Der Extremsportler wanderte in die Schweiz aus, weil er zu viel Steuern zahlen musste – nach dem Abgang eines Staatssekretärs, wie er sagt.
Es war ein nettes Gesellschaftsinterview, dessen politische Bombe recht unbemerkt in der dritten Antwort explodierte. Nach einer Steuerprüfung, erzählte Extremsportler Felix Baumgartner am Sonntag der „Krone“, habe ihm eine beachtliche Nachzahlung gedroht. „Die gehen ins Grundbuch und nehmen dir dein Haus.“ Doch er hatte Glück. „Da hab ich mich an den Finanzstaatssekretär gewandt, und der hat das alles rückgängig gemacht.“
Na bumm. Ein Staatssekretär, der bei einem Finanzverfahren interveniert? Eine Anzeige wegen Amtsmissbrauchs ist noch die mildeste Konsequenz solchen Verhaltens. Vor allem, wenn man den nächsten Satz liest: „Der Finanzstaatssekretär ist damals gegangen, damit war die schützende Hand wieder weg. Und dann hat das Finanzamt wieder begonnen, diese Geschichte aufzugreifen.“ Und deshalb floh der Stratosphärenspringer in die Schweiz – steuerrechtlich.
Man sagt nichts zu Einzelfällen
Die Sache ist äußerst heikel, das merkt man bei der Recherche. Man sage nichts zu Einzelfällen, erklärt eine Sprecherin des Finanzressorts. Man sage zu gar nichts überhaupt nichts, meint der stellvertretende Leiter des Finanzamts Salzburg. In politischen Kategorien kommt etwas schon einer Bestätigung gleich, wenn es nicht ausdrücklich dementiert wird (na ja, teilweise sogar dann).
Die „schützende Hand“, die mit dem dazugehörigen Körper aus dem Finanzressort ging, kann nur der ehemalige Finanz- und aktuelle Außenamtsstaatssekretär Reinhold Lopatka sein. Und von ihm kommt dann auch das ausdrückliche Dementi: „Es gab nie eine Intervention meinerseits“, stellt der ÖVP-Politiker im „Presse“-Gespräch klar. Baumgartner habe sich zwar an ihn gewandt, er, Lopatka, habe daraufhin die Causa durch Beamte des Ressorts prüfen lassen. Weder habe er interveniert, noch habe er irgendetwas vorgegeben. Die Prüfung sei schließlich mit einer Entscheidung gegen Baumgartner ausgegangen.
Ulli Hoeneß, Ex-Fußballstar und Präsident von Bayern München ist der erste Prominente, der nach einem wegweisenden Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ins Visier der Steuerfahnder geraten ist. Erst seit der Entscheidung von 2012 gilt verbindlich, dass ab einer hinterzogenen Summe von einer Million Euro keine Haft auf Bewährung mehr möglich ist. Hoeneß zeigte sich im Jänner selbst an. Er hat zehn Jahre lang nicht ordnungsgemäß versteuerte Gelder bei der Schweizer Bank Vontobel deponiert. (c) EPA (PETER STEFFEN)
Alle anderen hier genannten prominenten Steuersünder wurden vor dieser Verschärfung ertappt. Boris Becker ist einer der Prominenten, der bei einer früheren Festsetzung der Grenze von einer Million Euro ins Gefängnis gemusst hätte. Becker wurde 2002 in München zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung und insgesamt 500.000 Euro Geldbuße verurteilt, weil er 1,7 Millionen Euro an Steuern hinterzogen hatte. (c) EPA (STRINGER)
Peter Graf, der Vater der zweiten deutschen Tennis-Ikone Steffi Graf, kam hingegen nicht am Gefängnis vorbei. 1997 verurteilte das Landgericht Mannheim Graf zu drei Jahren und neun Monaten Gefängnis, weil er dem Staat die Steuern auf Siegprämien seiner Tochter vorenthalten hatte. (c) � Michael Urban / Reuters
Klaus Zumwinkel, langjähriger Chef der Deutschen Post, kam knapp am Gefängnis vorbei. Zumwinkel geriet durch den Ankauf einer Steuer-CD aus Liechtenstein ins Visier der Ermittler. Diese entlarvte, dass er mit Hilfe von Stiftungen in Liechtenstein Steuern hinterzogen hatte. Er musste am Ende 3,9 Millionen Euro an Steuern nachzahlen, dazu eine Geldstrafe von einer Million Euro. (c) REUTERS (INA FASSBENDER)
Paul Schockemöhle, der früher einer der besten Springreiter der Welt war, steht für einen der ersten Steuerfälle mit großer Außenwirkung. Schockemöhle hatte in Liechtenstein Millionen gebunkert, 1997 deckte ein Informant dies auf und sorgte weit vor Auftauchen der ersten Steuer-CDs auch bei anderen Steuersündern für Beunruhigung und mehrere Fälle freiwilliger Selbstanzeigen. Schockemöhle musste damals knapp 11,6 Millionen Euro nachzahlen. (c) REUTERS (� Ina Fassbender / Reuters)
Darüber hinaus gibt es eine Reihe Prominenter mit kleineren Steuervergehen. Gegen die Moderatorin Verena Pooth stellte die Staatsanwaltschaft 2010 nach Zahlung von 30.000 Euro die Ermittlungen rund um angeblich unversteuerte Spekulationserlöse ein. (c) REUTERS (� Fabrizio Bensch / Reuters)
Moderator Patrick Lindner musste 150.000 Euro Steuern nachzahlen, weil er falsche Angaben zur Vermietung seiner Villa in den 90er Jahren gemacht hatte. (c) REUTERS (� Reuters Photographer / Reuters)
Ebenfalls 150.000 Euro musste Freddy Quinn zahlen - er hatte angegeben, in Monaco zu leben, obwohl er tatsächlich in Hamburg wohnte. (c) EPA (Fabian Bimmer/Pool)
Prominente ''Steuersparer''
Die Frage, um die es ging, war, ob Baumgartner nach österreichischem Steuerrecht Sportler ist. Ist er das, muss er nur ein Drittel seiner Einkünfte versteuern (Ex-Minister Grasser wollte mit dieser Regelung Spitzensportler im Land behalten). Rechnerisch ergibt das einen Steuersatz von etwa 17 Prozent auf alle Einkünfte.
