Schlammschlacht um die Dayli-Pleite

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THEMENBILD: DROGERIEKETTE 'DAYLI'APA/GEORG HOCHMUTH
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Ex-Eigentümer Rudolf Haberleitner und sein Nachfolger Martin Zieger schieben einander die Schuld am Scheitern von Dayli zu. Der Streit dürfte vor Gericht landen.

Wien. Dayli ist pleite und wird geschlossen. Nun eskaliert der Streit zwischen dem ehemaligen Eigentümer Rudolf Haberleitner und dem derzeitigen Eigner Martin Zieger. Der Konflikt dürfte sich zu einem Rechtsstreit auswachsen. So teilte Zieger am gestrigen Dienstag mit, er habe alles gesagt – „den Rest werden die Gerichte klären“.

Haberleitner hatte Schlecker Österreich vor einem Jahr übernommen und eine Neueröffnung mit einem überarbeiteten Konzept angekündigt. Unter anderem wollte er die Geschäfte auch am Sonntag öffnen – was Gewerkschaft und Wirtschaftsministerium aber mit der „Lex Dayli“ verhinderten. Im Juli verkaufte Haberleitner seine Anteile für einen symbolischen Euro an Martin Zieger, der zuvor unter anderem Vögele und Palmers geleitet hatte. Darüber, was danach geschah, liefern sich die beiden seit Montag eine heftige öffentliche Auseinandersetzung.

Zieger zufolge habe Haberleitner ein „nicht nachvollziehbares Verhalten“ an den Tag gelegt und ihn zwei Wochen lang nicht ins Firmenbuch eingetragen, obwohl Zieger längst Eigentümer von Dayli gewesen sei. Damit sei die nötige Rechtssicherheit für etwaige Investoren nicht gegeben gewesen. Zudem habe der Name Haberleitner die Investorensuche erschwert – wer immer den Namen gehört habe, sei vor einer Investition zurückgeschreckt. Vor einem Jahr hätte man Dayli noch sanieren können, die Lager seien halb voll gewesen, wirft Zieger Haberleitner vor. Aber nach der Übernahme durch Haberleitner sei kein Geld mehr in die Firma investiert worden, so Zieger in der „ZiB 2“.

Haberleitner sieht die Angelegenheit freilich anders. „Er hat die Bevölkerung drastisch angelogen“, echauffiert er sich über Zieger. Dieser sei überhaupt nie Eigentümer von Dayli gewesen. Er, Haberleitner, habe ihm die Anteile an Dayli nur treuhändig zur Investorenfindung überlassen. Dies weist Zieger aber vehement zurück.

Noch bizarrer mutet die Geschichte um den ominösen Geldkoffer an, der mit einer Million Euro befüllt in Italien gestohlen worden sein soll. Zieger sagte am Montag, er sei zwar in Italien dabei, zum Zeitpunkt des Diebstahls aber nicht anwesend gewesen. Auch das sieht Haberleitner anders. Zur APA sagte er nun sogar, dass das Geld Zieger gestohlen worden sei – und nicht ihm.

Forderungen aus Deutschland

Nicht bekannt ist, wie hoch der Kaufpreis für Schlecker Österreich vor einem Jahr war. Patrick Hacker, Sprecher des Masseverwalters von Schlecker Deutschland, verwies im Gespräch mit der „Presse“ lediglich auf die vereinbarte Geheimhaltung von Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten. Kolportiert wurden offene Forderungen des deutschen Masseverwalters in der Höhe von 4,6 Millionen Euro. Die letzte Ratenzahlung, die im Juni hätte erfolgen sollen, ist auf dem deutschen Konto nicht eingegangen. Noch offene Forderungen seien aber jedenfalls durch Immobilien besichert. Die Forderungen müssten nach der Insolvenz von Dayli beim Konkursgericht in Österreich eingebracht werden, ergänzte Hacker.

Dayli-Masseverwalter Rudolf Mitterlehner geht davon aus, dass das Unternehmen als Ganzes verkauft werden kann. „Es gibt Interessenten“, sagt Mitterlehner zur „Presse“. Er rechnet damit, dass sich jetzt, da die Schließung fix ist, weitere Interessenten melden werden. Die rund 500 Filialen in Österreich würden in den nächsten drei Wochen geordnet geschlossen.

Mit der Schließung von Dayli verlieren in Summe 3500 Beschäftigte ihren Job. Laut Arbeitsmarktservice (AMS) waren in Österreich im Juli rund 6000 Stellen im Handel offen, um 670 mehr als im Juli des Vorjahres. „Die Branche ist aufnahmefähig“, so AMS-Sprecherin Beate Sprenger. Vor allem ältere Arbeitnehmer dürften aber Schwierigkeiten bei der Jobsuche haben. Wer keine neue Stelle findet, kann sich in einer Arbeitsstiftung umschulen lassen, und bekommt während dieser Zeit – drei bis maximal vier Jahre – Arbeitslosengeld. Die Handelsketten Spar und Rewe haben angekündigt, dass sie Mitarbeiter aufnehmen können. Rewe habe monatlich einen Bedarf von 300 bis 400 Mitarbeitern, heißt es aus der Pressestelle.

Unterdessen kam der Verdacht auf, dass einige Dayli-Beschäftigte kollektivvertraglich zu niedrig eingestuft waren. „Es gibt dazu ein Urteil des Oberlandesgerichts Graz. Wir prüfen das“, sagt Herbert Schnetzinger, Insolvenzexperte der Arbeiterkammer, zur „Presse“. Nach der Zahl der Beschäftigten ist die Dayli-Insolvenz die größte seit der Pleite des Handelsriesen Konsum. Gemessen an den Schulden liegt Dayli mit 67 Millionen Euro an siebenter Stelle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.08.2013)

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