Salomonen: Königliche Südsee

(c) Elio Stamm
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Die Salomonen liegen weitab der Touristenströme. Das Paradies scheint zum Greifen nah. Das fand wohl auch das Herzogenpaar von Cambridge, William und Catherine.

(c) Elio Stamm

Ich zögere kurz, ehe ich mich draufschmeiße. Es ist immerhin das Bett, in dem George, der künftige König von Großbritannien gezeugt wurde – möglicherweise zumindest. Die Landung ist weich. Mindestens zwei Meter breit ist das Lager, aus massivem Edelholz geschnitzt, umhüllt von einem Moskitoschutz, der eher an ein Zelt als an ein Netz erinnert. Der royale Trubel lässt mich normalerweise kalt, nach Lady Dianas Tod vergoss ich keine Träne. Und doch übermannt mich nun, im Riesenbungalow liegend, ein erhabenes Gefühl.

Im September vor einem Jahr haben der Herzog und die Herzogin von Cambridge, besser bekannt als Prinz William und Kate, während ihres dreitägigen Besuchs der Salomoninseln hier eine Nacht verbracht. Im Tavanipupu Private Island Resort, 30 Flugminuten von der Hauptstadt Honiara entfernt, im Osten Guadalcanals. Für das frisch vermählte Paar war nur das Beste gut genug. Fünf Bungalows, Palmen, 28 Grad warmes Meerwasser einer türkisfarbenen Lagune, Sterneküche.

Weil Herzogin Kate kurz vor der Asien- und Ozeanienreise ohne Bikinitop fotografiert worden war, verfolgten die Medien jeden ihrer Schritte am anderen Ende der Welt, über das sonst nie berichtet wird. Es gab sogar einen Schlagzeilennachschlag, als rund zehn Wochen später der Buckingham Palace die Schwangerschaft der Herzogin von Cambridge bekannt gab und eifrige Journalisten die Empfängnis auf die Reisezeit zurückrechneten.

Ein ärmliches Paradies. Als wir auf der Sandpiste vor Tavanipupu landen, erwartet uns das gleiche Begrüßungsritual, das auch Prinz William und Kate und überhaupt jedem Reisenden zuteilwird: Ein Schnellboot fährt uns zur kleinen Insel vor der Küste. Dort wartet auf dem Landesteg schon Janette, eine Insulanerin, mit Trinkkokosnuss und Blumenkranz. Ein Blick vom Steg zeigt, dass auf dem Meeresboden mit Korallen „Tavanipupu“ geschrieben steht. So klar ist das Wasser. Ich unterbreche das Schlürfen und stehe mit offenem Mund da, was Janette ein breites Lachen auf ihr freundliches Gesicht zaubert.

Die Einwohner der Salomonen sind Melanesier. Sie erinnern an Schwarzafrikaner, bis auf das teils blonde Haar, das einige von ihnen haben. Sie haben wenig gemein mit den hellhäutigeren Polynesiern mit mandelförmigen Augen, wie sie in Neuseeland oder Hawaii leben.

Die Salomonen wurden 1978 unabhängig von Großbritannien, sind aber nach wie vor Commonwealth-Mitglied. Das drei Flugstunden nordöstlich von Australien gelegene Land gehört zu den ärmsten in Ozeanien. Die Wirtschaft erholt sich immer noch nicht von den ethnischen Unruhen von 1998 bis 2003, als 200 Menschen den Tod fanden. Das Land ist heute sicher. Doch die dunkle Vergangenheit hat den Tourismus nur langsam wachsen lassen. Lediglich 5000 Besucher zählen die Salomonen pro Jahr. Jene Touristen, die kommen, haben das Land mit einer halben Million Einwohner, die zersplittert auf sechs Haupt- und fast 1000 Nebeninseln leben, so praktisch für sich allein. Auf den Salomonen erlebe man den Pazifik immer noch so, wie es einst überall gewesen ist, hat der Reiseführer Lonely Planet kürzlich geschrieben. Und den Inselarchipel in seinem Ranking für die „heißesten“ Destinationen 2013 auf Rang sechs gehievt.

Dinner auf dem eigenen Steg. Eine Nacht auf Tavanipupu ist zu wenig, denke ich. Andrew serviert den vor zwei Stunden gefangenen Fisch. Auf unserer privaten Lounge auf dem eigenen, 20 Meter langen Steg mitten im Meer. „Wir haben ihn extra für die Royals gebaut“, sagt Andrew, der seit 20 Jahren im Resort arbeitet. Gegessen hätten William und Kate aber lieber auf dem Sitzplatz vor dem Bungalow.

