Der einstige ORF-Generalsekretär Kurt Bergmann rät der Medien-Lady, ihr Mandat anzunehmen. Das Geld könnte sie an "Licht ins Dunkel" weitergeben.
Die Entscheidung der früheren ORF-Generaldirektorin Monika Lindner, als "wilde" Abgeordnete in den Nationalrat einzuziehen, sorgt für Kritik. Vorwürfe, wonach die Medien-Lady nur aus "finanziellen Motiven" ins Hohe Haus gehe, wurden bereits laut. Nun bekommt sie auch noch ungewöhnlichen Rat: Lindner, die ursprünglich für das Team Stronach angetreten war, könnte ihr Abgeordnetengehalt für die Sendung "Licht ins Dunkel" spenden, schlug der einstige ORF-Generalsekretär Kurt Bergmann am Mittwoch vor.
"Wenn mich Frau Lindner vor der Wahl gefragt hätte, ob sie ihr Mandat annehmen soll, hätte ich ihr geraten: Ja", so Bergmann. Als erste Redakteurin, die unter Ernst Wolfram Marboe die Sendung "Licht ins Dunkel" ins Fernsehen gebracht habe, könnte sie aber ihr Einkommen an die Spendenaktion überweisen, findet der einstige ORF-Mann. Zusatz: "Aber sie hat mich nicht gefragt."
Lindner verhält sich "äußerst ungeschickt"
Kritischer zeigte sich der frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP). Er findet Lindners Verhalten "äußerst ungeschickt". "Man kann sie auch als Element der Verlebendigung des freien Mandats bezeichnen", meinte er laut eigener Aussage "zynisch".
Lindner selbst wies indes schon am Mittwoch in der Tageszeitung "Österreich" die Idee eines Gehaltsverzichts zurück. Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könne, auf ihre Gage zu verzichten, antwortet sie zwar mit "ja", meint aber zugleich: "Ehrenamtliche, unentgeltliche Tätigkeiten werden nicht ernst genommen."
Letztlich saß sie nur einmal auf ihrem Platz im Hohen Haus: Monika Lindner hat ihr Mandat zurückgelegt. Sie hatte es über die Stronach-Bundesliste erhalten. Wenige Tage nach der Nominierung kehrte sie der Partei den Rücken, nahm das Mandat nach der Wahl aber dennoch an. Das brachte ihr viel Kritik ein, die sie zunächst zurückwies. Nun reagierte sie aber doch auf die "Kampagne", wie sie es ausdrückt. Bruckberger
Abschiednehmen von der Macht hieß es für Lindner schon 2006: Damals wurde sie vom ORF-Stiftungsrat entthront. Lindner hatte viereinhalb Jahre lang Regie am Wiener Küniglberg geführt. Im Dezember 2001 hatte sie die ORF-Spitze mit den Stimmen von ÖVP- und damals FPÖ-nahen Stiftungsräten als erste Frau erobert. (c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
Mit ihrem Amtsantritt ging auch die größte Reform des ORF seit den Siebziger Jahren einher. Ihr Vorgänger Gerhard Weis war mit dem rund ein halbes Jahr zuvor von ÖVP und FPÖ beschlossenen Gesetz vorzeitig abgelöst worden. (c) Roland Schlager
Das neue ORF-Gesetz brachte für den ORF schwierigere Rahmenbedingungen, nicht zuletzt Einschränkungen im Werbebereich. Nach roten Zahlen im Jahr 2002 konnte die Geschäftsführung Lindner in den Folgejahren aber wieder ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen. Im Gebührenbereich konnte Lindner im ORF-Stiftungsrat erstmals seit 1998 wieder eine Erhöhung durchsetzen. (c) Michaela Bruckberger
Neben dem ORF-Kollektivvertrag hat Lindner auch das Projekt, ORF 2 in ganz Europa via Satellit empfangbar zu machen, realisiert. Zudem fand unter ihrer Führung die Ausgliederung der ORF-Sendetechnik in die Tochter ORS statt, von der die Raiffeisen-Medienbeteiligungsgesellschaft Medicur 40 Prozent übernahm, was Lindner in der Bilanz 2005 einen tiefschwarzen Rekord-Gewinn bescherte. (c) Clemens FABRY
Zuletzt braute sich über der Medien-Lady ein negatives Stimmungs-Gewitter zusammen, nachdem "Zeit im Bild 2"-Moderator Armin Wolf in einer von Lindner als "Brandrede" titulierten Ansprache die interne Struktur des ORF sowie politische Einflussnahme von außen kritisiert hatte. Öffentliche Kritik musste Lindner auch für Führungsstil und mangelnde Kommunikation einstecken. Darüber hinaus wurde ihr politische Schlagseite vorgeworfen, weil sie etwa als Chefin des "unabhänigen" ORF eine Rede von Bundeskanzler und ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel beklatschte. (c) APA/DIKOM/PATTIS (DIKOM/PATTIS)
