Die Ex-Landesräte Uwe Scheuch und Harald Dobernig sowie Kurzzeit-BZÖ-Obmann Stefan Petzner dürften sich ebenfalls vor Gericht verantworten müssen. Der Verdacht lautet auf Untreue.
Wien. Die Ermittlungen dauerten mehr als zwei Jahre, jetzt enden sie mit einem Paukenschlag: Die einstige politische Führung Kärntens wird fast geschlossen angeklagt. Allen voran wird sich Ex-Landeshauptmann Gerhard Dörfler, der jetzt für die FPÖ im Bundesrat sitzt, vor Gericht wegen Untreue verantworten müssen. Das wurde der „Presse" am Montag in Justizkreisen bestätigt. Angeklagt werden dem Vernehmen nach auch die ehemaligen Landesräte Uwe Scheuch und Harald Dobernig sowie der Kurzzeit-BZÖ-Obmann Stefan Petzner. Diese Absicht fand sich zumindest vor etwa zwei Wochen in einem Vorhabensbericht der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) an das Justizministerium.
Während das Ressort von Beatrix Karl den Bericht noch prüfte, gab es neue Hinweise in der Causa. Ob dadurch einer der drei früheren BZÖ-Politiker entlastet wurde, ist nicht klar. Für alle genannten Personen gilt die Unschuldsvermutung. Weder im Justizministerium noch bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft wollte man sich am Montag zu der Causa äußern. Die WKStA teilte nur mit, man werde die Betroffenen und die Öffentlichkeit in den kommenden Tagen informieren.
In dem Fall geht es um Untreue in Zusammenhang mit einer 48-seitigen Broschüre des Landes Kärnten, die kurz vor der Landtagswahl 2009 als Zeitungsbeilage an alle Kärntner Haushalte verteilt wurde. Einen Großteil der Kosten in Höhe von 400.000 bis 500.000 Euro bezahlten Landesgesellschaften und damit der Steuerzahler. Die Broschüre war anfangs als Werbung für den Wirtschaftsstandort Kärnten gedacht, wurde dann aber unter Federführung Petzners überarbeitet. Am Ende glich sie in Aufmachung und Text dem Wahlkampf der BZÖ. So fand sich beispielsweise der BZÖ-Plakatslogan „Garantiert" mehrfach in der Broschüre.
Bereits der Landesrechnungshof übte in einem Bericht vernichtende Kritik an der Vorgehensweise. Vor allem daran, dass das im Jahr 2008 entwickelte Grundkonzept „im Interesse einer wahlwerbenden Partei adaptiert und im Zuge des Wahlkampfes verwertet" wurde. Zwar bezahlte das BZÖ einen Teil der Kosten der Broschüre, der sei aber mit lediglich 15 Prozent viel zu gering bemessen gewesen, stellte der Rechnungshof fest.
Anzeige durch FPÖ
Der ironische Witz in der ganzen Causa: Die Staatsanwaltschaft begann nach einer Anzeige des damaligen politischen Gegners FPÖ gegen die BZÖ-Politiker zu ermitteln. Die FPÖ hatte in Zusammenhang mit der Broschüre von einem „schweren und ganz besonders dreisten Fall von Amtsmissbrauch" gesprochen. Heute sind die meisten Betroffenen Mitglieder der FPÖ.
