Generalstabschef Edmund Entacher feiert am Freitag seinen Abschied in die Pension. Dass Ex-Minister Darabos das Ressort vor ihm verlassen würde, hatte er im "Gefühl".
Die Presse: Herr Entacher, Sie waren 43 Jahre beim Heer. Rückblickend hat man das Gefühl, die größte Schlacht des Generals war die gegen einen Zivildiener – Ex-Minister Norbert Darabos.
Edmund Entacher: Ich habe nie den Minister als Person bekämpft. Ich musste sein Berufsheer-Modell bekämpfen.
Hätten Sie sich gedacht, dass Sie länger im Amt bleiben als Darabos?
Ja. Mein Abgang war mit Ende März fixiert, nach der Volksbefragung. Das Gefühl hat mir gesagt, das wird so sein.
Als erste Amtshandlung hat der neue Verteidigungsminister, Gerald Klug, veranlasst, dass Ihnen ein Orden verliehen wird. Ein Friedensangebot?
So etwas braucht er nicht, unsere Beziehung ist gut.
Womit haben Sie den Orden verdient?
Das kann ich so nicht sagen, weil ich die Laudatio des Bundespräsidenten nicht kenne.
Aber Sie kennen ja Ihre Karriere.
Über eigene Verdienste reden ist immer so eine Sache... Ich kann nur sagen, dass ich auf jeder Station immer Vollgas gegeben habe.
Vollgas haben Sie auch beim Kampf für die Wehrpflicht gegeben. Warum sitzen Sie dann nicht in der Arbeitsgruppe zur Reform des Grundwehrdienstes?
Das ist eine Absprache zwischen Othmar Commenda (Vize-Generalstabschef, Anm.) und mir, denn ich gehe ja in Pension. Das Projekt ist aber zukunftsweisend.
Der höchste Offizier des Bundesheeres, Generalstabschef Edmund Entacher, verabschiedet sich in den Ruhestand. Bei einem Festakt im Carl-Szokoll-Hof im Verteidigungsministerium blickt er auf seine militärische Laufbahn zurück. Bilder von der Verabschiedung des roten Generals. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Die letzten zwei Jahre, in denen er für die Erhaltung der Wehrpflicht gekämpft hatte, seien "anspruchsvoll" für ihn gewesen, sagt Entacher in seiner Abschiedsrede. Es habe medial und persönlich Kritik an seiner Person gegeben. Aber: "Es zählen nur die Treffer. Und mit der Trefferlage bin ich sehr zufrieden", verwies er auf die Volksbefragung im Jänner, bei der das Berufsheer-Modell von Ex-Verteidigungsminister und "Entacher-Kontrahent" Norbert Darabos eine Abfuhr erhielt. (c) APA/BUNDESHEER/HARALD MINICH (BUNDESHEER/HARALD MINICH)
Vom neuen SP-Verteidigungsminister Gerald Klug bekam Entacher zum Abschied eine Modellkanone. Als ehemaliger Kommandant einer Panzergrenadierbrigade komme für Entacher "nur Großkalibriges infrage", begründete Klug die Wahl des Präsents. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Dann lobte der Minister den scheidenden General als "verdienten, höchstanerkannten Offizier", mit dem er ein gutes Verhältnis habe. "Der eine kommt, der andere geht", so könne man das gemeinsame Wirken salopp zusammenfassen. Ihm als Minister und Entacher als Generalstabschef seien nur wenige gemeinsame Wochen vergönnt gewesen, so Klug. Man kenne sich aber eigentlich schon von viel früher, als er, Klug, noch bei der Metallergewerkschaft gewesen sei. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Auch Entacher signalisierte in seiner Rede, dass es nach dem Konflikt rund um die Wehrpflichtfrage nun wieder ein gutes Verhältnis zwischen Generalstab und Ministerium herrsche. Er bedankte sich beim Minister ausdrücklich für dessen "Art, wie er sein Amt angetreten hat". Für das Bundesheer hatte Entacher ebenfalls lobende Worte parat. Dieses sei - trotz Budgetknappheit - "gut gerüstet". Die Weichen für die Zukunft seien "gut gestellt". (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Als "spannend und interessant" bezeichnete Entacher seine persönliche militärische Laufbahn. Er habe auf jeder Station immer nach dem Motto "Volle Kraft voraus, volle Power" gehandelt. Das Bundesheer habe in dieser Zeit den großen Wandel vollzogen. