Mario Draghi verteidigte beim Europäischen Bankenkongress die EZB-Niedrigzinspolitik und warnte vor einem neuen Nationalismus. Die Zentralbank müsse Entscheidungen für die gesamte Eurozone treffen.
EZB-Präsident Mario Draghi hat in Deutschland eindringlich vor einem "nationalistischen Unterton" in der aktuellen Debatte über die Niedrigzinspolitik der Zentralbank gewarnt. "Es ist entscheidend, dass wir uns nicht auf rein nationale Perspektiven zurückziehen, mit einem engen Blick auf unsere Interessen", sagte Draghi laut "Spiegel Online" beim Europäischen Banken Kongress in Frankfurt. "Wir müssen eine europäische Perspektive beibehalten".
Die EZB hatte Anfang November den Leitzins auf einen Rekordtief von 0,25 Prozent gesenkt. Spätestens seitdem weht dem Italiener aus Ländern wie Deutschland und Österreich ein scharfer Wind entgegen. Denn: Sparer werden systematisch enteignet. Der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, der nicht am Bankenkongress anwesend war, hatte schon am Donnerstag gewarnt, es dürfe nicht der Verdacht aufkommen, dass die Geldpolitik der "Solvenzsicherung des Staats" untergeordnet werde. Dieser Eindruck könne entstehen, wenn der Notenbankzins länger niedrig bleibe, als es für die Preisstabilität - dem obersten Ziel der EZB - nötig sei.
"Die Leute würden ihre Jobs verlieren"
Wenn die Mitglieder des EZB-Rates ihre Entscheidungen träfen, seien sie nicht Deutsche, Franzosen, Italiener oder Spanier, sondern agierten als Europäer. Die Zentralbank müsse Entscheidungen für die gesamte Eurozone treffen. Würde die EZB die Zinsen anheben, würde dies die ohnehin schwache Wirtschaft noch stärker bremsen. "Die Leute würden ihre Jobs verlieren und ihre Ersparnisse würden über längere Zeit noch geringer sein", sagte Draghi laut "Spiegel Online". Für Deutschland stellte Draghi höhere Zinsen in Aussicht, sobald die Unsicherheit in der Eurozone beseitigt sei.
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(Red.)