Eriwan und Baku scheitern an Einigung

Konflikt um Berg-Karabach. Brüsseler Verhandlungen von Armenien und Aserbaidschan ohne Ergebnis.

Brüssel. Aserbaidschan und Armenien haben erneut Friedensgespräche unter EU-Vermittlung geführt – allerdings ohne greifbares Ergebnis. Bei dem Treffen des armenischen Regierungschefs Nikol Paschinjan und des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew in Brüssel habe es einen „offenen, ehrlichen und substanziellen“ Austausch gegeben, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel am Sonntag mit.

Er habe beide Seiten ermutigt, „mutige Schritte zu unternehmen, um entschiedene und unumkehrbare Fortschritte auf dem Weg zur Normalisierung sicherzustellen“, erklärte Michel. Es war bereits das sechste Gespräch zwischen den politischen Spitzen von Armenien und Aserbaidschan unter Vermittlung der EU in knapp zwei Jahren.

Gefährliche Eskalation

Die Verhandlungen fanden vor dem Hintergrund erneut gewachsener Spannungen statt. Aserbaidschan hatte am Dienstag die einzige Landverbindung zwischen Berg-Karabach und Armenien geschlossen. Das aserbaidschanische Verteidigungsministerium warf den armenischen Separatisten in Berg-Karabach vor, Funkstörungen gegen Passagierflugzeuge einzusetzen, die den aserbaidschanischen Luftraum durchqueren. Die Separatistenbehörden nannten dies eine „absolute Lüge“. Aserbaidschan und Armenien streiten seit dem Zerfall der Sowjetunion um die hauptsächlich von Armeniern bewohnte Enklave Berg-Karabach. Es gab bereits zwei Kriege um das Gebiet mit Tausenden Toten. Nach sechswöchigen Kämpfen mit mehr als 6500 Toten 2020 hatte Russland ein Waffenstillstandsabkommen vermittelt, das Armenien zur Aufgabe großer Gebiete zwang. Seitdem gibt es aber immer wieder tödliche Auseinandersetzungen an der armenisch-aserbaidschanischen Grenze.

Für die Kontrolle des Waffenstillstands sind laut dem Abkommen russische Truppen zuständig. Diese sichern auch den sogenannten Latschin-Korridor, die einzige Straßenverbindung zwischen Berg-Karabach und Armenien. Aserbaidschan warf Russland am Sonntag vor, seinen Verpflichtungen aus einem Waffenstillstandsabkommen von 2020 nicht nachzukommen. „Die russische Seite hat die vollständige Umsetzung des Abkommens im Rahmen ihrer Verpflichtungen nicht sichergestellt“, erklärte das Außenministerium in Baku. So habe Moskau „nichts unternommen, um zu verhindern“, dass Armenien die Separatisten in Berg-Karabach mit militärischer Ausrüstung beliefere.

EU springt in die Bresche

Vor dem Hintergrund des Überfalls auf die Ukraine versucht die EU, den russischen Spielraum einzuengen – aus Sorge, Moskau könnte einen weiteren Krieg in der Region heraufbeschwören, um westliche Ressourcen zu binden. Ratspräsident Michel kündigte am Sonntag an, ein erneutes Treffen zwischen Alijew und Paschinjan in Brüssel organisieren zu wollen. Ein weiteres soll demnach im Oktober in Spanien stattfinden. Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron sollen an diesem Treffen teilnehmen. Bei Friedensverhandlungen Ende Mai hatte Armenien akzeptiert, Berg-Karabach als Teil Aserbaidschans anzuerkennen, forderte im Gegenzug aber internationale Mechanismen, mit denen der Schutz der Rechte der armenischen Bewohner der Enklave sichergestellt werden können. (ag./red.)

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