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Inflationäre Teuerung: Die fetten Jahre sind gekommen, um zu bleiben

Früher war Fett ja noch ein Qualitätsmerkmal.
Früher war Fett ja noch ein Qualitätsmerkmal.APA / Günter R. Artinger
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Wir müssen reden. Über die Inflation, abgelutschte Phrasen und was die Bibel damit zu tun hat.

Mit der Inflation ist es ja so, dass man für das gleiche Geld weniger bekommt – es ist also weniger wert. Ganz ähnlich verhält es sich mit manchen Redewendungen. Werden sie allzu oft, also inflationär, verwendet, verlieren sie auch an Wert, wenn auch nur sprachlich. Sehr schön beobachten lässt sich das unter anderem bei „gekommen, um zu bleiben“. Diese Redensart, die zuletzt etwa bei der Inflation (die ist nämlich gekommen, um zu bleiben) ziemlich inflationär verwendet wurde, werden wir nämlich offenbar nicht mehr los. Vermutlich ist sie sogar gekommen, um zu bleiben. Natürlich, Redewendungen haben schon ihre Berechtigung. Aber so wie man mit Fertiggerichten eher keine Haube bei Gault-Millau erobern wird, gewinnt man mit dem ständigen Abrufen ein und derselben Phrase halt auch keinen Originalitätspreis.

Das gilt übrigens auch für eine weitere Redewendung, die zuletzt besonders gern ausgepackt wird: Die fetten Jahre sind vorbei. Wobei man das in den vergangenen Jahren schon so oft gehört hat, dass man sich fragt, wann diese vielzitierten fetten Jahre eigentlich gewesen sein sollen. Vermutlich damals, als Fett noch positiv besetzt war, es noch nicht mit Begriffen wie Omega 3 verklausuliert oder als „Low fat“ gar verschämt an den Rand gedrängt wurde. Die Redewendung selbst ist übrigens schon recht alt – sie geht auf die Genesis zurück, wo der Pharao von einem Traum berichtet, in dem sieben fette Kühe von sieben mageren gefressen werden. Das Resümee des Traumdeuters Joseph: Nach sieben reichen Jahren sollen nun sieben magere folgen. Und man soll in der guten Zeit sparen, damit man danach auch die schlechte übersteht.

Und das ist gar kein schlechter Tipp: Wir könnten abgelutschte Redewendungen einsparen. Vielleicht besinnt sich dann ja auch die Inflation, dass sie, nur weil sie gekommen ist, nicht unbedingt bleiben muss.

E-Mails an: erich.kocina@diepresse.com

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