Prozess: Hypo beziffert Schaden noch höher

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Laut Anwalt der Hypo Alpe Adria war der Schaden, der durch den Vorzugsaktien-Deal entstanden ist, mit 26,6 Mio. Euro deutlich höher, als von der Staatsanwaltschaft angegeben wird.

Klagenfurt. Unter großem medialem Interesse startete Montagfrüh im Landesgericht Klagenfurt der größte Strafprozess in der Causa rund um die Hypo Alpe Adria. Vor Verhandlungsbeginn gaben sich die vier angeklagten Ex-Hypo-Manager Wolfgang Kulterer, Josef Kircher, Siegfried Grigg und Tilo Berlin sowie die Vertreter der ebenfalls angeklagten Flick-Privatstiftung jedoch ziemlich wortkarg. Nur der bereits rechtskräftig zu dreieinhalb Jahren verurteilte Kulterer stellte sich den Fragen der Journalisten und verteidigte seine Sichtweise der Dinge. „Ich bin nach wie vor überzeugt, dass die Vorzugsaktiengeschichte korrekt ist. Das ist Eigenkapital. Und das wird sich im Verfahren auch herausstellen“, so Kulterer.

Eigenkapital? Das ist die Frage

Die von Kulterer genannte „Vorzugsaktiengeschichte“ ist der Grund für die Anklage. Konkret geht es dabei um Vorzugsaktien der Hypo Alpe Adria, die einst um 100 Mio. Euro an finanziell potente Großinvestoren verkauft wurden – neben der Flick-Stiftung waren dies unter anderem eine Firma des Bauunternehmers Walter Moser sowie Ex-Kika-Leiner-Chef Herbert Koch. Die Hypo wollte so dringend benötigtes Eigenkapital auftreiben, um ihre Geschäfte ausweiten zu können.

Da sich die Vorzugsaktien nur schwer verkaufen ließen, wurde den Käufern in geheimen Nebenabsprachen garantiert, dass man die Papiere auf Wunsch der Käufer jederzeit wieder zum Nominale zurücknehmen werde. Laut Staatsanwaltschaft habe es sich dadurch nicht nur um ein völlig risikoloses Geschäft für die Investoren gehandelt, das Geld hätte aufgrund der Garantie für eine jederzeitige Rücknahme auch nicht als Eigenkapital verbucht werden dürfen.

Dadurch seien einerseits die Bilanzen für die Jahre 2006 und 2007 unrichtig erstellt und andererseits die Hypo Alpe Adria geschädigt worden. Dies unter anderem deshalb, weil eine höhere Dividende ausgeschüttet worden ist, als bei Aktien mit einer Rücknahmegarantie angemessen sei. Beziffert wird der Gesamtschaden von Staatsanwalt Robert Riffel mit rund acht Millionen Euro.

Ein Betrag, der laut dem Anwalt der Hypo Alpe Adria, die sich als Privatbeteiligte dem Verfahren angeschlossen hat, jedoch noch viel zu niedrig gegriffen ist. So rechnete Hypo-Anwalt Thomas Kralik am Montag vor, dass der Gesamtschaden in Wirklichkeit bei 26,6 Mio. Euro liege. Die Anklage gehe nämlich „zugunsten der Angeklagten zu Unrecht davon aus“, dass Refinanzierungsmittel vom Schaden abzuziehen seien.

Völlig konträr sieht man die Sachlage naturgemäß auf der anderen Seite des Gerichtssaals – auf der Anklagebank und bei den Anwälten der Angeklagten. So argumentiert etwa Josef Herbst, der Verteidiger von Siegfried Grigg, dass es ohne Vorzugsaktien ja eine anderweitige Aufstockung des Eigenkapitals geben hätte müssen. Dafür wären dann langfristige Anleihen notwendig gewesen, die ebenfalls Kosten und Risken verursacht hätten.

Keine Angabe über Vermögen

Die Angeklagten bekannten sich daher auch allesamt „nicht schuldig“. Für Aufregung sorgte Tilo Berlin, da er die – von einem Angeklagten vor Gericht übliche – Bekanntgabe seiner Vermögensverhältnisse „aus Diskretionsgründen“ verweigerte. Richter Christian Liebhauser-Karl erklärte daraufhin, dass er in diesem Fall einen Sachverständigen bestellen müsse, der die Eigentumsverhältnisse feststellen werde.

Sachverständige waren aber auch in der Hauptsache des Prozesses ein Thema. So forderte der Großteil der Verteidiger die Einsetzung eines neuen Gutachters, da sie den vom Gericht bestellten Experten aus fachlichen Gründen ablehnen. Liebhauser-Karl lehnte die entsprechenden Anträge der Verteidiger jedoch ab. Am Mittwoch wird der Prozess mit der Einvernahme der Angeklagten fortgesetzt. Ein Urteil wird nicht vor Jänner erwartet. (APA/jaz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2013)

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