Doch Felix Baumgartner ist kein Sportler im Sinn der Steuer. Die spricht nämlich davon, dass der Betroffene „überwiegend im Rahmen von Sportveranstaltungen (Wettkämpfen, Turnieren)“ auftreten muss. Und der Sprung von der Jesus-Statue in Rio de Janeiro oder aus dem Ballon im All war doch eine recht konkurrenzlose Veranstaltung. Daher: kein Sportler, somit keine 17 Prozent, sondern 50.
Baumgartner übersiedelte also vergangenes Jahr in die steuerlich günstigere Schweiz, wo er jetzt sitze und „keinen kenne“, wie er der „Krone“ verriet.
Warum der 44-Jährige in dem Interview von einer „schützenden Hand“ im Finanzressort berichtete, kann sich Lopatka nicht erklären. Auch ein Sprecher des Abenteurers hatte keine Erklärung parat. Er konnte Baumgartner in der Schweiz nicht erreichen.
E-Mails an: norbert.rief@diepresse.com
Nun ist es offiziell: Die Federation Aeronautique Internationale (FAI), die sich weltweit für die Datenaufzeichnung von Rekorden in der Luftfahrt kümmert, hat die Messdaten von Stratosphärenspringer Felix Baumgartner nun offiziell anerkannt. Somit hat der Salzburger mit seinem Sprung am 14. Oktober 2012 Weltrekorde in drei Kategorien gebrochen. (c) APA/Predrag Vuckovic/Red Bull Co (Predrag Vuckovic/Red Bull Conten)
Baumgartner erreichte mit seiner Kapsel an dem Ballon hängend laut Red Bull die höchste Geschwindigkeit einer Überlandfahrt eines Ballons mit 135,7 Meilen pro Stunde (218,39 Stundenkilometer). (c) APA/Joerg Mitter/Red Bull Conten (Joerg Mitter/Red Bull Content Po)
Weltrekord Nummer zwei. Baumgartner wagte den Schritt ins Leere bei 38.969,40 Metern, damit war es der höchste Absprung. (c) REUTERS (HANDOUT)
Weltrekord Nummer Drei. Die 36.402,6 Meter im freien Fall Richtung Erde waren die bisher längste Distanz im freien Fall. (c) EPA (Red Bull Stratos)
Der Stratosphärensprung hat laut Baumgartners Sponsor Red Bull weitere Rekorde gebrochen, die von der FAI allerdings nicht offiziell anerkannt wurden. Baumgartner ist demnach der erste Mensch gewesen, der die Schallmauer im freien Fall durchbrochen hat. (c) APA/JAY NEMETH/RED BULL CONTENT POOL (JAY NEMETH/RED BULL CONTENT POOL)
Er habe den höchsten freien Fall absolviert, ohne dass er sich in einem Flugzeug befunden hat. (Im Bild die Kapsel, mit der Baumgartner an einem Ballon auf die Absprunghöhe gefahren ist). (c) EPA (Joerg Mitter)
Zudem sei es der größte Ballon gewesen, den je ein Mensch gefahren hat (29.470.000 Kubikfuß, umgerechnet 834.497,16 Kubikmeter) und die höchste bemannte Ballonfahrt (39.068,5 Meter). (c) APA/BALAZSGARDI.COM/RED BULL CON (BALAZSGARDI.COM/RED BULL CONTENT)
"Das großartige an Rekorden ist, dass sie inspirieren. Ich war inspiriert von Joe Kittingers Rekord aus dem Jahr 1960 - er wurde zwar nicht offiziell anerkannt, doch die Daten sind in der Luft- und Raumfahrt bekannt. Und das Team und ich nahmen diese Daten als Maßstab für das Red Bull Stratos-Programm", sagt Baumgartner in einer ersten Reaktion. (c) APA/Joerg Mitter/Red Bull Conten (Joerg Mitter/Red Bull Content Po)