Willy Moon: Mondäner Mann im Mond

Willy Moon vereint zeitgenössische Beats mit einem Vintage-Look. Am Anfang seiner Erfolgsgeschichte stand ein iPod-Werbespot.

Großbritannien gilt nicht zu Unrecht als Wiege der modernen Popmusik. Über Jahrzehnte hinweg wurden auf der Insel akustische Schlager geschrieben und in die ganze Welt exportiert. Das trifft zum Beispiel für die durch Merseybeat (benannt nach dem durch Liverpool fließenden Fluss, die Mersey) ausgelöste "British Invasion" der 1960er zu, die von The Beatles, The Kinks, The Rolling Stones, The Who angeführt wurde. Oder aber auch für die jüngste UK-Welle, verbunden mit vielversprechenden Formationen wie Disclosure und AlunaGeorge und angesiedelt zwischen House, Garage und raffiniertem Pop.

Dazwischen in den 1990ern wurde schon kräftig an der Referenzschraube gedreht. Unter dem patriotischen "Cool Britannia"-Slogan bedienten sich Britpop-Kapazunder la Oasis und Blur erfolgreich vergangener Melodien und Bonmots. Auch knapp zwanzig Jahre später, sucht man wenig überraschend vergeblich nach wirklich neuer Musik. Das Angebot: Bewährtes in neuem Gewand. Denn die Sehnsucht nach dem Bekannten ist allgegenwärtig. Nach den inflationär verwendeten Begriffen "Oldschool" und "Retro" ist nun Vintage zum Modus operandi geworden. Flohmärkte und Vintage-Mode boomen, ebenso Tanzveranstaltungen, die an die vermeintlich gute, alte Zeit erinnern.

Weltraum-Affinität. Der Londoner William George Sinclair vulgo Willy Moon hat, so scheint es wenigstens, ebenfalls ein Auge auf den anhaltenden Trend geworfen. Sein Alter Ego sei eine Reminiszenz an alte Science-Fiction-Romane und seine Weltraum-Affinität, erklärt er. Mit einer gehörigen Portion Hedonismus und Pomade im Haar sowie einem unerhört geschmeidigen Hüftschwung eroberte der 24-Jährige im Sturm die Hipster-Herzen. Nicht unwesentlich war, dass Elektronikriese Apple Ende 2012 Moons groovende Single "Yeah Yeah" für seinen iPod-Werbespot verwendete. Mehr als drei Millionen Mal wurde der dazugehörige Clip auf der Videoplattform Youtube angeklickt. "Ich habe keinen Schimmer, wie Apple auf mich aufmerksam wurde. Das Schöne daran ist, dass die Kampagne um meinen Song entwickelt und der Song nicht einfach nur für den Spot verwendet wurde", sagt der Musiker.

Im Interview betont er außerdem, wie wenig er in irgendwelche Schubladen passt. Diversität und Unverwechselbarkeit seien Trumpf. Aussagen wie diese ist man von Musikern zwar gewohnt, in diesem Fall scheint es aber zu stimmen. Auf seinem ersten, selbstproduzierten Album "Here s Willy Moon" wird dies auf knackigen 29 Minuten hörbar: Rock n Roll-Klänge der 1950er treffen auf Beatmusik der 1960er, zeitgenössische Elektronik und Hip-Hop-Samples. Gerade bei seinem Internet-Hit "Yeah Yeah" kommt die Melange am stärksten zum Vorschein. Ein Sample, das einst die Rap-Formation Wu-Tang Clan verwendete, wurde dafür adaptiert: "Rap war für mich in meiner Kindheit moderne Folkmusik. Es war aufregend, Geschichten über das Leben von Menschen zu hören, die in jeglicher Hinsicht so weit weg von meinem Zuhause waren. Die Erzählkunst, die nur so vor Maskulinität strotzt, die Bronx, die Gangs".

Denn aufgewachsen ist Moon weder in New York noch in Los Angeles, sondern in dem knapp 11.000 Kilometer entfernten Wellington. Mit 18 Jahren zog es den gebürtigen Neuseeländer Sinclair aus Ozeanien in die englische Hauptstadt: "Ich wollte unbedingt in eine Metropole ziehen, London, New York oder Tokio. Das war mein Plan. Ich stamme aus einer kleinen Stadt, und es war immer mein Wunsch in eine Weltstadt zu ziehen. Da ich Wurzeln in Großbritannien habe, war es in London möglich, ein Visum zu bekommen". Anfangs nagte der Neuseeländer am Hungertuch, stahl frühmorgens schon mal einen Laib Brot und schlug sich mit diversen McJobs durch. "Ich habe alles gemacht. Auch die Böden in versifften Schiffen geschrubbt", erzählt Moon. Das Parkett, auf dem sich Willy Moon nun rund fünf Jahre später bewegt, ist ungleich glamouröser.

Puristisch-eleganter Stil. Seine Musikvideos bestechen durch Professionalität und Ästhetik sie sind visuelle Glanzlichter. Der Rezipient fühlt sich an "bessere" Pop-Zeiten erinnert. An eine Ära, in der noch (sehenswerte) Musikclips den Content von Musikkanälen darstellten; eine Zeit vor der Bewahrheitung von "Internet killed the Videostar". Essentiell dabei: Moons mondäne Garderobe.
Sein puristisch-eleganter Stil wurde von Modezeitschriften gepriesen, "GQ" kürte ihn zum "most stylish man of the week". Mode spielt für den Musiker eine wesentliche Rolle: "In meiner Kindheit trug ich nur grauenhafte Klamotten. Man hat mich deshalb ausgelacht. Deshalb will ich mich wohl möglichst gut, also ästhetisch, kleiden. Am liebsten trage ich Alexander McQueen oder Raf Simons." Auch wenn Herr Moon modisch angekommen ist, musikalische Ziele formuliert er keine. "Ich weiß es nicht, wirklich nicht" überlegt kurz, um dann doch noch hinzuzufügen: "Ich werde wohl die Arbeit an einem neuen Album beginnen." Doch ob Moons neue Platte dabei ähnlich einschlägt wie sein Erstling, steht noch in den sprichwörtlichen Sternen.

TIPP

Das erste Album von Willy Moon "Here s Willy Moon" ist in Österreich bei Universal erschienen. Sein nächstes Konzert findet am 30. Oktober im Electric Ballroom in London statt. Danach will der gebürtige Neuseeländer an einem neuen Album arbeiten.

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