Monika Lindner stellt in Aussicht auch Anträge des Team Stronach zu unterstützen. Indessen gibt es in Kärnten mit der Villacher Juristin Andrea Krainer eine neue Landesobfrau.
Salzburg/Lag/Red/APA. Es war eine Nachricht, die man zwar erwartet hatte, die aber am Montag bei einer weiteren Krisensitzung des Team Stronach in Salzburg trotzdem wenig amüsiert aufgenommen wurde: Die frühere ORF-Generaldirektorin Monika Lindner wird ihr Mandat, das sie über die Bundesliste des Team Stronach erhalten hat, annehmen - als freie Abgeordnete. Lindner hatte wenige Tage nach der Nominierung durch das Team Stronach der neuen Partei wieder den Rücken gekehrt. Zuvor war sie vom damaligen Klubchef Robert Lugar als „Speerspitze" gegen den ORF und Raiffeisen bezeichnet worden.
Einen Wechsel in einen anderen Klub wird es laut Lindner, die bereits in ihrer Amtszeit als ORF-Chefin als ÖVP-nahe galt, nicht geben. Dies berichtete die Tiroler Tageszeitung. Lindner habe sich nicht um Aufnahme in den schwarzen Klub bemüht, auch seitens der Partei habe es keine Versuche gegeben, sie zu holen. „So geht's nicht, dass man ein Mandat nimmt und dann Adieu sagt und woanders hingeht. Das hielte ich nicht für sehr ehrenhaft", sagte sie dem Blatt. Es sei eine „schwierige Entscheidung" gewesen, „weil ich nicht auf unehrliche Weise ein Mandat an mich reißen wollte. Aber meine Rechtfertigung beziehe ich daraus, dass ich als freie Abgeordnete ja auch Anträge des Team Stronach unterstützen kann, wenn ich sie für richtig halte".
„Ich nehme das zur Kenntnis", gab sich Stronach-Statthalterin Kathrin Nachbaur am Montag wortkarg. Sie hatte aus den Medien von der Entscheidung erfahren. Kein Mandat bleibt durch die Entscheidung Lindners für die ehemalige Miss World Ulla Weigerstorfer. Sie sagte: „Das ist ihr Recht. Emotional muss sie das mit sich selbst ausmachen."
Letztlich saß sie nur einmal auf ihrem Platz im Hohen Haus: Monika Lindner hat ihr Mandat zurückgelegt. Sie hatte es über die Stronach-Bundesliste erhalten. Wenige Tage nach der Nominierung kehrte sie der Partei den Rücken, nahm das Mandat nach der Wahl aber dennoch an. Das brachte ihr viel Kritik ein, die sie zunächst zurückwies. Nun reagierte sie aber doch auf die "Kampagne", wie sie es ausdrückt. Bruckberger
Abschiednehmen von der Macht hieß es für Lindner schon 2006: Damals wurde sie vom ORF-Stiftungsrat entthront. Lindner hatte viereinhalb Jahre lang Regie am Wiener Küniglberg geführt. Im Dezember 2001 hatte sie die ORF-Spitze mit den Stimmen von ÖVP- und damals FPÖ-nahen Stiftungsräten als erste Frau erobert. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
Mit ihrem Amtsantritt ging auch die größte Reform des ORF seit den Siebziger Jahren einher. Ihr Vorgänger Gerhard Weis war mit dem rund ein halbes Jahr zuvor von ÖVP und FPÖ beschlossenen Gesetz vorzeitig abgelöst worden. (c) Roland Schlager
Das neue ORF-Gesetz brachte für den ORF schwierigere Rahmenbedingungen, nicht zuletzt Einschränkungen im Werbebereich. Nach roten Zahlen im Jahr 2002 konnte die Geschäftsführung Lindner in den Folgejahren aber wieder ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen. Im Gebührenbereich konnte Lindner im ORF-Stiftungsrat erstmals seit 1998 wieder eine Erhöhung durchsetzen. (c) Michaela Bruckberger
Neben dem ORF-Kollektivvertrag hat Lindner auch das Projekt, ORF 2 in ganz Europa via Satellit empfangbar zu machen, realisiert. Zudem fand unter ihrer Führung die Ausgliederung der ORF-Sendetechnik in die Tochter ORS statt, von der die Raiffeisen-Medienbeteiligungsgesellschaft Medicur 40 Prozent übernahm, was Lindner in der Bilanz 2005 einen tiefschwarzen Rekord-Gewinn bescherte. (c) Clemens FABRY
