Die AUA hat 2012 Rückstellungen in der Höhe von 182 Mio. Euro aufgelöst, weil sie davon ausging, den Rechtsstreit mit der Gewerkschaft zu gewinnen.
Der AUA-Bord-Betriebsratsvorsitzende Karl Minhard sieht sich durch das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichts zum Betriebsübergang der AUA auf ihre Regionaltochter Tyrolean bestärkt. Der Richter hat in erster Instanz die Auslagerung des Flugbetriebs für nichtig erklärt. Was das für die Bilanz 2012 bedeutet, darüber scheiden sich die Geister.
Das Urteil könnte für die Airline eine Korrektur ihrer 2012er-Bilanz zur Folge haben, meint die Arbeitnehmerseite. Die Fluglinie habe im Vorjahr Rückstellungen in Höhe von 182 Mio. Euro aufgelöst - auf der Grundlage, dass sie die Prozesse rund um den Betriebsübergang gewinnen wird, sagte Roland Gerlach, Arbeitsrechtsexperte und Bord-Betriebsratsanwalt, am Dienstag bei einem Pressegespräch unter Verweis auf den Jahresabschluss für 2012. "Hier liegt eine objektive Fehlbeurteilung vor. Die Auflösung der Rückstellungen gehört neu dotiert. Die Bilanz gehört korrigiert", so der Jurist.
"Prozessrisiko unrichtig abgebildet"
Im Bestätigungsvermerk für 2012 weist auch der Wirtschaftsprüfer PwC darauf hin, dass "eine Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs der anhängigen Gerichtsverfahren" besteht.
"Der Vorstand geht davon aus, dass diese Rechtsstreitigkeiten positiv im Sinne der Gesellschaft entschieden werden", schrieb PwC damals. Das Arbeitsgerichts-Urteil hat den Betriebsübergang aber für nichtig erklärt. Aus der Sicht von Gerlach hat der Vorstand damit die Risiken "nicht ausreichend objektiv beurteilt". "Der Sachverhalt Prozessrisiko wurde unrichtig abgebildet", so Gerlach.
"Bilanz 2012 bleibt stehen"
Ein AUA-Sprecher bekräftigte am Dienstag hingegen die aufrechte Einschätzung des Konzerns, "dass wir im Instanzenweg den Betriebsübergang bestätigt bekommen". Deshalb seien auch keine finanztechnischen Maßnahmen zu treffen, weder für 2012 noch für 2013, so der Spreche.
Die Rückstellungen seien aufgelöst worden, weil die Bilanzierungsrichtlinien vorsähen, zukünftig geringere Zahlungsverpflichtungen darzustellen (Stichwort Pensionen, Jubiläumsgelder, andere Gehaltstabellen). Weil die AUA von ihrem Rechtsstand weiter überzeugt sei, bleibe dies in der Bilanz auch so stehen, so der Sprecher. Im Übrigen sei das Urteil nicht rechtskräftig. Der Richter selbst bescheinige der AUA, sich bei der Umsetzung des Betriebsübergangs genau an die Bestimmungen des Gesetzgebers (AVRAG) gehalten zu haben.
"Keine positiven Synergieeffekte"
Seine Ablehnung konzerninterner Betriebsübergänge argumentierte der Richter so: "Da der Betriebsübergang keine positiven Synergieeffekte für die Tyrolean bzw. für die beklagte Partei bringt, sondern sogar einen erheblichen Kostenaufwand verursacht, liegt der Zweck des Betriebsübergangs - wohl auch unstrittig - einzig und allein in der Reduzierung der Ansprüche der Arbeitnehmer." Selbst dann, wenn eine Insolvenz drohe, diene ein Betriebsübergang nicht dazu, Verhandlungen mit den Arbeitnehmern über eine Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen einseitig zu beenden.
Für 2012 wies die Fluglinie einen auf 61,5 Mio. Euro halbierten Jahresfehlbetrag aus. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit reduzierte sich von -120,5 auf -65 Mio. Euro. Der Bilanzverlust stieg nach dem hohen Verlustvortrag aus dem Vorjahr jedoch nochmals deutlich auf -144,5 Mio. Euro (nach -83 Mio. Euro).
"KV verhandeln"
Gerlach, der die AUA in der Bilanz-Frage vor einem Debakel sieht, riet dem Unternehmen, sich endlich hinzusetzen und "diesen blöden KV zu verhandeln". Mit dem neuen Kollektivvertrag könnten alle Altlasten abgeglichen werden, ein neuer KV hätte eine "bereinigende Wirkung".
Bord-Betriebsratschef Minhard plädierte an das AUA-Management, "endlich Verantwortung zu übernehmen". Erst seit Juli werde wieder verhandelt, davor habe ein Jahr lang Stillstand geherrscht. AUA-Chef Jaan Albrecht solle von seinem "Crashkurs" absehen und gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern einen Branchen-Kollektivvertrag ausverhandeln. Einen Abschluss Ende des Jahres hält Minhard für realistisch.
Beim Obersten Gerichtshof (OGH) liegt die von den Arbeitnehmern ebenfalls eingeklagte Entscheidung zur Nachwirkung des (aufgekündigten) Kollektivvertrags. Der OGH hatte zur Klärung von Rechtsfragen im Juni den Ball an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weitergespielt. Gerlach erwartet eine OGH-Entscheidung in 18 Monaten. Mit einem EuGH-Urteil sei in 12 bis 15 Monaten zu rechnen.
(APA)