Die Bundeswettbewerbsbehörde hat laut Spar bei einer Hausdurchsuchung verbotene Spionage-Software verwendet. Das Oberlandesgericht Wien, das den Befehl zur Razzia ausgestellt hat, weiß nichts davon.
Nach dem gestrigen Schlagabtausch zwischen dem Management des Handelskonzerns Spar und der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wegen des angeblichen Einsatzes von verbotener Spionage-Software bei Hausdurchsuchungen kündigte am Freitag die Volksanwaltschaft an, die Vorwürfe von Amts wegen zu prüfen. Dabei solle festgestellt werden, ob alles rechtens war, sagt Volksanwalt Peter Fichtenbauer.
"Wir werden uns sowohl an das Innenministerium als auch an die Bundeswettbewerbsbehörde wenden. Damit soll geklärt werden, ob ein derartiger Auftrag erteilt wurde, und ob der Einsatz der zweifelhaften Software rechtens war", sagte Fichtenbauer. Die Wettbewerbshüter hätten bisher keine Auskunft über den Vorfall geben wollen. Und die Polizei beschränke sich auf die Auskunft, ein "Standard-Tool" eingesetzt zu haben. Zudem solle geklärt werden, ob Schäden am IT-System bei Spar entstanden seien. Grundsätzlich müsse vermieden werden, "dass es zu Handlungsexzessen kommt, die mit der Österreichischen Rechtsordnung nicht vereinbar sind", so der Volksanwalt.
OLG: "Keine Spionagesoftware"
Beim Oberlandesgericht Wien, dem Verfasser der Durchsuchungsbefehle, gibt man sich überrascht über die Vorwürfe durch Spar. "Über die Methode, wie elektronische Daten gesucht und sichergestellt werden, gibt weder das Gesetz eine Vorgabe noch enthält der Hausdurchsuchungsbefehl dazu nähere Anordnungen, sagt Sprecher Reinhard Hinger im Ö1-Mittagsjournal. Darin stehe ausdrücklich, dass elektronische Kopien sichergestelllt werden sollen.
Auch Datenforensiker Uwe Seiler, kann nichts Bedenkliches an der Hausdurchsuchung und der verwendeten Software erkennen. "osTriage ist nicht geeignet als Spionageprogramm. Es ist kein Trojaner und kein Virus, sondern ein sehr ausgefeiltes und sehr mächtiges Suchprogramm", sagte Sailer zur APA. Er sei in die Hausdurchsuchung nicht involviert gewesen, seinen Informationen zufolge ziehe er aber folgenden Schluss: "Die Hausdurchsuchung ist vollkommen korrekt abgelaufen", erklärte der Experte.
Angebliche Preisabsprachen
Auslöser der jüngsten Auseinandersetzung waren Hausdurchsuchungen am 19. August in Kärnten und Salzburg wegen angeblicher Preisabsprachen des Unternehmens mit seinen Lieferanten. Gestern erhob dann Spar-Vorstand Gerhard Drexel den Vorwurf, dabei sei eine illegale Spionage-Software des FBI eingesetzt worden. Alleine der Austausch von IT-Komponenten bei 25.000 Endgeräten koste eine Million Euro. Der Konzern kündigte eine Beschwerde bei der Datenschutzkommission, eine Schadenersatzklage gegen die Republik und eine Klage auf Herausgabe des Datensticks an. Strafrechtliche Schritte behalte man sich vor.
"Herr Drexel schaut offenbar zu viel Science-Fiction", kommentierte ein Sprecher der Wettbewerbshüter. "Es hat sich um einen ganz normalen USB-Stick mit Standard-Software gehandelt, den das Bundeskriminalamt bei Hausdurchsuchungen schon Hunderte Male verwendet hat."
In den Jahren seit 2010 hat die BWB 59 Hausdurchsuchungen (Stand August 2013) durchgeführt, darunter waren Unternehmen wie Spar, OMV, Hornbach, Rewe sowie zahlreiche Brauereien und Molkereien.Einer Statistik der Bundeswettbewerbsbehörde zufolge hatte im Jahr 2013 die Rewe-Gruppe mit 20,8 Millionen Euro die höchsten Geldbuße zu zahlen. Mit 2,9 Millionen Euro liegt die Molkerei Berglandmilch auf dem zweiten Rang. APA/GEORG HOCHMUTH
Den Stein ins Rollen brachten 2011 Ermittlungen gegen die großen Brauereien Ottakringer, Stiegl und Brau Union. Die Bierkonzerne zahlten 1,1 Millionen Euro Kartellstrafe. Mittlerweile knöpfen sich die Kartellwächter offenbar auch die kleineren Brauereien vor. So gab es etwa in der Hirter Brauerei eine Hausdurchsuchung.Die Spur führte aber auch zu den großen Lebensmittelketten und anderen Lieferanten.