Zuletzt braute sich über der Medien-Lady ein negatives Stimmungs-Gewitter zusammen, nachdem "Zeit im Bild 2"-Moderator Armin Wolf in einer von Lindner als "Brandrede" titulierten Ansprache die interne Struktur des ORF sowie politische Einflussnahme von außen kritisiert hatte. Öffentliche Kritik musste Lindner auch für Führungsstil und mangelnde Kommunikation einstecken. Darüber hinaus wurde ihr politische Schlagseite vorgeworfen, weil sie etwa als Chefin des "unabhänigen" ORF eine Rede von Bundeskanzler und ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel beklatschte. (c) APA/DIKOM/PATTIS (DIKOM/PATTIS)
Nach ihrem Abgang beim ORF wurde es eher ruhig um Lindner, bis am 12. August 2013 ihre Kandidatur für das Team Stronach bei der Nationalratswahl 2013 offiziell bekanntgegeben wurden. Diese währte aber nicht lange. Schon drei Tage später zog sie ihre Kandidatur wieder zurück, weil sie nach Aussagen von Ex-Klubobmann Robert Lugar (Bild) als "Speerspitze gegen die Systeme Raiffeisen, ORF und Pröll" eingesetzt werden sollte. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
Bei der Wahl am 29. September erreichte das Team Stronach knapp sechs Prozent, und die frühere ORF-Generaldirektorin erhielt über die Bundesliste der Partei ein Mandat. Am 14. Oktober gab sie bekannt, dieses annehmen zu wollen und als "wilde Abgeordnete" in den Nationalrat einzuziehen. Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur sprach von einem Mandat, "das ihr nicht zusteht". Auch aus den anderen Parteien kam Kritik an Lindners Vorgehen. (c) Clemens Fabry
Lindner wurde am 25. September 1944 in Gleiwitz, Schlesien, geboren. Sie wuchs in Innsbruck auf und studierte - nach einem misslungenen Vorsprechen am Reinhardt-Seminar - Philosophie, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Ihre ersten journalistischen Sporen verdiente sich die passionierte Golf- und Tennisspielerin bei Hellmut Andics als Redakteurin von "Das österreichische Jahrhundert" und "Report in Rotweißrot". 1975 ging sie als freie Mitarbeiterin zum ORF. (c) APA (PFARRHOFER Herbert)
Ihr Aufstieg innerhalb des ORF begann 1979 mit der Leitung der Pressestelle, 1982 übersiedelte Lindner in die Stabsabteilung Planung und Koordination und 1991 übernahm sie die Sendung "Wir". 1995 bis 1998 leitete sie "Willkommen Österreich", bevor sie 1998 zur NÖ-Landesintendantin avancierte. Seither wird Lindner ein besonders gutes Verhältnis zu Landeshauptmann Erwin Pröll nachgesagt. Auch Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad zählt zur oft gesehenen Begleitung der Lindners. Privat war die ORF-Chefin mit dem Regisseur Otto Anton Eder verheiratet, der im August 2004 verstarb.
Medien-Lady und Kurzzeit-Mandatarin
Krainer neue Landesobfrau in Kärnten
Die Nachwehen nach der Nationalratswahl standen auch im Zentrum des zweiten Treffens des neu geschaffenen Bundesdirektoriums in Salzburg. Geprägt war die Sitzung vom Streit innerhalb des Team Stronach in Kärnten. Während Landesrat Gerhard Köfer am Treffen teilnahm, hatte sich der von Parteigründer Frank Stronach kürzlich zum Kärntner Landesobmann bestellte Siegfried Schalli Rückenstärkung durch vier Bezirksobleute geholt. Köfer gab sich in Salzburg vorsichtig versöhnlich: „Wir sind auf einem guten Weg. Ich werde meinen Beitrag dazu leisten." Schalli hatte in Kärnten zuvor gesagt: „Die Hand, die wir ausstrecken, geht in alle Richtungen."
Letztlich kam alles anders: Zur Bereinigung des Konfliktes wählte das Bundesdirektorium in Salzburg einstimmig Andrea Krainer als neue Landesparteiobfrau für Kärnten. Die Juristin aus Villach ist nicht im Kärntner Landtag vertreten. Köfer und Schalli hätten zugestimmt, hieß es.