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs sei es internationaler geworden und habe eine sprachliche Revolution durch Verbesserung seiner Englischkenntnisse erlebt. Der Umfang des Bundesheeres habe sich seitdem verringert, die Qualität sei aber gestiegen. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Entachers Stellvertreter Othmar Commenda verabschiedete den General im Namen der Bediensteten und nannte ihn einen "Mann mit Spitzen, Ecken und Kanten". Bei dem Festakt waren neben Minister und Generalstab auch Kommandanten aus ganz Österreich sowie eine Ehrenkompanie der Garde und Ministeriumsmitarbeiter anwesend. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Zwar blieb Entacher ein "pompöser Abschied" vorbehalten – dafür hatte Darabos im Vorfeld gesorgt. Dennoch wurde beim Abschreiten der Front auf Wunsch Entachers der Fehrbelliner Reitermarsch abgespielt. Das ist der Traditionsmarsch der 3. Panzergrenadierbrigade und Entachers Lieblingsmarsch. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Nach dem Abschieds-Festakt eilte Entacher in die Hofburg, wo er von Bundespräsident Heinz Fischer das Große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern verliehen bekam. Fischer lobte Entacher als "verdienter Offizier", der rund 43 Jahre im Dienste des Heeres gestanden sei. Edi, wie er dort genannt werde, sei "streng, aber gerecht".Am Abend hat Entacher Freunde, Bekannte, Kollegen und Kameraden zu einer Privatfeier in der Maria-Theresien-Kaserne geladen. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Entacher tritt ab
Sie ziehen sich also aus der Affäre.
Nein. Meine Tür steht jedem offen, der meine Meinung hören will.
Die ÖVP will Grundwehrdiener nur im Bereich Katastrophenschutz und Objektschutz ausbilden. Wenn sie eine andere Ausbildung möchten, müssen sie länger beim Heer bleiben.
Wir bilden schon Soldaten im Bereich Katastrophenschutz aus, indem wir die Pionierbataillone auffüllen. Dort lernen sie eine umfangreiche Katastrophenhilfe. Und der Objektschutz ist Teil der Infanterie-Ausbildung.
Das heißt, die ÖVP-Pläne gehen an der Praxis vorbei.
Ja, ich würde davon abraten. Zunächst sind das politische Positionen. Die Intentionen solcher Positionen werden dann in konkrete Planungen aufgenommen. Die ÖVP hat ja auch nicht ohne Grund das Papier, das sie noch vor der Heeresvolksbefragung erarbeitet hat, nicht offiziell präsentiert.
Aber auch die Vorschläge nach der Befragung lassen zu wünschen übrig. Wird sich denn überhaupt etwas beim Grundwehrdienst ändern?
Es wird sich einiges ändern. Dass die Reform in diesem Jahr völlig umgesetzt wird, glaube ich zwar nicht. Die Anzahl der Einrückungen zu reduzieren geht etwa erst ab 2014. Dann werden mehrere 1000 Funktionssoldaten in eine Vollausbildung umgeschichtet.
Das bedeutet aber auch mehr Kosten.
Ja, wenn man vorsichtig schätzt etwa 20 Millionen mehr. Das kann man durch Umschichten finanzieren. Oder wir bekommen ein finanzielles Häubchen dazu.
Ist die Wehrpflicht denn auch in 30 Jahren ein brauchbares Modell?
Das kann man nicht so genau sagen. Wenn es der Staatsführung nicht gelingt, dass der Bürger einsieht, dass er einen Teil seiner Zeit hier verbringen soll, dann wird man es nicht halten können. Wenn es aber eines Tages die Europäische Verteidigungspolitik geben wird, wird man über die Länder mit Wehrpflicht sehr dankbar sein.
Apropos Zukunft: Was geben Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg?
Die Soldaten müssen wieder am gleichen Strang und in die gleiche Richtung ziehen. Und die Maßnahmen, die er setzen wird, müssen europäisch und nicht nur national gesehen werden.
Und was werden Sie jetzt im Ruhestand machen?
