Tanzband mit anderen Vorzeichen

JAZZ ohne sitzfleisch. Das Wiener "Trio Exklusiv" fühlt sich in der Disco wohl.

W
enn an einem langen Festivaltag ganz zum Schluss die Weichen auf Party gestellt werden sollen, sind sie die perfekten Zeremonienmeister: die vier Anzugträger des Trio Exklusiv. Diese scheuen es nicht, ihre Musik voll und ganz in den Dienst des Grooves zu stellen, sich als moderne Unterhaltungskapelle zu begreifen. Im Gegenteil: Sie erheben dies zum Prinzip. "Die Grundidee war, eine Tanzband mit anderen Vorzeichen zu gründen", sagt Schlagzeuger Mex Wolfsteiner: "Und da solche Kombos immer Duo Acapulco oder so ähnlich heißen, lag ein Name wie Trio Exklusiv nahe."

So hat sich das falsche Trio in den letzten Jahren einen hervorragenden Ruf als Live-Formation erspielt, der weit über die Landesgrenzen hinausreicht. So konnte es bei renommierten Jazzfestivals wie in Montreux reüssieren. Nichtsdestotrotz sprechen Gitarrist Franz Reisecker, Multiinstrumentalist Martin Zrost, Trompeter und Sänger Richard Klammer und Mex Wolfsteiner, allesamt verdiente Szene-Protagonisten, eine musikalische Sprache, die man selbst am Kirtag in der Provinz verstehen würde.

Die Wurzeln von Trio Exklusiv liegen im Orchester "33 1/3", einer von Christof Kurzmann und Christian Fennesz initiierten Bigband. Dessen Ansatz, Jazz und Elektronik zu verknüpfen, befriedigte Reisecker, Klammer und Wolfsteiner nur bedingt. Während sich ihre Kollegen bei Proben eine Pause gönnten, spielten sie daher weiter. Und entdeckten die "gemeinsame Vorliebe für die kitschige, schöne Seite der Musik, für die Melodien, die man beim Orchester nicht ausleben konnte", erzählt Wolfsteiner.

Aus dem zwanglosen Zusammenspiel entwickelte sich eine um Zrost erweiterte, fixe Band, im Sommer 2002 erschien das Debüt. Rasende Agentenfilm-Soundtracks trafen auf mexikanische Mariachi-Klänge, Surfgitarren auf Jazz und Elektronik. Ennio Moricone und Lalo Schifrin ließen grüßen. Alles war erlaubt, keine bestimmte Szene adressiert. Mit Erfolg: Auf Trio Exklusiv konnten sich alle einigen, Jazzfans wie Pophörer. Gemeinsam tanzte man in den Clubs, wo das Quartett nicht selten als Mitternachtseinlage die amtierenden DJs alt aussehen ließ.

Mit "International Standards", dem im Frühjahr 2005 erschienenen zweiten Album, gelang ein weiterer Schritt Richtung Groove-Herrschaft. Erinnerte der Erstling mit seinem räudigen Charme an ein Road Movie, eine Fahrt ins Ungewisse, bei der der Weg das Ziel war, scheinen Trio Exklusiv nun angekommen: in der Disco. Dort fühlen sie sich pudelwohl, wie der nach vorne peitschende Disco-Funk von Nummern wie "Time to Feel" zeigt. Unter der Produktionsregie des Wiener Techno-Meisters Patrick Pulsinger gereift, kommen die Grooves nun noch fetter, dichter - schlicht: effizienter. Das Resultat: unwiderstehliche Dancefloor-Attacken, geerdet in Jazz, Dub und Soul.

Dass beim exklusiven Trio ein Konservatoriumsmusiker wie Zrost und ein Autoditakt wie Reisecker aufeinander treffen, sorgt für eine gewisse Ausgeglichenheit: Auf den Punkt getüftelte Kompositionen geraten in Schräglage, allzu Widerborstiges wird ins Lot gebracht. Oberste Maxime ist bei allem Tiefgang stets das Vergnügen. Nicht von ungefähr meint Wolfsteiner: "Wir machen eher Musik für den Bauch, als fürs Hirn". Wie es sich für eine Tanzkapelle eben gehört.

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