Schieder und Pröll wurden am Handelsgericht Wien als Zeugen befragt. Ex-Finanzminister Pröll kann sich an viele Details nicht erinnern.
Wien. Als Österreich im Dezember 2009 die Hypo Alpe Adria mit der Verstaatlichung vor der Pleite rettete, verzichtete die Republik gegenüber den früheren Hypo-Eigentümern ausdrücklich auf einen Gewährleistungsanspruch. Im Kaufvertrag heißt es: Eine Gewährleistung sowie „Garantien und Haftungen aus dem Aktienverkauf sind mit dem Forderungsverzicht zur Gänze abgegolten und werden im Übrigen ausdrücklich ausgeschlossen“. Warum hat Österreich einen solchen Passus in den Übernahmevertrag mit dem früheren Hypo-Eigentümer, der Bayerischen Landesbank (BayernLB), hineingeschrieben? „Daran kann ich mich nicht erinnern“, erklärte der damalige Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) am Dienstag vor dem Wiener Handelsgericht.
Pröll hat zwar den Kaufvertrag unterschrieben, doch immer, wenn es um konkrete Details zur Hypo-Verstaatlichung ging, hörte man von ihm zwei Antworten: Er könne sich nicht erinnern, oder er könne dazu nichts sagen, denn er habe sich damals auf Experten verlassen.
Laut Pröll habe es damals zwei Arten von Verhandlungen gegeben: Er sei im Dezember 2009 nur bei den Verhandlungen auf politischer Ebene dabei gewesen – genauso wie beispielsweise Bayerns Ex-Finanzminister Georg Fahrenschon und der frühere Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler.
Neben der politischen Runde seien laut Pröll „technische Gespräche“ auf Expertenebene zwischen Vertretern der Nationalbank, der Finanzmarktaufsicht (FMA) und Mitarbeitern des Finanzministeriums geführt worden. Hier sei es dann um die konkreten Details gegangen.
Auch Schieder wird befragt
Auch Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) betonte vor Gericht, er sei bei der Hypo-Verstaatlichung nicht in die Detailverhandlungen eingebunden gewesen. Es habe damals eine politische Runde gegeben, um technische Fragen hätten sich andere Leute gekümmert. Man sei in den Gesprächen unter einem „irrsinnigen Druck“ gestanden, so Schieder. Nach Abschluss der politischen Verhandlungsrunde sei er mit der Sache nicht mehr befasst worden. Die Formulierung des Kaufvertrags sei von Experten der Finanzprokuratur, der Anwaltskanzlei des Bundes, erledigt worden.
Auf die Frage, warum Österreich bei der Hypo-Übernahme auf einen Gewährleistungsanspruch verzichtet habe, antwortete der Politiker: „Das ist mir nicht bekannt.“ Um die Ursachen für die Schieflage der Bank habe man sich damals nicht gekümmert. Schieder: „Unsere Aufgabe war, ein bestehendes Problem zu lösen und die Folgen zu verhindern.“
Schieder und Pröll wurden am Handelsgericht Wien als Zeugen befragt. Bei dem Prozess geht es um eine Klage der Bayerischen Landesbank gegen die Hypo-Mitarbeiterstiftung. Das Verfahren ist der Beginn von zahlreichen komplizierten Rechtsstreitigkeiten zwischen Österreich und Bayern.
Im Zuge der Hypo-Verstaatlichung verpflichtete sich die BayernLB, Kredite von über drei Milliarden Euro vorerst bei der Kärntner Bank zu belassen. Doch vergangenen Dezember stellte die Hypo die Rückzahlung dieser Kredite ein. Denn Österreich ist der Ansicht, dass es sich bei den Milliarden nicht um einen Kredit, sondern um einen Eigenkapitalersatz handeln würde. In diesem Fall könne die Bank das Geld behalten.
Die Bayern bestreiten das. Sie berufen sich auf den Kaufvertrag. Darin hat sich Österreich unter anderem verpflichtet, die Milliarden zurückzuzahlen.
Im Prozess am Wiener Handelsgericht gibt es auch eine prominente Absage: Der ehemalige bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser teilte der Richterin mit, dass er als Zeuge nicht nach Wien kommen werde, denn er unterliege nicht der österreichischen Gerichtsbarkeit.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2013)