Er habe der Staatsanwaltschaft bereits etliche Belege geliefert, die ihn von jedem Verdacht entlasteten, sagt der Kunsthändlersohn.
Der Besitzer des Münchner Kunstschatzes, Cornelius Gurlitt, will alle Bilder behalten. "Freiwillig gebe ich nichts zurück", sagte der 80-Jährige dem deutschen Magazin "Spiegel". Überhaupt habe sein Vater die rund 1400 Kunstwerke, die im Februar 2012 in seiner Wohnung sichergestellt wurden, allesamt rechtmäßig erworben.
Die Justiz und die Öffentlichkeit stellten hingegen "alles falsch dar", so Gurlitt gegenüber dem Blatt. Außerdem habe er der Staatsanwaltschaft bereits genug Belege geliefert, die ihn von jedem Verdacht entlasteten, betonte der Sohn des Nazi-Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt. Die Justiz geht indes davon aus, dass an die 600 der über 1000 Werke davon NS-Raubgut sein könnten. Ermittlungen gegen Gurlitt wegen Steuerhinterziehung und Unterschlagung laufen.
"Ich bin doch nicht Boris Becker"
Von der öffentlichen Debatte um seine Person zeigte sich Gurlitt im Interview schockiert: "Ich bin doch nicht Boris Becker, was wollen diese Menschen nur von mir?" Und: "Ich habe doch nur mit meinen Bildern leben wollen."
Zur Beschlagnahmung der Gemälde, Grafiken und Zeichnungen meinte er: "Die hätten doch warten können mit den Bildern, bis ich tot bin." Die Familiensammlung, die ihm per Erbe zugefallen war, sei sein Lebensinhalt gewesen: "Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt."
Bei dem spektakulären Kunstfund in München sind auch bisher völlig unbekannte Meisterwerke entdeckt worden. Die Sammlung, die in der Wohnung des 80-jährigen Cornelius Gurlitt (Sohn von Hitlers Kunsthändler Hildebrand Gurlitt) entdeckt wurde, sei von außerordentlicher ästhetischer Qualität und großem wissenschaftlichem Wert, sagte die Berliner Kunsthistorikerin Meike Hoffmann. Sie stellte elf von mehr als 1400 Kunstwerken offiziell vor. Ein Teil der Sammlung setze sich "eindeutig aus der Beschlagnahme" für die Nazi-Propaganda-Aktion "Entartete Kunst" zusammen, so Hoffmann. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Canaletto (1697-1768), Radierung, Ansicht von Padua, im Werkverzeichnis enthalten, Herkunft nicht geklärt. REUTERS
Carl Spitzweg (1808-1885), Zeichnung, "Das musizierende Paar". Es handelt sich um eine Vorzeichnung zu einem Gemälde, das im Werkverzeichnis erfasst ist. REUTERS
Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Farbholzschnitt mit Motiv eines Mädchens, Herkunft: Kunsthalle Mannheim. In dieser Farbigkeit war die Druckgrafik Kirchners bisher nicht bekannt. Kunstexpertin Hoffmann nannte es "sehr wertvoll", denn die Künstlergruppe Die Brücke, zu der Kirchner gehörte, fertigte solche Holzschnitte in sehr geringer Auflage an, erklärte Hoffmann. Bei den Farbauflagen handle es sich um Unikate. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Max Beckmann (1884-1950), Gemälde aus Zandvoort, im Werkverzeichnis enthalten.
Franz Marc (1880-1916), Gouache, "Landschaft mit Pferden", Herkunft: Kunst- und Gewerbemuseum in Moritzburg. (c) EPA (MARC MUELLER)
Gustave Courbet (1819-1877), "Mädchen mit Ziege". Von dem Bild gibt es zwei Versionen, die beide im Werkverzeichnis deklariert sind. Das beschlagnahmte Bild galt als verschollen. Es wurde laut Hoffmann erst 1949 auf einer Auktion versteigert. Das Bild geriet also erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in die Sammlung Gurlitt. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Marc Chagall (1887-1985), Gouache einer allegorischen Szene, nicht im Werkverzeichnis enthalten, Herkunft nicht eindeutig bestimmt. Die Recherche dürfte sehr, sehr schwierig werden, so Hoffmann. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Henri Matisse (1869-1954), Gemälde einer sitzenden Frau, nicht im Werkverzeichnis enthalten. Das Bild dürfte Mitte der 1920er Jahre entstanden sein. Es wurde 1942 vom Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg in einem Banktresor im französischen Libourne beschlagnahmt. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Max Liebermann (1847-1935), Gemälde, Zwei Reiter am Strand. In der Münchner Sammlung wurden weitere Zeichnungen und Skizzen Liebermanns gefunden. Es gibt gibt zahlreiche Versionen von Reiter- und Strandbildern von Liebermann, nur wenige seiner Bilder galten unter den Nazis als "entartete Kunst". (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Otto Dix (1891-1969), Farblithographie, Motiv einer älteren Dame. Die Herkunft kann nicht eindeutig nachgewiesen werden. In der Sammlung sind mehrere Grafiken von Dix enthalten, die im Zuge der Aktion "Entartete Kunst" beschlagnahmt wurden. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
Otto Dix, Selbstporträt, das bisher völlig unbekannt war und weder im Werkverzeichnis noch irgendwo anders publiziert wurde. Es dürfte um 1919 entstanden sein. Damit ist es laut Hoffmann eines der ganz wenigen Werke, die Dix gleich nach dem Ersten Weltkrieg malte. (c) REUTERS (MICHAEL DALDER)
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