Ich kann die Royals nur schwer verstehen. Der royale Bungalow – wobei das Wort „Bungalow“ der Größe der Unterkunft kaum gerecht wird – ist zugegebenermaßen ein Platz zum Wohlfühlen. Er mischt geschickt traditionelle Baumaterialen der Salomonen wie Holz und Bambus mit modernstem Innendesign und Technik. Und ja, sich im blickdicht geschützten Außenbereich unterm Sternenhimmel das Salz vom Körper zu duschen, ist ein Genuss. Und ja, auch die Veranda mit Blick auf Palmen und eigenen Salzstrand eignet sich formidabel für ein Dinner, wie es William und Kate genossen.

Aber ich sitze doch lieber auf dem Steg, „Jetty“, wie er im Englischen irgendwie besser klingt, führe mir den Fisch, der nicht nur frisch ist, sondern auch fantastisch schmeckt, zu Munde und lasse den Blick im lauen Abendwind 360 Grad übers dunkle, ruhige Meer schweifen.
Fische und Meeresfrüchte bilden den Kern der Mahlzeiten auf Tavanipupu und werden vom englischen Küchenchef Paul und seiner lokalen Crew mit Kreativität auf unterschiedlichste Art zubereitet. Einmal wird ein Kokos-Fisch-Curry serviert, dann wieder eine Lasagne mit Lobster.

Es ist mittlerweile 22 Uhr, meine Freundin und ich sitzen mit Bier und Rotwein noch immer in der Lounge, da paddelt Andrew an uns vorbei. Im eigenen Kanu. Wie alle Angestellten auf Tavanipupu lebt er in einem Dorf auf einer der kleinen Inseln in der Nähe. Er hat Feierabend und grüßt freundlich. Wir grüßen zurück und schwelgen in den Erinnerungen, die der Tag tief in unsere Hirnrinden gebrannt hat.



Robinsonade. Auf einer einsamen Insel, etwas außerhalb, hat uns ein Kollege von Andrew mit dem Motorboot abgesetzt. Robinson de luxe: Für drei Stunden gab es nur uns, die Sonne und eine Kühlbox mit Orangensaft und Müsli. In zwei Minuten ist die Insel, auf der es keine einzige Palme gibt, umrundet. Schatten spendet ein Bambushäuschen. Auf einer Seite der Insel Korallen, Meeresgetier, ja sogar ein kleiner Riffhai. Auf der anderen Seite flach abfallender, blendend weißer Sandstrand, kristallklares Wasser. Der schönste Outdoorpool dieses Planeten. Wir mussten uns zwicken, um zu glauben, dass wir nicht träumen.

Am nächsten Tag borge ich mir Andrews selbstgeschnitztes Kanu aus. Kann doch nicht so schwer sein, denke ich, nachdem ich nächtens beobachtet habe, wie die Kinder in ihren Kanus stehend gefischt haben. Mit der Balance klappt es bei mir aber nur mittelprächtig. Mit der Strömung auch. Ich rudere unkoordiniert und genieße doch jeden Moment.

Als ich wieder an Land bin, läuft mir ein alter weißer Mann über den Weg. Er fragt: „Was machen Sie auf meiner Insel?“ Meine Verwunderung weicht, als mir die Managerin erklärt, dass es sich um den ehemaligen Besitzer handelt. Er ist dement, wird rund um die Uhr von einer Angestellten betreut und hat die Insel seit 20 Jahren nicht mehr verlassen. Auf dem einzigen Hügel des Eilands ist die Asche seines Lebenspartners vergraben, mit dem gemeinsam er Tavanipupu, einst eine heruntergekommene Palmplantage, früher geführt hat.

