ÖVP

Wie die Volkspartei die „Normalos“ entdeckte

Bundeskanzler Karl Nehammer, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler.
Bundeskanzler Karl Nehammer, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler. ALEX HALADA
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Den Anfang machte Karl Nehammer, es folgte Johanna Mikl-Leitner. Doch eigentlich ist es das Konzept von Sebastian Kurz. Es soll jedenfalls die Wahl 2024 retten.

Begonnen hatte es mit der Rede zur Zukunft der Nation von Karl Nehammer am 11. März 2023 auf dem Wienerberg: „Politik für die vielen, nicht für die wenigen an den Rändern“ möchte er machen, sagte der Kanzler. „Es ist in Ordnung, dass es Ausnahmen von der Regel gibt, aber wir müssen aufhören, die Ausnahmen zu Regeln zu machen.“ Nehammer gab den Anwalt jener, die mit dem Auto zur Arbeit fahren, Kinder großziehen, unter der Teuerung leiden und andere Sorgen haben als Klima und Gender.

Ein paar Tage später musste er dann den Koalitionspartner, die Grünen, beruhigen. In einem eigens dafür anberaumten „Kanzlergespräch“ vor Journalisten stellte Nehammer klar: Das in seiner Rede angekündigte Festhalten am Verbrennungsmotor und die geplante Wartefrist von fünf Jahren für Zuwanderer für Sozialleistungen seien keine Themen für diese Legislaturperiode mehr, sondern Teil seiner „Vision 2023“.

Doch die ÖVP blieb auf ihrer Botschaft. Genau drei Monate später erschien im „Kurier“ ein Artikel, der sich auf einen anonymen Informanten der niederösterreichischen ÖVP bezog. Dieser erklärte, dass die Partei in Bälde ihre strategische Linie festzurren wolle: Man möchte künftig „mehr Kante für die große Mehrheit der Normaldenkenden zeigen“. Nach Kritik daran verteidigte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ihre Ansichten offensiv in einem Gastkommentar in der „Presse“: „Die normaldenkenden Menschen, das sind diejenigen, die in der Früh aufstehen und zur Arbeit wollen: und nicht diejenigen, die sie dabei rücksichtslos behindern, indem sie sich an die Straße kleben“, hieß es darin etwa.

Politik für die „Normaldenkenden“, das ist mittlerweile Parteilinie in der ÖVP. Oder wie es Generalsekretär Christian Stocker diese Woche nannte: „Als Volkspartei machen wir Politik für die Vielen, ohne auf die Wenigen zu vergessen.“ Parteichef Nehammer setzte am Freitag noch ein entsprechendes Facebook-Video drauf.

Wirklich neu ist das allerdings nicht. Schon Sebastian Kurz hatte eine Politik des „Hausverstands“ propagiert - abseits von ideologischen Mustern und Schablonen. Zu Beginn seiner Obmannschaft hatte sich Kurz noch als staatskritischen Wirtschaftsliberalen inszeniert, recht bald wurde er jedoch zum mitfühlenden Konservativen. Das zog bei Wahlen besser. Und mit Corona ging es dann ohnehin nicht mehr anders.

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