Nach ihrem Abgang beim ORF wurde es eher ruhig um Lindner, bis am 12. August 2013 ihre Kandidatur für das Team Stronach bei der Nationalratswahl 2013 offiziell bekanntgegeben wurden. Diese währte aber nicht lange. Schon drei Tage später zog sie ihre Kandidatur wieder zurück, weil sie nach Aussagen von Ex-Klubobmann Robert Lugar (Bild) als "Speerspitze gegen die Systeme Raiffeisen, ORF und Pröll" eingesetzt werden sollte. (c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
Bei der Wahl am 29. September erreichte das Team Stronach knapp sechs Prozent, und die frühere ORF-Generaldirektorin erhielt über die Bundesliste der Partei ein Mandat. Am 14. Oktober gab sie bekannt, dieses annehmen zu wollen und als "wilde Abgeordnete" in den Nationalrat einzuziehen. Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur sprach von einem Mandat, "das ihr nicht zusteht". Auch aus den anderen Parteien kam Kritik an Lindners Vorgehen. (c) Clemens Fabry
Lindner wurde am 25. September 1944 in Gleiwitz, Schlesien, geboren. Sie wuchs in Innsbruck auf und studierte - nach einem misslungenen Vorsprechen am Reinhardt-Seminar - Philosophie, Theaterwissenschaft und Kunstgeschichte. Ihre ersten journalistischen Sporen verdiente sich die passionierte Golf- und Tennisspielerin bei Hellmut Andics als Redakteurin von "Das österreichische Jahrhundert" und "Report in Rotweißrot". 1975 ging sie als freie Mitarbeiterin zum ORF. (c) APA (PFARRHOFER Herbert)
Ihr Aufstieg innerhalb des ORF begann 1979 mit der Leitung der Pressestelle, 1982 übersiedelte Lindner in die Stabsabteilung Planung und Koordination und 1991 übernahm sie die Sendung "Wir". 1995 bis 1998 leitete sie "Willkommen Österreich", bevor sie 1998 zur NÖ-Landesintendantin avancierte. Seither wird Lindner ein besonders gutes Verhältnis zu Landeshauptmann Erwin Pröll nachgesagt. Auch Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad zählt zur oft gesehenen Begleitung der Lindners. Privat war die ORF-Chefin mit dem Regisseur Otto Anton Eder verheiratet, der im August 2004 verstarb.
Medien-Lady und Kurzzeit-Mandatarin
Ehrenamtlich war Lindner übrigens als Präsidentin des Hilfswerk Austria International tätig - bis Dienstag. Da trat sie bei der Vorstandssitzung des Vereins zurück. Die Begründung: "Ich möchte mich in Zukunft ganz meiner Tätigkeit als Abgeordnete zum Nationalrat widmen." Hilfswerk-Präsident und EU-Abgeordneter Othmar Karas (ÖVP) dankte ihr für ihr Engagement: "Monika Lindner hat sich immer ehrenamtlich sehr stark für die Menschen in internationalen Krisengebieten eingesetzt und damit viel Positives bewirkt."
In Kürze
Die frühere Generaldirektorin des ORF Monika Lindner wird als "wilde Abgeordnete" ins Hohe Haus einziehen. Sie hatte bei der Nationalratswahl am dritten Platz der Bundesliste des Team Stronach kandidiert. Schon drei Tage nach ihrer Nominierung hatte sie der jungen Partei aber ihre Gefolgschaft aufgekündigt. Als Grund nannte sie Aussagen des damaligen Team Stronach-Klubobmanns Robert Lugar. Er hatte sie als "Speerspitze" gegen den ORF, die Raiffeisen Bank und den niederösterreichischen VP-Landeshauptmann Erwin Pröll bezeichnet. Im Wahlkampf hatte sich Lindner in der Folge ebenfalls nicht für das Team Stronach engagiert.
Nun gab sie bekannt, doch ins Hohe Haus einziehen zu wollen. Die designierte Vize-Klubobfrau des Team Stronach, Waltraud Dietrich, warf ihr daraufhin vor, dass die Annahme des Mandates vordergründig in Zusammenhang mit finanziellen Interessen stehe.
Lange machte die Ex-ORF-Chefin kein Hehl aus ihrer Nähe zur ÖVP. Dann überraschte sie mit ihrer Kandidatur für Stronach. Bald sitzt sie als "Wilde" im Parlament.
Die frühere ORF-Generaldirektorin zieht als "wilde" Abgeordnete ins Parlament ein. Auf ihr Gehalt will sie trotz "finanzieller Unabhängigkeit" nicht verzichten.
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