Genau solche Begegnungen sind es, die den Besuch auf den Salomonen speziell machen. Das Meer ist so schön wie auf der touristisch wesentlich besser erschlossenen Nachbarinsel Fidschi, die Korallen sind atemberaubend wie im australischen Great Barrier Reef. Aber da ist noch mehr. Etwas Echtes, Ungeschöntes, weil das Land sich noch nicht für den Tourismus verbogen hat. Im farbenprächtigen Markt in der Hauptstadt Honiara genauso wie auf Tavanipupu. Das Luxusresort vereint, was westliche Urlauber unter Abschalten am perfekten Strand verstehen, mit der Möglichkeit, so viel ursprüngliches Inselleben wie gewünscht zu erleben.
Immer wieder kommen Bewohner der Nachbarinseln und bieten Holzschnitzereien an. Die Salomonen sind dafür berühmt, und hier im Osten Guadalcanals, ist der Preis wesentlich niedriger als in der Hauptstadt. Ich erwerbe einen Spazierstock mit eingeschnitzten Krokodilen und eine Kriegsmaske. Der Händler lädt mich auf einen Besuch in sein Dorf ein, doch uns fehlt leider die Zeit.

Skandal ist etwas anderes. Was eine solche Überfahrt im kleinen Bananenboot bedeutet, weiß ich aus meinen Reisen durch die Salomonen aber aus eigener Erfahrung. Dass einem die Wellen ins Gesicht spritzen, gehört dazu. Genauso wie der Schritt auf die Personenwaage, das Abwiegen, ehe man ins Kleinflugzeug steigt, nur um dann mitzubekommen, wie sich zwei extrem übergewichtige Damen fragen, weshalb sie als Einzige nicht auf die Waage mussten.

Die etwas gelockerten Flugvorschriften sind auf den Salomonen allerdings genauso wenig ein Skandal wie der Oberkörper der Herzogin von Cambridge. Entblößte Brüste sind hier – anders etwa als Oberschenkel, die man als westliche Touristin am öffentlichen Strand mit einer Short bedecken sollte – kein Grund zur Scham. Mehr Wellen in den lokalen Medien warf, dass Kates rotes Kleid bei der großen Parade nicht der Tradition der Salomonen entsprach, sondern von den Cookinseln stammte. Verantwortlich für das Missgeschick war eine mit der Designerin befreundete Amerikanerin. Sie schmuggelte das Kleid in Kates Garderobe und ist seither in Honiara  geächtet.

Tropenregen reißt mich aus meinen Träumen. Ich begebe mich zurück in den königlichen Bungalow. Hinauf aufs Bett, diesmal ohne Sprung, und ich lausche der Melodie, die die auf den Bungalow prasselnden Tropfen erzeugen.

Tipp

Willkommensritual: Blütenkränze gehören auf den Salomonen dazu.
Sommerfarbe. After-Sun-Bodyöl von Lancaster, um 35 Euro im Fachhandel.

Das Tavanipupu Private Island Resort, das exklusivste Resort auf den Salomonen, liegt im Marau Sound, im Osten Guadalcanals. Bungalows für zwei kosten zwischen 180 und 500 Euro pro Nacht, der „königliche“ Bungalow bis zu 800 Euro. Hinzu kommen 100 Euro pro Person und Tag für die Sterneküche. Wer es richtig exklusiv liebt, mietet gleich die ganze Insel für sich und seine Freunde.

Info: Der Autor lebt auf den Salomonen und bekam vom Resort für den Kate-und-William-Bungalow ein Upgrading. www.tavanipupu.com

Wer eine Reise nach Australien plant, der sollte die Salomonen im Hinterkopf haben. In drei Flugstunden ist die Hauptstadt Honiara von Brisbaneerreichbar. Die nationalen Solomon Airlines und Virgin Australia fliegen die Inseln an sechs Tagen die Woche an. Zwischen den Inseln verkehren kleinere Flugzeuge der Solomon Airlines und Fähren. Die Tageshöchsttemperatur beträgt das ganze Jahr über um die 30 Grad. Nachts wird es selten kühler als 20 Grad. Regenzeit ist von Oktober bis März, es regnet aber nicht ununterbrochen. Die Salomonen sind ein Paradies für Taucher und Schnorchler. Neben Korallen bietet die Unterwasserwelt auch rund 50 gesunkene Kriegsschiffe aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Wer will, schwimmt mit Delfinen oder schaut Schildkröten beim Schlüpfen zu. An Land lassen sich mithilfe lokaler Guides Dschungelwege, Wasserfälle oder Vulkane erkunden. Vom Luxusresort bis hin zur Dorfhütte, in der einem die Einheimschen das Skulpturenschnitzen oder Tanzen beibringen, gibt es ein kleine, aber feine Auswahl an Unterkünften. www.flysolomons.com; www.virginaustralia.com

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