Seit Oktober 2008 stand er an der Spitze des südlichsten Bundeslandes, im März 2013 musste Gerhard Dörfler den Sessel des Landeshauptmannes räumen. Die FPK rasselte von 44,9 Prozent 2009 auf 16,9 Prozent - und musste sich der SPÖ geschlagen geben. Im November der nächste Schlag: Gegen Dörfler wird Anklage wegen des Verdachts auf Untreue erhoben. Ein Blick auf den Werdegang des gefallenen Freiheitlichen. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
Seit seinem Einstieg in die Politik im März 2001 hat sich Gerhard Dörfler als umtriebiger, manchmal aktionistischer Landespolitiker erwiesen, der schon auch einmal die Motorsäge selbst zur Hand nimmt, um Bäume umzuschneiden, die einem Verkehrsprojekt im Wege stehen. Während er immer wieder heftige Kritik für so manches "verbale Glanzstück" einstecken musste, punktet er mit seiner Zugänglichkeit. "Ich bin ein Politiker anderer Art", meinte er einst. (c) AP (Andreas Schaad)
Dörfler wurde unter Jörg Haider 2004 Regierungsmitglied und 1. Landeshauptmann-Stellvertreter. Sein Ressort umfasste die Bereiche Tourismus, Verkehr und Straßenbau, Familienförderung, Kindergärten und Besondere Seniorenförderung. "Dörfler hat überall, wo er bisher tätig war, Bestleistungen erbracht. Das Land Kärnten aber braucht Bestleistungen", sagte Haider damals. "Es ist eine interessante Aufgabe, für Kärnten und seine Bevölkerung politisch tätig zu sein", meinte Dörfler. (c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
Nach Haiders überraschendem Unfalltod im Oktober 2008 - "Die Sonne ist vom Himmel gefallen" -, übernahm dessen "politischer Ziehsohn" Dörfler den Posten als Landeshauptmann, 2009 schaffte die FPK unter ihm 44,9 Prozent bei der Landtagswahl. (c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
2011 wurde unter Mitwirkung von Dörfler der Ortstafelstreit durch die Einigung auf ein Memorandum, welches im neuen Volksgruppengesetz mit Verfassungsmehrheit niedergeschrieben wurde, beigelegt. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Den Landesvater kennt man mittlerweile auch bei der Justiz. So wird gegen ihn wegen einer Broschüre ermittelt, die im Wahlkampf 2009 vom Land Kärnten um 500.000 Euro Steuergeld herausgegeben wurde. Sie ähnelte auffallend der Werbelinie des BZÖ. Auch in Zusammenhang mit der FPK-Werbeagentur "connect" wird ermittelt. Sie hatte 2011 Baufirmen fünfstellige Beträge für "Layoutberatung" in Rechnung gestellt. Gezahlt wurde teils nicht einmal an die Agentur, sondern direkt an die freiheitliche Partei. (c) APA (BARBARA GINDL)
Dörfler wurde am 29. Mai 1955 in Deutsch-Griffen geboren. Er ist ausgebildeter Bankkaufmann und führte vor seinem Polit-Einstieg die Schleppe Brauerei in Klagenfurt. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
Zu seinen Hobbys gehört das Holzfällen – auch in einem Wahlkampfsport war der Naturliebhaber mit Axt und beim Lagerfeuer zu sehen. Ruft man den Politiker am Handy an, erklingt überdies das Geräusch einer startenden Motorsäge. Auch Beton liegt Dörfler am Herzen: So kippte er schon einmal bei einem Brückenbauprojekt höchstpersönlich die letzte Ladung in die Schalung. (c) GEPA pictures (GEPA pictures/ Wolfgang Jannach)
Dörfler ist verheiratet und hat zwei Töchter. Die Familie wohnt in Himmelberg. Das markenzeichend es Familienvaters sind seine zahlreichen Freundschaftsbänder, die er am rechten Handgelenk trägt. Auch sehr häufig zu sehen ist der 57-Jährige in einer orangen Warnjacke. (c) APA (LPD/JOSEF BODNER)
Als Sportler war er mehrfacher Kärntner Meister im Mittel- und Langstreckenlauf und österreichischer Juniorenmeister im Crosslauf. Bei der Landtagswahl am 3. März 2013 schaffte er es dennoch nicht als Erster durch das Ziel. (c) AP (RONALD ZAK)
Im November folgte der nächste Schlag: Gegen den Altlandeshauptmann wird wegen einer Wahlkampfbroschüre des damaligen BZÖ in Kärnten Anklage erhoben. Der Verdacht lautet auf Untreue. (c) APA/GERT EGGENBERGER (GERT EGGENBERGER)
Der frühere Kärntner Landeshauptmann muss gemeinsam mit drei weiteren FPÖ/BZÖ-Spitzenfunktionären auf die Anklagebank. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft.