Culture Clash

Das Glück, soziopolitisch

Eine neue Studie ist der Frage nachgegangen, welche demografischen Merkmale mit dem Glücklichsein korrelieren. Der stärkste Faktor mag überraschend sein.

Bevor er zu Ende geht, möchte ich auf jene Studie dieses Sommers hinweisen, die am meisten eine ausführlichere öffentliche Befassung verdient hätte. Sie stammt vom renommierten amerikanischen Wirtschafts- und Politikwissenschaftler Sam Peltzman, nach dem der Peltzman-Effekt benannt ist, nämlich die Zunahme von sorglosem Verhalten durch Sicherheitsmaßnahmen (wie etwa eines Sicherheitsgurts im Auto). Peltzman fasste im Juli unter dem Titel „The Socio Political Demography of Happiness“ Erkenntnisse aus der Glücksforschung zusammen.

Seit 1972 bekamen zwischen 1500 und 3000 repräsentativ ausgewählte US-Amerikaner regelmäßig die Frage gestellt, ob sie sich „alles in allem“ zurzeit als „sehr glücklich (happy)“, „ziemlich glücklich“ oder „wenig glücklich“ beschreiben würden. Peltzman hat daraus eine Skala von –100 bis +100 Punkten gebildet und untersucht, welche Faktoren den größten Unterschied machen. Wobei insgesamt das Glücksempfinden seit der Jahrtausendwende merkbar gesunken ist.

Das Alter macht jedenfalls beim Glücklichsein keine großen Unterschiede. Auch das Geschlecht nicht: Das Glücklichsein der Frauen ist seit 1972 kontinuierlich gesunken, sodass es mittlerweile auf das von vornherein geringere Niveau der Männer gefallen ist. Einen gewissen Unterschied macht die „Rasse“: Weil das Glücksgefühl der Schwarzen sich stetig verbessert hat, liegen die Weißen aber nicht mehr weit vorn. Konservative sind tendenziell ein wenig glücklicher als Liberale, auch macht – in dieser Statistik – Geld doch glücklicher.

Aber den mit weitem Abstand größten Unterschied, nämlich gut 30 Punkte, macht aus, ob man verheiratet ist. Unverheiratete – egal ob verwitwet, geschieden oder nie geheiratet – hinken in ihrem Glücksempfinden seit 1972 in unverändertem Abstand den Eheleuten nach. Der Unterschied ist so markant, dass der dramatische Rückgang an Verheirateten in der US-Bevölkerung seit Beginn der Umfrage statistisch den Großteil des allgemeinen Glück-Abwärtstrends erklärt.

Natürlich gibt es Caveats: Heißen die Ergebnisse, dass Heiraten tendenziell glücklicher macht? Oder nur, dass Glückliche leichter einen Ehepartner finden und verheiratet bleiben? Und sind die Ergebnisse aus den USA für den gesamten Westen typisch? Die Ergebnisse sind auch nicht unbedingt neu. Aber für eine Gesellschaft, der das Glücklichsein doch zumindest so viel bedeuten sollte wie die individualisierte Selbstverwirklichung ohne normatives Leitmodell (sozusagen im luftleeren Raum), wäre es doch lohnend, sich damit zu beschäftigen.

Der Autor war stv. Chefredakteur der „Presse“ und ist nun Kommunikationschef der Erzdiözese Wien.


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