Drei Jahre nach der Gründung des Team Stronach ist in der jungen Partei das Chaos ausgebrochen. Milliardär Frank Stronach baute seine Partei kräftig um, in den Landesorganisationen regt sich Widerstand und nun verliert der Magna-Gründer auch noch seine "rechte Hand", alias Kathrin Nachbaur. Ein Überblick über das große Köpferollen. (c) APA
Zuerst traf es Klubchef Robert Lugar (Bild). Er musste seinen Posten für Stronachs Vertraute Kathrin Nachbaur räumen. Auch aus dem Vorstand wurde er geworfen. Zuerst sollte Lugar mit dem Job des Generalsekretärs vertröstet werden, wird nun aber doch nur einfacher Abgeordneter.Auch von Wahlkampfleiter Tillmann Fuchs trennte sich die Partei. (c) APA
Im Mai 2013 war Elisabeth Kaufmann-Bruckberger als Landesparteiobfrau Niederösterreichs eingesetzt worden, zwei Tage nach der Wahl musste sie ihren Posten schon wieder räumen. Ihre Nachfolgerin ist Renate Heiser-Fischer, eine Angestellte der Stronach-Group. (c) APA
Der Kärntner Landesparteiobmann Gerhard Köfer (Bild) wurde am 2. Oktober 2013 abgesetzt. Als neuer Landeschef wurde Siegfried Schalli eingesetzt - lange hielt er sich aber nicht.Am 14. Oktober dann die nächste Änderung: Das neu gegründete Bundesdirektorium des Team Stronach wählte Andrea Krainer als neue Landesparteiobfrau für Kärnten. (c) APA
Am selben Tag wie Köfer, also am 2. Oktober, wurde auch der Salzburger Obmann Hans Mayr abgesetzt. Der Landesrat hatte Frank Stronach kurz zuvor aufgrund überraschender Personalrochaden das Fehlen einer Basisdemokratie innerhalb der Partei vorgeworfen. Mayrs Nachfolgern wurde der Landtagsabgeordnete Helmut Naderer. (c) APA
Am 8. Oktober erreichte das Chaos Vorarlberg: Nach einer Landessitzung traten zwei Vorstandsmitglieder und neun Ortsgruppenobleute - folglich der gesamte Vorstand bis auf Landesgruppenobmann Christoph Hagen (Bild) - geschlossen von ihren Funktionen zurück und aus der Partei aus. Zuvor waren Berichte aufgetaucht, wonach das Team künftig von Wien aus geführt werden könnte. Hagen sieht aber "das letzte Wort noch nicht gesprochen". (c) APA
Im November 2013 der nächste Streich: Die Bundespartei schloss das Büro in Tirol, die Landespartei unter Walter Jenewein spaltete sich ab. Im selben Monat legte Monika Lindner (Bild) ihr Mandat zurück, Ex-Miss World Ulla Weigerstorfer folgte und sorgte für einen Kopf mehr im Parlamentsklub.
Am 29. November schloss der Bundesparteivorstand Elisabeth Kaufmann-Bruckberger und Ernest Gabmann wegen parteischädigenden Verhaltens aus. Diese gründen daraufhin das "Team NÖ" aus dem Kaufmann-Bruckberger wenige Monate später zurücktrat. Der Grund: Sie hatte zugegeben, bei einem Immobiliendeal zwischen Kärnten und dem ÖGB bzw. der Bawag über 700.000 Euro bekommen und an das damalige BZÖ weitergeleitet zu haben. APA/ROLAND SCHLAGER
Am 18. November erreichten die Spannungen einen neuen Höhepunkt: Klubchefin Kathrin Nachbaur ging mit ihrer Schwangerschaft an die Öffentlichkeit und richtete am selben Tag ein Schreiben an den Vorstand, dass sie die Partei verlässt. Die Agenden der Klubchefin übernahm Waltraud Dietrich. Wolfgang Auer (Bild) wurde Vizechef der Partei - bald aber sollte er via Aussendung von seiner Ablösung als ebensolcher erfahren. APA/HELMUT FOHRINGER
Am 3. Juni 2015 gaben die Abgeordneten Georg Vetter und Marcus Franz ihren Übertritt in den Parlamentsklub der ÖVP bekannt. Der Klub des Teams Stronach schrumpfte damit auf neun Abgeordnete. 21 Tage später beschloss der Bundesparteivorstand die Abberufung von Leo Steinbichler als Chef der oberösterreichischen Landespartei, weil sich dieser "permanent über sämtliche Vorgaben der Bundespartei hinweggesetzt hat". APA/HANS KLAUS TECHT
Der bisher letzte Paukenschlag erklang am 1. August 2015: Mit Kathrin Nachbaur und Rouven Ertlschweiger verließen zwei weitere Abgeordnete das Team Stronach Richtung ÖVP - damit besteht der Klub lediglich mehr aus sieben Abgeordneten. ÖVP-Klub
Lange machte die Ex-ORF-Chefin kein Hehl aus ihrer Nähe zur ÖVP. Dann überraschte sie mit ihrer Kandidatur für Stronach. Bald sitzt sie als "Wilde" im Parlament.