Im April gab es Hausdurchsuchungen beim heimischen Zuckerkonzern Agrana. Es habe eine "Nachschau" gegeben, sagte Finanzvorstand Walter Grausam. Die Wettbewerbshüter hätten allerdings nach drei Tagen das Haus verlassen, "ohne ein einziges Beweisstück mitzunehmen. Sie haben überhaupt nichts gefunden", sagte Grausam. "Wir haben eine blütenreine Weste." ...
... Bei den Ermittlungen ging es um Untersuchungen der Zuckerpreisanstiege in den Jahren 2010 und 2011. Die BWB verdächtigte den Konzern auch, Preisabsprachen getätigt zu haben und stellte 2010 beim Kartellgericht einen Strafantrag in Höhe von 27,85 Millionen Euro. Grausam wies die Vorwürfe wiederholt zurück. APA
Die Lebensmittelgruppe Rewe bekam im Mai eine Kartellstrafe von 20,8 Millionen Euro verhängt, da sie viele Jahre lang mit den Lieferanten die Preise abgesprochen hatte. Bei diesem Kartell einigte sie Rewe mit den Lieferanten, dass diese keinen anderen Händlern günstigere Konditionen gewähren dürften. Rewe zieht mit der Anerkennung der Vorwürfe und der Geldbuße einen raschen Schlussstrich unter die Affäre.Durch die Aufdeckung erreichte die BWB einen spektakulären Etappensieg im Kampf gegen Marktmanipulationen. APA/GEORG HOCHMUTH
Im Mai wurde einige Tage lang Österreichs zweitgrößte Molkerei NÖM in Baden durchsucht. Davor hatte die BWB bereits Molkereien wie die Berglandmilch, Kärntnermilch oder Gmundner Milch unter die Lupe genommen.Der größte Betrieb, die Berglandmilch, war im Februar wegen jahrelanger Preisabsprachen zu einer Geldstrafe von 1,125 Millionen Euro verurteilt worden.
Einen Tag nach der Durchsuchung in der Kärntner Regionalzentrale, besuchte die BWB auch die Hauptzentrale des Handelsriesen Spar in Salzburg. Da man der BWB in Kärnten keinen Zugang zu den von ihnen benötigten Daten gewähren wollte, weitete die Behörde den Durchsuchungsbefehl auf die Zentrale in Salzburg aus, so BWB-Sprecher Stefan Ketznickl ...
... Konzern-Sprecherin Nicole Berkmann sieht das anders. Sie bestätigte zwar den Besuch von Mitarbeitern der BWB, konnte ihnen aber keinen Zugriff auf besagte Daten gewähren, da sich diese in der Salzburger Zentrale befänden. Das Angebot, die Daten per Link zur Verfügung zu stellen, wurde abgelehnt... EPA
... Während Ketznickl betonte, die BWB hätte eine Menge an Daten von Salzburg mitgenommen, sagte Berkmann, dass die Behörden keine weiteren Unterlagen mitgenommen hätten.Bereits Ende Jänner war die BWB in der Spar-Zentrale in Salzburg "zu Besuch", da der Verdacht auf illegale Preisabsprachen, vor allem bei Molkereiprodukten, aber auch bei Bier, Kaffee oder Mehl bestand.
Spar-Chef Gerhard Drexel sagt, die Bundeswettbewerbsbehörde habe illegale Spionagesoftware in den Konzern geschleust. "Herr Drexel schaut offenbar zu viel Science-Fiction", kontert die BWB.
Die Wettbewerbshüter haben sich zu früh gefreut. Nachdem Rewe wegen Preisabsprachen brav Bußgeld gezahlt hat, erweist sich Spar nun als härterer Brocken.
Die Wettbewerbshüter fordern wegen Preisabsprachen Geldbußen für zwei Spar-Lieferanten, den Joghurthersteller Emmi und die Brauerei Rieder. Spar weist jede Schuld von sich.
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