Industrie: Sechste Urlaubswoche kostet 200 Millionen Euro

Christoph Neumayer
Christoph Neumayer(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Mitte des Jahres werde es einen „blutleeren Aufschwung“ geben, sagt der Generalsekretär der Industriellenvereinigung.

Wien/Hie. Wenn Österreichs Industrievertreter über die wirtschaftliche Lage im Land reden, dann klingt das derzeit nach einem ziemlichen Trauerspiel. „Die Ertragssituation der Unternehmen ist so schlecht wie zuletzt vor drei Jahren“, sagte Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), am gestrigen Dienstag auf einer Pressekonferenz. Die Hoffnung auf einen Aufschwung, die es im letzten Quartal noch gegeben hat, wurde enttäuscht, stattdessen sei eine konjunkturelle Ernüchterung eingetreten. Erst für die zweite Jahreshälfte sei ein „blutleerer Aufschwung“ zu erwarten, so Neumayer.

Angesichts der wirtschaftlichen Lage sei jeder mit zusätzlichen Kosten verbundene Vorschlag der Arbeitnehmervertreter ein „Schlag ins Gesicht“, so Neumayer. Gewerkschaft und Arbeiterkammer wollen den Zugang zur sechsten Urlaubswoche erleichtern – diese bekommt man derzeit in der Regel erst nach 25 Dienstjahren im selben Betrieb. Zweitens will die Gewerkschaft Mehrarbeit verteuern und so reduzieren – mit einer Abgabe von einem Euro pro Überstunde. In Österreich werden jährlich etwa 300 Millionen Überstunden geleistet. Drittens fordert sie eine „Fachkräftemilliarde“ zur Finanzierung von Aus- und Weiterbildung.

Die Industrie kann damit naturgemäß nichts anfangen: Arbeit würde damit zusätzlich teurer. Dabei habe Österreich seinen Vorsprung bei den Lohnstückkosten (ein Indikator für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft) gegenüber der Eurozone in den vergangenen beiden Jahren eingebüßt, so Helmenstein.

Mehr Firmen wollen einstellen

Die Maßnahmen würden die tatsächlich gearbeiteten Arbeitsstunden verringern und so die Arbeitskosten erhöhen. Pro Jahr würden Zusatzkosten von 2,2 Mrd. Euro entstehen, wie das industrienahe Wirtschaftsforschungsinstitut Eco Austria berechnet hat. Davon würden etwa 200 Mio. Euro auf die Ausweitung der sechsten Urlaubswoche entfallen.

Dabei gibt es durchaus auch gute Nachrichten. So planen immer mehr Unternehmen, in nächster Zeit neue Mitarbeiter zu beschäftigen. Der Anteil der Betriebe, die Neueinstellungen planen, hat sich laut einer IV-Erhebung von neun auf 18 Prozent verdoppelt. Gleichzeitig ging der Anteil der Firmen, die Jobs abbauen wollen, von 18 auf 15 Prozent zurück. Es sei aber nicht absehbar, wie viele der neu geschaffenen Jobs Vollzeitstellen sein würden, so IV-Chefökonom Christian Helmenstein.

Im Vergleich zu den anderen EU-Ländern steht Österreich aber immer noch recht gut da. Die EU befindet sich in der Rezession: So rechnet die Statistikbehörde Eurostat damit, dass die Wirtschaftsleistung in den EU-Ländern heuer um durchschnittlich 0,3 Prozent schrumpfen werde. Österreich dagegen wächst laut IV-Prognose heuer zwischen 0,5 und einem Prozent. Ein Wachstum in dieser Größenordnung erwarten auch die heimischen Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS.

Für Helmenstein ist das eine „fragile Konjunkturerholung“, die aber keineswegs sicher ist. Politische Risken wie Neuwahlen in Italien und der Budgetstreit in den USA könnten die Erholung jederzeit unterbrechen. Zusätzlich nähre der Abwärtstrend in Frankreich Zweifel an einer baldigen Konjunkturwende in Europa.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2013)

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