Aufregung um Band-Shirt

Grüne sehen „bei Rechtsextremen beliebte Symbole“ auf Kleidung von Jugendforscher Heinzlmaier

Der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier mit dem Steinalt-T-Shirt bei der Pressekonferenz mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP)
Der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier mit dem Steinalt-T-Shirt bei der Pressekonferenz mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP)APA/ TOBIAS STEINMAURER
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Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier trug bei einer Pressekonferenz ein T-Shirt der niederösterreichischen Metal-Band Steinalt, die sich mit Runen schreibt. NS-Organisationen hätten sich dieser Symbole ebenfalls bedient, so die Grünen.

Die niederösterreichische Pagan-Metal-Band Steinalt hat kaum 200 Fans auf Instagram und Facebook, sorgt derzeit aber für mächtig Wirbel – indirekt jedenfalls. Denn bei der Pressekonferenz mit Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) am Donnerstag im Bundeskanzleramt trug der Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier ein T-Shirt der Band. Zwei germanische Schriftzeichen blitzten weiß auf schwarz auf dem T-Shirt des ­63-Jährigen unter seiner ebenfalls schwarzen saloppen Jacke hervor. Olga Voglauer, Generalsekretärin der Grünen, reagierte auf diesen Anblick empört: Heinzlmaier habe „offen bei Rechtsextremen beliebte Symbole“ getragen, sagte sie. Plakolm müsse sich die Frage gefallen lassen, „ob das ,normal‘ ist“. Das Wort „normal“, dessen affirmative Verwendung durch ÖVP-Politiker kürzlich u. a. von Grünen getadelt wurde, schrieb sie unter Anführungszeichen.

„Dass es sich dabei um das Logo einer Band halten soll, ändert nichts an der Tatsache, dass sich NS-Organisationen eben dieser Symbole bedient haben und Rechtsextreme dies heute immer noch tun“, erklärte Voglauer am Freitag: „Wir halten es für hochproblematisch, wenn die Jugendstaatssekretärin dem Spiel mit rechtsextremen Codes eine Bühne bietet. Sie muss sich die Frage gefallen lassen, ob das ,normal‘ ist.“ In Plakolms Büro zeigte man sich „verwundert“, allerdings über den „Ton der Grünen“.

Auch die SS schrieb sich mit der Rune Sig

Steinalt gehören die zum Genre des Pagan Metal gezählt wird. Das ist eine Spielart des Metal, die Mythen vorchristlicher („heidnischer“ = pagan) Religionen behandelt, meist germanischer oder keltischer. Bei Steinalt dürften es germanische Inhalte sein, dafür sprechen auch Songtitel wie „Mannwolf“ oder „Gjallars Ruf“ (Gjallar ist ein nordischer Zwerg). Diese Band schreibt ihren Namen in Runen, die beiden ersten sind ein Sig und ein Tyr.

Das erste Zeichen ist keine alte Rune, im germanischen Alphabet (Futhark) gab es für den Lautwert S das Zeichen Sowilo. Das Sig wurde erst in der völkisch-esoterischen Bewegung des 19. Jahrhunderts geprägt. Heute ist es assoziativ übel belegt, weil die SS sich mit ihm schrieb. Das Tyr sieht aus wie ein Pfeil nach oben. Es ist sehr wohl alt, heißt nach dem Kriegsgott Tyr und wird daher Kampfrune genannt. In der NS-Zeit war es das Abzeichen der Reichsführerschulen der NSDAP

Heinzlmaier gab „Zur Zeit“ ein Interview

„Wir Grüne prüfen eine Sachverhaltsdarstellung und darüber hinaus erfolgt eine parlamentarische Anfrage bezüglich laufender Aufträge aus dem Bundeskanzleramt an Bernhard Heinzlmaier“, kündige Voglauer überdies an: „Dass Heinzlmaier unter anderem in einem Interview mit dem rechten Medium ,Zur Zeit‘ die FPÖ bejubelt, passt nur zu gut ins Gesamtbild.“ Erst kürzlich sei dort unter dem Deckmantel der Satire ein „unglaublich rassistischer“ Kommentar gegen den Leiter der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, erschienen.

„Es ist jedenfalls inakzeptabel, dass solche Symbole in Österreich offen zur Schau getragen werden. Dass dies auch noch im Bundeskanzleramt geschehen ist, ist einer Demokratie unwürdig“, so Voglauer.

„Habe fast täglich ein anderes Metal-T-Shirt an“

Heinzlmaier rechtfertigte sich gegenüber mehreren Medien. Er habe „überhaupt nicht“ für Wirbel sorgen wollen, sagte er etwa dem „Standard“: „Überhaupt nicht. Warum sollte ich provozieren? Wer mich kennt, weiß, dass ich fast täglich ein anderes Metal-T-Shirt anhabe, weil ich ein Metal-Fan bin.“ Er habe der Band Steinalt Bekanntheit verschaffen wollen. Diese sei aus dem „sozialpädagogischen Bereich und auch in ihrer Musik besonders engagiert für Klimaschutz und soziale Fragen“. Gegenüber oe24 bezeichnete er die Kritik als „Vertrottelung“.

In Plakolms Staatssekretariat zeigte man sich „verwundert“ über den „Ton der Grünen“, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme ihrer Pressesprecherin hieß: „Das Institut für Jugendkulturforschung und Kulturvermittlung ist als Bestbieter aus der Ausschreibung der Abteilung hervorgegangen. Der Bieter Jugendkultur.at verfügt im Feld der Jugendforschung nicht nur über umfangreiche und ausgewiesene Erfahrung, sondern zudem über umfangreiche Exklusivdaten, auf welche andere Bieter sogar verweisen. Bernhard Heinzlmaier wurde zudem für seine wissenschaftliche Arbeit von Bundespräsident Van der Bellen die Professur verliehen.“

Die Plattform Mimikama beschäftigte sich am Freitag angesichts der Social-Media-Debatten zu dem Thema ebenfalls mit Heinzlmaiers Bekleidungspräferenzen. Der Pagan Metal von Steinalt sei ein Musikstil, der häufig historische Symbole und Geschichten verwende, um eine tiefere Bedeutung und Verbindung zur Vergangenheit herzustellen, wurde dabei erklärt. Vorchristlichen Traditionen, Mythologien und Riten, insbesondere aus europäischen heidnischen Traditionen kämen dabei in Texten und Thematik vor.

„Ein Shirt ist nicht nur ein Stück Stoff“

„Die Runen gelten nicht als unumstritten. Die Frage dreht sich bei der Symbolik um Zufall oder gewollt, verboten oder nicht. Sig-Rune, sowie die Tiwaz/Tyr Rune (die ersten beiden des Bandlogos, Anm.) im Einzelnen gelten in Österreich als verbotene Symbole gemäß Verbots- und Abzeichengesetz“, so der Kommentar von Mimikama: „Während das Rätsel um die Herkunft des Runen-Shirts von Heinzlmaier durchaus geklärt ist, wird vorerst offen bleiben, ob und welche Intention beim Tragen des Shirts vorlag. Ein Shirt ist nicht nur ein Stück Stoff, es kann eine Geschichte erzählen, eine Botschaft senden oder einfach nur ein Ausdruck des persönlichen Geschmacks sein. Eine Interpretation lässt dieser Faktencheck an dieser Stelle bewusst aus.“

Steinalt selbst haben sich zur Causa bislang nicht geäußert. (APA/Red/tk)

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