Hypo-Prozess: Kulterer reitet eine Gegenattacke

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Der Exchef der Hypo Alpe Adria verteidigt vor Gericht den umstrittenen Vorzugsaktiendeal als gesetzeskonform und beklagt sich über die „Aggressivität der Einvernahme“.

Wien. Im Prozess um die Hypo Alpe Adria war am Dienstag Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer am Wort. Und der nutzte die Gelegenheit zu einem längeren Vortrag über die Feinheiten des Bankwesens, die beweisen sollten, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der Untreue und Bilanzfälschung in Zusammenhang mit der Ausgabe von Vorzugsaktien nicht stichhaltig seien.

Wie berichtet, hatte die Hypo Alpe Adria wegen aufgetretener Eigenmittelunterdeckung Vorzugsaktien an eine Reihe von Investoren ausgegeben und diesen gleichzeitig per Put-Option die Rücknahme zugesichert. Die Hypo war damit ihre Eigenmittelsorgen vorerst los – und eine Reihe von Wörthersee-Promis und Industriellen (darunter auch die Flick-Stiftung) durfte sich nicht zuletzt wegen einer vereinbarten Sonderdividende (von der Kulterer sagt, sie sei nicht seine Idee gewesen, er habe bei deren Beschluss in der Bank gar nichts mehr mitzureden gehabt) über ein sattes, praktisch risikoloses Geschäft freuen.

Schaden in Millionenhöhe

Allerdings: Staatsanwaltschaft und der vom Gericht beauftragte Gutachter sind der Meinung, dass die Vorzugsaktien wegen der Rückgabemöglichkeit nicht den Eigenmitteln der Konzernmutter hätten zugerechnet werden dürfen. Fazit: Durch die falsche Verbuchung als Eigenmittel sei die Bilanz nicht korrekt, der Bank sei zudem, darauf fußt der Untreuevorwurf, ein Schaden in Millionenhöhe entstanden.

Das scheint freilich nicht so klar zu sein: Mehrere von Kulterer beziehungsweise dessen Verteidiger Dieter Böhmdorfer beauftragte (vom Gericht aber nicht zugelassene) Privatgutachter kommen nämlich zu ziemlich gegensätzlichen Schlüssen.

Der Wiener WU-Professor Leo Chini beispielsweise, der als Spezialist für das Bankwesengesetz (BWG) gilt, widerspricht der Linie der Anklage diametral: Bei der Eigenmittelfähigkeit der Vorzugsaktien komme es nicht darauf an, ob diese aufkündbar seien, sondern ob sie in den Händen Dritter seien (die im Falle der Insolvenz das volle Risiko tragen). Das sei der Fall gewesen.

Offenbar hatten das eine Zeit lang auch die Aufsichtsbehörden so gesehen, denn die Eigenmittelausstattung einer Bank muss täglich errechnet und regelmäßig an FMA und Nationalbank gemeldet werden. Hätte die Nationalbank Zweifel an der „Eigenmittelfähigkeit“ der Vorzugsaktien gehabt, hätte sie zwingend Strafzinsen vorschreiben müssen. Das ist aber nicht geschehen.

Kulterer führte zu seiner Verteidigung noch ein weiteres Beispiel an: Genossenschaftsanteile werden bei Raiffeisen und den Volksbanken anstandslos als Eigenmittel angerechnet, obwohl sie jederzeit kündbar (und damit den mit Put-Optionen versehenen Vorzugsaktien vergleichbar) seien. Bei den Genossenschaftsbanken würde sogar der Haftungszuschuss, den die Genossenschafter versprechen, aber nicht einzahlen, zu den Eigenmitteln gerechnet.

Gericht ist unbeeindruckt

Auf das Gericht dürfte der Ausflug Kulterers in die Tiefen des Bankwesengesetzes freilich wenig Wirkung gehabt haben. Der wegen anderer Delikte in Zusammenhang mit der Hypo bereits verurteilte Exbanker beklagte sich gegen Mittag über die „Aggressivität der Einvernahme“ – worauf diese unterbrochen und auf heute, Mittwoch, vertagt wurde. Wegen eines schon früher erfolgten Geständnisses des Mitangeklagten Josef Kircher (früher Chef der Hypo Leasing) wurde die Schadenssumme von der Staatsanwaltschaft sogar von drei auf sechs Mio. Euro erweitert.

Privatgutachter Chini zweifelt den Schaden im Übrigen an: Durch die Zurechnung der Vorzugsaktien zu den Eigenmitteln habe die Hypo nämlich mehr Kredite vergeben können, als dies sonst der Fall gewesen wäre – wodurch kein Schaden, sondern ein Gewinn von 33 Mio. Euro entstanden sei. (ju)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.11.2013)

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