Ich hatte bisher weder Zeit noch Nerven, dafür einen Plan zu entwickeln. Aber wahrscheinlich werde ich ein bis zwei Wochen faulenzen, dann sehe ich mich schon aufrecht im Bett sitzen. Das wird die berühmte Pensionskrise, dann werde ich meinen Tagesablauf wieder strukturieren.
Der rote General hat sein letztes Gefecht erfolgreich geschlagen. Generalstabschef Edmund Entacher, der in der Schlacht um die Wehrpflicht zum größten Gegner seiner eigenen Partei und von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos geworden war, geht nach der Volksbefragung als Sieger vom Feld - und in den Ruhestand. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Dass Darabos und Entacher überhaupt einmal zu Gegnern werden würden, hätten sie sich beim Antritt des Generalstabschefs 2008 wohl auch nicht träumen lassen. Schließlich war Entacher einer der wenigen SP-nahen Offiziere, der im VP-dominierten Bundesheer immer das rote Fähnchen hochgehalten hat.Ein Rückblick auf den Werdegang des Widerspenstigen. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Seine Militärkarriere hat der verwitwete Vater zweier Kinder schon früh begonnen. Von 1972 bis 1974 absolvierte er die Militärakademie in Wiener Neustadt. Anschließend war er als Zugs- und Kompaniekommandant beim Jägerbataillon 21 in Kufstein eingesetzt. (c) APA (BUNDESHEER/CHRISTIAN)
Nach dem Generalstabslehrgang (1979 bis 1982) war er für die Offiziersausbildung an der Militärakademie verantwortlich. (c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
Später war Entacher Kommandant des Jagdpanzerbataillons 1 in Wiener Neustadt und führte zehn Jahre die 3. Panzergrenadierbrigade in Mautern. Von 2002 bis 2006 war er Kommandant des Kommandos Landstreitkräfte in Salzburg und seit 2006 Milizbeauftragter im Verteidigungsministerium. (c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
Entacher musste dennoch lange auf den Aufstieg nach ganz oben warten. 2005 war er mit seiner Bewerbung für den Streitkräftekommandanten noch gescheitert. 2007 übernahm er dann die Funktion des Generalstabschefs interimistisch, 2008 wurde er offiziell zu diesem bestellt. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
Dass ihm Darabos drei Jahre später einen demütigenden Abgang bescherte, kann nur als Ironie des Schicksals bezeichnet werden. Ende 2010 waren der Minister und sein Generalstabschef noch gemeinsam strikt gegen die Abschaffung der Wehrpflicht aufgetreten, doch plötzlich bog Darabos ab und wollte ein Berufsheer einführen. Entacher blieb bei seinem Standpunkt. Daraufhin berief Darabos den General ab - wegen "Vertrauensverlusts". (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Im November 2011 errang Generalstabschef dann einen Sieg: Die Berufungskommission hob den Versetzungsbescheid von Darabos ersatzlos auf. Und Entacher kehrte auf seinen alten Posten zurück. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Am 22. März verabschiedet sich der höchste Offizier des heimischen Bundesheeres nun in den Ruhestand. Bei einem Festakt wird er von Bundespräsident Heinz Fischer das große Silberne Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich erhalten. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Ein Abschiedsfest mit Aufmarsch aller Waffengattungen wird es aber nicht geben - das wusste "Kontrahent" Darabos im Vorfeld zu verhindern. Ein Wermutstropfen: Mit seiner Pensionierung hat es Entacher geschafft, länger als Darabos im Amt zu bleiben. Letzterer wurde ja nach der verlorenen Bundesheer-Volksbefragung in die SPÖ-Zentrale abkommandiert. Am Bild: Entacher, der neue Verteidigungsminister Klug und Darabos (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Der Weg des widerspenstigen Generals
Zur Person
Edmund Entacher (63) feiert heute, Freitag, seinen Abschied in den Ruhestand. Er war seit 2007 Generalstabschef im Bundesheer. Nachdem sich das SPÖ-Mitglied öffentlich gegen die Berufsheer-Pläne von Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) ausgesprochen hatte, wurde er 2011 abberufen. Er setzte sich aber zur Wehr und kehrte einige Monate später in seine Position zurück.