Dörflers LH-Zeit wie "im Formel-1-Auto ohne Bremsen"

Doerfler
Doerfler (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Altlandeshauptmann spricht im Interview über FPK-Chef Ragger und die Fusion mit der FPÖ. Ein Wechsel in den Nationalrat sei möglich.

Die Presse: Der Staatsanwaltschaft Klagenfurt liegt nun eine Anzeige wegen des Baus der Umfahrung Bad St.Leonhard gegen Sie vor. Der Verdacht: Untreue, weil ein Grundbesitzer in Ihrer Amtszeit vom Land 70.000 Euro zu viel Ablöse bekommen habe. Wie argumentieren Sie die insgesamt 380.000 Euro für das Grundstück?

Gerhard Dörfler: Das Ehepaar wäre ohne die Ablöse nicht in der Lage gewesen, ein neues Lebensumfeld zu finanzieren. Ich habe hier eine soziale Aufgabe wahrgenommen.

Setzt soziale Not in Ihren Augen außer Kraft, dass man sich an den Schätzwert halten sollte oder müsste? Was erwarten Sie nach der Anzeige?

Gar nichts. Ich hatte damals im Land auch die Entscheidungsbefugnis über bis zu 500.000 Euro, in eigener Verantwortung.

Auch von Valentin Inzko, Obmann des Rates der Kärntner Slowenen, gab es kürzlich eine Anzeige. Angeblich haben Sie bei den Ortstafelverhandlungen den Slowenenvertretern 500.000 Euro angeboten, damit zwei Gemeinden nicht Slowenisch als zusätzliche Amtssprache einführen.

Die Slowenenvertreter haben Millionenforderungen von Sporthallen bis zu einem Dialektkindergarten gestellt, die wir kopfschüttelnd abgelehnt haben. Es gab Verhandlungen mit Kompromissen.

Schließen Sie aus, dass es dabei Bestechung oder einen Bestechungsversuch gab? Das ist es ja, was die Korruptionsstaatsanwaltschaft prüft.

Ja, jedenfalls.

Wenn Sie heute, als Altlandeshauptmann, nach Kärnten blicken: Erkennen Sie das Land politisch noch wieder?

Dann erkenne ich vor allem meine Arbeit. Ob das die Jörg-Haider-Brücke, der Katschbergtunnel, die Koralmbahn oder die Förderung der mehrsprachigen Kindergärten ist.

Sehen Sie auch eigene Fehler?

Ich war parteipolitisch gesehen zu unpolitisch, habe mich eher als Manager gesehen. Vom Tourismus bis zur Saualm 2, die heute als Musterprojekt der Asylintegration gilt.

Die Ermittlungen gegen Sie rund um die „Saualm 1“, das Heim, laufen noch.

Ich habe da nichts zu erwarten. Als mir bekannt wurde, dass etwa Warmwasser nicht ganztägig zur Verfügung steht, habe ich den Vertrag sofort gekündigt.

Ist der neue FPK-Chef Christian Ragger der richtige Mann für den Job, für Erneuerung? Kritiker sagen, mit ihm seien die Scheuch-Brüder durch die Hintertür zurück in die Partei gekommen.

Wichtig ist mir, dass die Partei aus einem Schockzustand wieder in eine ruhige Phase kommt. Die Freiheitlichen können sich stabilisieren und wieder ein wettbewerbsfähiger Akteur sein. Schauen Sie einmal, was die jetzige Regierung macht: Die konkreten Taten vermisse ich.

Sie vertrauen nicht darauf, dass es mit der Korruptionsbekämpfung und finanziellen Sanierung klappt, wie von Rot-Schwarz-Grün angekündigt?

Erstaunlich ist jedenfalls, dass die jetzige Regierung etwa von einem Blitz-Kassasturz gesprochen hat. Nur: Ich sehe weder Blitz noch Donner. Sind die auf Dauerurlaub, oder sind das alles Gags?

Wie bewerten Sie die Performance von SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser?

Die bewerte ich in drei, vier Jahren. Ich selbst bin, metaphorisch gesprochen, zwölf Jahre in einem Auto gefahren: siebeneinhalb Jahre in einem Audi A6 ohne Bremsen und die letzten viereinhalb Jahre in einem Formel-1-Auto ohne Bremsen. Es ist gut, wieder in einem Audi A4 – mein Privatauto – zu fahren. Mit Bremsen und mit 90 km/h.

Wie bewerten Sie die geplante Fusion von FPK und FPÖ? Stimmt der Kurs?

Wir sind auf gutem Weg. Wichtig ist ein Erfolg bringendes Programmangebot bei der Nationalratswahl.

Ist Heinz-Christian Strache der richtige Frontmann? Und wie stehen Sie heute zu ihm? Immerhin wollte er Ihnen alle Ämter nehmen, ehe der Bundesratsposten der Kompromiss war.

Es braucht jemanden wie ihn, der eine klare Politik pflegt, und ich stehe heute sehr positiv zu ihm. Er hat auch eine hohe Sozialkompetenz. Er schickt immer wieder ein nettes SMS, ist überraschend aufmerksam. Ich bin nicht nachtragend.

Bei Ihrer Premiere im Bundesrat, den Sie früher abschaffen wollten, haben Sie über die neue Aufgabe gesagt: „Ein Nichtschwimmer kann nicht über Goldmedaillen reden.“ Würden Sie sich heute zu den Schwimmern zählen?

Man sollte ein guter Schwimmer sein. Ich bin jetzt beim Schwimmkurs im Bundesrat.

Sollte ein Angebot Straches kommen: Würden Sie nach der Wahl im Herbst in den Nationalrat wechseln?

Ich mache jetzt die Arbeit im Bundesrat. Man soll aber generell nichts ausschließen in der Politik.

Zur Person

Gerhard Dörfler, 57, sitzt seit April für die FPK im Bundesrat. Ab 2008 war er nach Jörg Haider Landeshauptmann von Kärnten, davor war er bereits Landeshauptmann-Vize. 2009 holte Dörfler für das BZÖ 46 Prozent, 2013 stürzte die FPK auf 17 Prozent ab. Dörfler wollte dennoch in den Land- tag, am Ende verzichtete er. [APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.05.2013)

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