nutzen lassen.

In ihren Versuchen variieren die Forschenden die Prozessbedingungen, wie zum Beispiel Temperatur und Druck. „Am Endprodukt erproben wir dann die Bioabbaubarkeit mittels geeigneter Enzyme und bestimmen über den Gewichtsverlust und das Vorhandensein diverser Abbauprodukte, wie gut das funktioniert“, schildert Emmerstorfer-Augustin. Noch funktioniert alles im kleinen Rahmen. Bis dato konnten mehrere Hundert Gramm der biobasierten, bioabbaubaren Plastikprototypen hergestellt werden. Eine Ausweitung der Produktion auf den Industriemaßstab ist jedoch geplant.

Erste Tests sind jedenfalls vielversprechend. In Toxizitätsuntersuchungen der Med-Uni Graz wurde das Gemisch bereits als unbedenklich eingestuft. Analysen im Labor und Feldversuche, wie der neue Biokunststoff auf die Umwelt, etwa auf Regenwürmer und andere Tiere, wirkt, laufen noch. Sie sollen Ende des Jahres abgeschlossen sein, sagt sie Forscherin.

Was passiert mit dem Lastwagen?

Unter perfekten Bedingungen im Labor sei PHB jedenfalls bereits innerhalb von nur vier Wochen komplett verrottet. Naturkautschuk brauche hingegen mehrere Jahre.

Müssen sich Kinder nun fürchten, dass ihr Kunststoff-Lkw in der Sandkiste nach und nach verschwindet? „Nein“, sagt die Biotechnologin – und zweifache Mutter – und lacht. Die biologische Abbaubarkeit hänge stark von der Umwelt ab. Und dort wirken Enzyme freilich nicht in so konzentrierter Form wie im Labor. (APA/gral)

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