Mein Dienstag

„Wie aus Black Panther Crack Panther wurde“

Schauspieler Chadwick Boseman. Er starb 2020 im Alter von 43 Jahren.
Schauspieler Chadwick Boseman. Er starb 2020 im Alter von 43 Jahren.APA / AFP / Valerie Macon
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Der amerikanische Schauspieler Chadwick Boseman ist kurz vor seinem Tod Opfer von Bodyshaming geworden. Eine unfassbare Schande.

Wenige Monate bevor „Black Panther“-Darsteller Chadwick Boseman im August 2020 mit 43 Jahren an Darmkrebs starb, waren Fotos von ihm aufgetaucht – abgemagert und in einem offensichtlich schlechten gesundheitlichen Zustand. Da er seine Erkrankung bis zuletzt für sich behielt, titelte ein großes Medium: „Wie aus Black Panther Crack Panther wurde.“ Die Zeitung suggerierte also ein Drogenproblem des charismatischen Schauspielers aus den USA.

Was wohl in ihm vorgegangen sein mag, als er diese Zeile las? Und noch wichtiger: Was muss sich seine Familie gedacht haben? Welches Medium kommt auf die Idee, etwas derart Gehässiges über einen Menschen zu schreiben, der eine schwierige Zeit durchmacht? Wie konnte diese Überschrift die Kontrollmechanismen einer Redaktion durchlaufen und nicht gestoppt werden? Hatte niemand den Mut, den Anstand und das Rückgrat zu sagen, dass hier eine Grenze überschritten wird?

Ich wüsste auch gern, was jenem Journalisten oder jener Journalistin durch den Kopf ging, als Boseman starb. Und bekannt wurde, dass er seit Jahren an dieser Krankheit litt. Welche Schlüsse zog er oder sie aus dieser Pietät- und Respektlosigkeit? Welche Konsequenzen gab es für die Ressortleitung und die Chefredaktion? Haben sich die Verantwortlichen je bei den Angehörigen des Schauspielers entschuldigt?

Für mich als Journalist verfestigte sich durch diesen Vorfall jedenfalls eine Überzeugung, die ich schon zuvor kompromisslos vertrat: Wenn es um die psychische und physische Gesundheit von jemandem geht, gibt es nicht den geringsten Spielraum für Spekulationen und Mutmaßungen. Menschen in einer gesundheitlichen Krise gehören in Ruhe gelassen – unabhängig davon, welche Funktion sie ausüben, wie reich, berühmt oder mächtig sie sind. Nichts auf der Welt rechtfertigt einen solchen Übergriff. So tief dürfen wir Journalisten niemals sinken.

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