Spitäler

Mit Video: Ärztekammer attackiert Stadt Wien frontal

ABD0026_20230503 - WIEN - ÖSTERREICH: Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Stefan Ferenci am Mittwoch, 03. Mai 2023, während einer PK der Ärztekammer Wien 'Sofortmaßnahmen zur Rettung der Wiener Spitäler'. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTH
ABD0026_20230503 - WIEN - ÖSTERREICH: Obmann der Kurie angestellte Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, Stefan Ferenci am Mittwoch, 03. Mai 2023, während einer PK der Ärztekammer Wien 'Sofortmaßnahmen zur Rettung der Wiener Spitäler'. - FOTO: APA/GEORG HOCHMUTHAPA / Georg Hochmuth
  • Drucken
  • Kommentieren

Die Spitäler sollten ausgegliedert werden – inklusive Finanz- und Personalhoheit für die ärztlichen Direktoren. Die Stadtverwaltung sei nicht imstande, ihre Kliniken zu führen.

Er komme sich manchmal vor wie eine „Schallplatte, die hängen geblieben ist“, sagt Stefan Ferenci, interimistischer Präsident der Wiener Ärztekammer und Obmann der Kurie der angestellten Ärzte. Seit Monaten weise er darauf hin, dass wegen des Personalmangels in den Spitälern Betten gesperrt und Operationen verschoben werden müssten. Eine qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung sei nicht mehr möglich, das Gesundheitssystem stehe vor dem Kollaps.

Dennoch mache die Stadt keine Anstalten, die Situation zu verbessern, sondern stelle ihn und seine Funktionäre als Querulanten dar, die Reformen bremsen wollten und unrealistische oder gar keine eigenen Vorschläge machten. Dieser Zustand sei „nicht hinnehmbar“, so Ferenci am Mittwoch vor Journalisten. Daher habe die Kammer ein Zehn-Punkte-Programm zur Rettung der Spitäler erstellt und dieses von Ärzten vorlesen lassen. Das 28-minütige Video habe er bereits Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) geschickt. „Wenn er unsere Vorschläge nicht nachlesen will, will er sie vielleicht nachhören.“

In dem Video, von dem es einen Teaser gibt, der bei der Pressekonferenz vorgespielt wurde, kommt auch Hacker vor. In einer TV-Konfrontation mit Ferenci fragt er darin provokant, was denn die Kammer beitragen wolle, um die Probleme der Spitäler zu lösen. Daraufhin erwähnt Ferenci süffisant das Zehn-Punkte-Programm, das er „druckfrisch“ dabei habe und ihm gern mitgebe. Schon bei diesem Aufeinandertreffen ging Ferenci voll auf Konfrontation zu Hacker. Eine Haltung, die er und sein Team auch am Mittwoch an den Tag legten – inhaltlich wie atmosphärisch.

Ausgliederung gefordert

Der Großteil der Forderungen der Ärztekammer ist bekannt, „Die Presse“ hat darüber berichtet. Die radikalste und nun etwas präzisierte ist die nach einer Ausgliederung des Wiener Gesundheitsverbunds (WiGeV) mit Finanz- und Personalhoheit für die Ärztlichen Direktoren der jeweiligen Kliniken – und zwar unabhängig von den Magistratsabteilungen MA 1 (Digitales) und MA 2 (Personalservice).

Die Spitäler müssten „vollständig aus den städtischen Strukturen ausgegliedert“ werden, sagt Anna Kreil, stellvertretende Obfrau der Kurie der angestellten Ärzte. Unterstützung bekommt sie dabei von Frédéric Tömböl, Mitglied des Präsidiums der Ärztekammer und Mandatar des Betriebsrats des wissenschaftlichen Personals der Medizinischen Universität Wien (Med-Uni). Er spricht sich für eine Überführung des AKH in ein eigenständiges Bundesspital aus. Bekanntlich ist zwar das ärztliche Personal des AKH bei der Med-Uni angestellt, das restliche medizinische Personal wie etwa die Pflege aber bei der Stadt. Und genau in diesem Bereich, also in der Pflege, gebe es die größten Probleme, während die Ärzte sehr wohl imstande seien, den Vollbetrieb reibungslos aufrechtzuerhalten. Es sei offensichtlich: Überall da, wo die Stadt ihre Finger im Spiel habe, funktionierten die Abläufe nicht.

Geld und 32-Stunden-Woche

Zu den wichtigsten weiteren Punkten gehören eine Rückkehr- und Bleibeprämie von jeweils 24.000 Euro für alle Angehörigen von Gesundheitsberufen (also auch Pflegekräfte), die sich verpflichten, zwei Jahre lang in einem Spital zu bleiben. Zudem sollen die Gehälter um 30 Prozent erhöht werden, damit das Personal in Wien nicht weniger verdient als etwa im Burgenland oder in Vorarlberg.

Gleichzeitig fordert die Kammer eine Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden (bei vollem Lohnausgleich). Als „Sofortmaßnahme zur Behebung des akuten Personalmangels“, sagt Eduardo Maldonado-González, stellvertretender Obmann der Kurie der angestellten Ärzte. Er hält auch eine Entbürokratisierung für notwendig. Ärzte müssten sich zu häufig mit „langwierigen Organisationsprozessen befassen“, von denen weder Ärzte noch Patienten profitierten.

Nicht zuletzt ist für Ferenci ein „Kassasturz in Form einer ehrlichen Bestandsaufnahme des Status quo mit einer transparenten und aktuellen Auflistung aller offenen und besetzten Stellen“ erforderlich. Schließlich sei der Personalmangel nicht über Nacht entstanden, die jetzige Situation sei das Ergebnis jahrelanger Versäumnisse und des Negierens der Realitäten seitens der Stadt. Das nun präsentierte Programm sei daher als „langfristiger Behandlungsplan“ zur Gesundung der Spitäler zu verstehen.

„Nichts Neues dabei“

Mit den Forderungen konfrontiert, heißt es aus dem Büro von Stadtrat Hacker (derzeit im Urlaub), dass diese schon seit Wochen bekannt seien und er dazu nichts Neues zu sagen habe. In der Vergangenheit hatte er etwa die Rückkehr- und Bleibeprämie für rund 30.000 Mitarbeiter als nicht finanzierbar bezeichnet – ebenso wie eine Gehaltserhöhung um 30 Prozent, wobei es in diesem Punkt Spielraum gebe. Gespräche darüber würden bereits mit der Gewerkschaft geführt.

Auch von einer 32-Stunden-Woche zeigte er sich nicht überzeugt, sie sei angesichts der Personalknappheit derzeit „kein Thema“. Was den Personalstand angeht, sei dieser seit der Pandemie um vier Prozent erhöht worden. Das reiche aber nicht, weil es im niedergelassenen Bereich um zwölf Prozent weniger Ärzte gebe. Und „herbeizaubern“ könne er Personal nun einmal nicht. „Nicht zur Debatte“ steht für Hacker die geforderte Ausgliederung des Wiener Gesundheitsverbunds.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.