Rüstung

Russische Sarmat-Atomraketen in Dienst gestellt

Teststart einer Sarmat-Interkontinentalrakete
Teststart einer Sarmat-InterkontinentalraketeIMAGO/Cover-Images
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Die neuen landgestützten Interkontinentalraketen mit zehn bis 15 Gefechtsköpfen tragen den Nato-Code SS-X-30 Satan II und werden das Vorgängermodell SS-18 Satan ablösen. Gerüchten zufolge könnten sie Atombomben auch in einer Erdumlaufbahn parken, was indes verboten ist.

Russland hat nach offiziellen Angaben die neue Interkontinentalrakete RS-28 Sarmat in Dienst gestellt. Das sagte der Leiter der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos, Juri Borissow, am Freitag im Fernsehen, wie russische Agenturen meldeten. Zuvor hatte Präsident Wladimir Putin im Juni davon gesprochen, dass die Atomrakete bald in Dienst gehen werde.

Der Name Sarmat stammt vom Reitervolk der Sarmaten. Die in unterirdischen Raketenschächten (Silos) stationierte Waffe mit der Nato-Bezeichnung SS-X-30 Satan II kann nach russischen Angaben bis zu 15 einzeln steuerbare Atomsprengköpfe tragen. US-Militärs gehen eher von bis zu zehn Stück aus, mithin im Verbund mit Täuschkörpern gegen Raketenabwehrwaffen. Mit 208 Tonnen Gesamtgewicht bei rund 36 Metern Länge ist die Rakete außerordentlich schwer und hat eine Reichweite von 18.000 Kilometern. Sie soll die aus den 1980ern stammenden Modelle RS-20 (SS-18 Satan) ersetzen.

Fractional Orbital Bombardment?

Gerüchten zufolge könnte sie die Fähigkeit zum Fractional Orbital Bombardment haben. Simpel gesagt wird dabei ein Gefechtskopf nicht in einer üblichen hohen Parabelbahn mit typischerweise mehr als 1000 Kilometern Höhe am Scheitelpunkt Richtung Ziel geschleudert, sondern in einer niedrigen Erdumlaufbahn (etwa unter 150 Kilometer) geparkt; dafür braucht es außerordentlich starke Raketen mit besonders hoher Geschwindigkeit. Solcherart um die Erde kreisende Bomben lassen ihre Ziele nicht erkennen, der Angreifer kann diese sogar erst im Lauf einiger Umdrehungen bestimmen und den Gefechtskopf dann jäh darauf abstürzen lassen, die Vorwarnzeit ist minimal. Die Russen könnten Gefechtsköpfe mit Ziel Nordamerika auch auf einen Orbit über die Südpolarregion schicken, dann kommen sie Nordamerika von Süden her näher - in diese Richtung „blickt“ aber das nordamerikanische Luftverteidigungssystem Norad nicht.

FOBS wurde von der UdSSR in den 1960ern entwickelt, aber nach dem Verbot von Massenvernichtungswaffen im All durch den UNO-Weltraumvertrag von 1967 und schließlich durch den SALT-II-Vertrag von 1979 wenige Jahre danach (1983) aus dem Verkehr gezogen.

Die Entwicklung der Sarmat durch das Designbüro Makeyew begann Ende der 2000er-Jahre, in nennenswerter Serie hätte sie schon gegen 2015 von mehreren Firmen gebaut werden sollen, aber die Sache verzögerte sich. Im April 2022 hatten die russischen Streitkräfte die RS-28 mit Erfolg getestet. Dabei startete die Rakete in Plessezk im europäischen Norden Russlands, die Sprengkopfattrappen erreichten ihre Ziele auf der fernöstlichen Halbinsel Kamtschatka. Die Serienproduktion findet in Krasnojarsk in Sibirien statt, in einer ersten Welle von wohl mindestens 50 Stück. (APA/Greber)

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