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Die Serie „Country Queen“ bringt Kenia in die Wohnzimmer aller Welt

Akisa (Melissa Kiplagat) hängt in ihrer Heimat Tsilanga fest.
Akisa (Melissa Kiplagat) hängt in ihrer Heimat Tsilanga fest. © Good Karma Fiction/ZDF/Arte
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Die Großproduktion „Country Queen“ zeigt Landraub und Liebe in Kenia. Das Porträt eines Dorfs und seiner Ausbeuter überzeugt mit seiner dichten Erzählweise.

Viele Figuren findet man in der Dramaserie „Country Queen“, sie alle haben ihren Schmerz und ihre Freude, ihre Ängste und Begehrlichkeiten. Nahe fühlt man sich vor allem einer: Akisa, einer jungen, entwurzelten Frau, die in Nairobi eine Eventagentur führt. Gerade stand sie noch im goldenen Paillettenkleid bei einer Veranstaltung, ein Sektglas in der Hand. Erhoben auf eine korrupte Geschäftsfrau, die, man ahnt es, noch eine wichtige Rolle spielen wird. Und dann macht sie sich auf den Weg in das Dorf, aus dem sie kommt. Und wird gleich einmal mit dem Gerücht konfrontiert, dass sie doch eigentlich gestorben sei. Entsprechend ist der Empfang bei ihren Eltern, die Verbitterung sitzt tief, auf beiden Seiten. Bis man die Hintergründe versteht, dauert es, denn es gilt, viele Erzählstränge in dieser Serie zu verfolgen, die – in einer Mischung aus Englisch und Swahili – vom Leben in Kenia erzählt.

Esther (Mumbi Kaigwa) wird im Dorf skeptisch beäugt und verdächtigt, eine Hexe zu sein.
Esther (Mumbi Kaigwa) wird im Dorf skeptisch beäugt und verdächtigt, eine Hexe zu sein.© Good Karma Fiction/ZDF/Arte

Vor allem auch viel über Ausbeutung und Korruption, über einige wenige, die es sich richten können oder zumindest wollen – auf Kosten vieler anderer. Die Chefin der Firma Eco Rock (Nini Wacera) ist das plastischste Beispiel dafür, die etwas eindimensional gezeichnete, personifizierte Gewissenlosigkeit. Ihr Tun verändert das Leben in Tsilanga, dem Dorf, in das Akisa (zerrissen: Melissa Kiplagat) widerstrebend zurückgekehrt ist. Denn hier wird gegraben, nach Gold. Eine illegale Mine, in der sich Kinder abrackern, die niemand irgendwo vermisst. Buben ohne Helm, die in kleine Schächte krabbeln. Das Land ist weit wertvoller als gedacht, stellt sich dabei heraus, eine Goldader durchzieht es. Und so will Eco Rock die umliegenden Grundstücke aufkaufen. Schnelles Geld, lautet die Verlockung, auch für die Dorfältesten. Und widerstehen können nicht viele. Akisas Vater, der bald stirbt, ist eine Ausnahme.

Was rund um den Landkauf passiert, wird geschickt auf verschiedenen Ebenen dargestellt: Bestechung von Politikern und Medien, Druck und Gewalt innerhalb und rund um das Unternehmen, schließlich das Geschehen im Dorf und in den Familien. Dort wird Zwietracht gesät, und das ist nicht allzu schwer: Nachdem Akisas Mutter nicht von ihrem Land weichen will, vergiftet man das Gemüse in ihrem erstaunlich grünen Garten. Und der Leichenschmaus, der für das Begräbnis ihres Mannes bereitet wird, bringt gar nicht so wenige Gäste ins barackenähnliche Krankenhaus. Ihr dann nachzusagen, sie sei eine Hexe, ist ein Leichtes. Aberglaube ist im Dorf weitverbreitet. Akisa entdeckt bei ihrer Reise in ihre Heimat, die naturgemäß zu einer Aufarbeitung der Vergangenheit wird, erst langsam, was Eco Rock treibt.

„Country Queen“ ist facettenreich erzählt, das gelungene Porträt eines Dorfs und seiner Ausbeuter, das durch die kontrastierenden Elemente von Stadt und Land, Armut und Reichtum, Gegenwart und Vergangenheit Spannung bezieht. Vor allem aber bringt die Serie, die Klischees meist zu vermeiden sucht, authentische – so weit man das beurteilen kann – Einblicke in eine Welt, die man nicht allzu oft sieht, zeigt kenianische Perspektiven. Sie gilt als Pionierprojekt, nicht nur in Hinblick auf Kenia, sondern auch auf Ostafrika. Die Produktionsfirma Good Karma Fiction wurde von der Deutsche Welle Akademie unterstützt und arbeitete fünf Jahre an der Serie, um möglichst viel Expertise einzubauen. An der Serie wirkten aber fast ausschließlich Kenianer mit. Arte zeigte sie ab Juni, Netflix hat sie nun für über 190 Länder im Programm.

Die Serie „Country Queen“ ist auf Netflix und in der Arte-Mediathek zu streamen.

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