Die zu Raiffeisen gehörende Uniqa-Versicherung braucht erneut Geld und muss es sich von der Börse holen. Auch in anderen Bereichen regiert bei Raiffeisen der Sparstift.
Wien. Raiffeisen ist in Österreich eine Großmacht. Fast jeder vierte Österreicher ist Mitglied einer Raiffeisen-Organisation. Im Bankengeschäft kommen die Giebelkreuzer auf einen Marktanteil von mehr als 30 Prozent. Doch auch bei vielen Unternehmen geben sie den Ton an – wie bei Strabag, Agrana, Leipnik-Lundenburger Invest, NÖM, Sat1 Österreich, „Kurier“ und „Profil“. Über 165.000 Menschen stehen direkt und indirekt auf der Lohnliste von Raiffeisen. Doch nun stellt sich die Gruppe teilweise neu auf. Denn die goldenen Jahre sind vorbei.
Am Montag gab Raiffeisen bekannt, dass man bei der Kapitalerhöhung der Uniqa-Versicherung nicht mitmachen werde. Die Uniqa will sich stattdessen 700 bis 800 Millionen Euro von der Wiener Börse holen. Mit dem Geld soll die Kapitalbasis gestärkt werden. Mit 45,3 Prozent ist die Raiffeisen-Gruppe größter Einzelaktionär der Uniqa. Wie stark der Anteil nun sinken wird, steht noch nicht fest.
Mit der Kapitalerhöhung können „wir unser langfristiges Wachstum absichern“, sagt Uniqa-Chef Andreas Brandstetter. Dem Vernehmen nach sollen die neuen Uniqa-Aktien noch im September zum Kauf angeboten werden.
Ein Zeichen des Wandels
Das Nichtmitziehen von Raiffeisen ist dabei ein Zeichen – für einen Wandel. Einst hatten Patriarchen wie Christian Konrad, Herbert Stepic und Ludwig Scharinger das Sagen. Diese waren bemüht, ihre Macht zu vergrößern. Doch die Nachfolger müssen nun Sparprogramme umsetzen und neue Geldquellen erschließen. Denn die Ergebnisse gehen zurück, wie folgender Überblick zeigt.
► Bei der Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien sank der Überschuss im ersten Halbjahr von 164,7 Millionen Euro auf 93,5 Millionen Euro.
► Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich hat das Nettoergebnis im ersten Halbjahr 2013 auf 69,6 Millionen Euro fast halbiert.
► Bei der RLB Steiermark sank der Überschuss im Halbjahr um 87,2 Prozent auf 14,7 Mio. Euro.
► Alle Landesbanken sind an der Raiffeisen-Zentralbank beteiligt. Diese reduzierte den Gewinn um 50,1 Prozent auf 248 Mio. Euro.
► Die wichtigste Beteiligung der RZB ist die börsenotierte Raiffeisen Bank International (RBI), die vor allem in Zentral- und Osteuropa tätig ist. Diese vermeldete im Halbjahr einen Gewinnrückgang um 60,5 Prozent auf 277 Mio. Euro.
Vor der Finanzkrise konnten die Banken die niedrigen Margen im Österreich-Geschäft durch die höheren Profite in Osteuropa ausgleichen. Doch nun gehen auch die Gewinne im Osten zurück.
Hinzu kommen Belastungen wie die Bankensteuer und die Konkurrenz durch Internetbanking. Bank-Austria-Chef Willibald Cernko geht davon aus, dass Österreichs Finanzinstitute in den nächsten fünf Jahren jede dritte Filiale schließen werden. Das würde vor allem Raiffeisen treffen. Denn die Giebelkreuzer sind fast in jedem Ort mit einer Kasse vertreten.
Verlustbringer werden eliminiert
Im Zuge des Sparkurses werden nun Verlustbringer eliminiert: In der Vorwoche verkaufte die Raiffeisen-Holding NÖ-Wien ihre Tochter in Großbritannien. Mit NÖM wollten die Giebelkreuzer den britischen Markt für Milch- und Joghurtprodukte erobern. Doch man setzte Millionen in den Sand.
Schon im Vorjahr wurde die defizitäre Epamedia (Plakat- und Außenwerbung) abgestoßen. Dort saß die frühere ORF-Generaldirektorin Monika Lindner in der Geschäftsführung.
Auch im Finanzbereich gibt es viele Baustellen: Die RZB übernimmt gerade die von den Landesbanken gehaltenen Anteile an Firmen wie der Bausparkasse, der Kapitalanlagegesellschaft, der Factor Bank und der Wohnbaubank. Ziel ist es, Millionen einzusparen.
Daneben ziehen sich die Landesbanken aus Osteuropa zurück. Die RLB NÖ-Wien verkaufte bereits den Anteil an der RBI-Tochter in Ungarn. Die RLB Steiermark will ihre Beteiligung in Kroatien veräußern. Der nächste Paukenschlag erfolgt im Oktober. Dann wird die börsenotierte RBI ein umfassendes Sparpaket mit dem Abbau von Mitarbeitern bekannt geben. Nicht auszuschließen ist, dass sich ein Investor (wie ein arabischer Staatsfonds) an der RBI beteiligt.
Alle Maßnahmen haben ein primäres Ziel: die Rückgabe der im Zuge der Finanzkrise erhaltenen Staatshilfe von 1,75 Milliarden Euro. Die Erste Bank hat schon alle Schulden beim Staat getilgt. Auch die Bawag zahlte eine erste Tranche zurück.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2013)