Fußball

Deutschland sucht den Teamchef-Superstar

Rudi Völler muss es richten. Gelingt das?
Rudi Völler muss es richten. Gelingt das?Imago / Beautiful Sports/wunderl
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Gelingt gegen Frankreich eine Trendwende, was kann Rudi Völler in einem Spiel bewirken? Deutschlands Fußball bangt um den Erfolg bei der Heim-EM 2024, die Teamchefsuche läuft nach der Entlassung von Hansi Flick. Das Roulette dreht sich: Klopp, Glasner, Van Gaal, Nagelsmann, Schmidt – oder Hasenhüttl? Ralf Rangnick winkt definitiv ab.

Dortmund. Hansi Flick ist, für viele viel zu spät, Geschichte. Deutschlands Fußball-Team stagniert, läuft seit dem WM-Sieg 2014 dem Erfolg hinterher Auf dem Weg zur Heim-EM 2024 warten viele Hürden, die Suche nach einem neuen Teamchef befeuert die Angst, dass auch das Spektakel im eigenen Land keine erfolgsversprechende Angelegenheit wird. Im ersten Länderspiel nach Flick trifft die DFB-Elf am Dienstag in Dortmund auf Frankreich. Und da sitzt, für ein Spiel jedenfalls, mit Rudi Völler ein ehemaliger Teamchef wieder auf der Bank. Für Skeptiker ein Indiz dafür, dass der Verband keinen Plan hatte bei der Entlassung Flicks, der am Sonntagvormittag sogar noch das Training geleitet hat. Für Optimisten ist es der Aufbruch in eine neue Ära. Was spricht dafür, was dagegen – bleibt Völler gar, weil weder Nagelsmann, Glasner, Van Gaal, Rangnick etc. diesen „Schleudersitz“ wirklich wollen?

Die ernüchternde Bilanz

Deutschland bestreitet Dienstag (21, live ARD) gegen WM-Finalist Frankreich das 1004. Länderspiel. In der Bilanz stehen 578 Siege, 208 Unentschieden und 217 Niederlagen. Das Torverhältnis lautet 2254:1184. Seit nunmehr fünf Spielen in Folge ist man sieglos.

Teamchef

Das 1:4 gegen Japan war das 25. und letzte Länderspiel unter Flick. Nach zwölf Siegen, sieben Unentschieden und sechs Niederlagen vollzog der Verband eine „Notbremsung“. Gegen Frankreich wird DFB-Sportdirektor Rudi Völler übergangsweise als Teamchef fungieren. Der 63-Jährige war bereits von 2000 bis zu seinem Rücktritt nach dem EM-Vorrunden-Aus 2004 in Portugal auf diesem Posten, in 53 Länderspielen feierte Völler als Teamchef 30 Siege. Dazu gab es zehn Unentschieden und 13 Niederlagen. Legendär bleibt seine „Weizen“-Debatte mit TV-Moderator Waldemar Hartmann 2003 nach dem 0:0 in Island.

19 Jahre später muss es Völler wieder richten?

Der Gegner

In 32 Partien gegen Frankreich stehen neun Siegen 15 Niederlagen gegenüber. Die Heimbilanz ist mit sechs Siegen bei fünf Niederlagen immerhin positiv. Das letzte Duell gewannen die Franzosen zum Auftakt der Gruppenphase bei der EM 2021 in München mit 1:0. Eigentor: Mats Hummels.

Müller kommt zurück

Der nachnominierte und gegen Japan eingewechselte Thomas Müller ist mit 122 Länderspielen (44 Tore) der erfahrenste Akteur in Völlers Aufgebot. Dahinter folgt der umstrittene Joshua Kimmich mit 80 Einsätzen.

Die Kandidaten

Jürgen Klopp wäre es zuzutrauen, mit seiner positiven Art die dringend benötigte Euphorie für die Heim-EM zu erzeugen, schreibt die Deutsche Presse-Agentur. Doch der ist bis 2026 an Liverpool gebunden und hat abgewunken.

Ralf Rangnick schloss aus, Deutschland zu helfen. Er ist mit dem ÖFB-Team auf bestem Wege zur EM 2024. Ob er bereitstehen würde, wurde er gefragt vor der Abreise nach Stockholm? Rangnick: „Nein!“

Julian Nagelsmann, dessen Image nach seinem wenig ruhmreichen Abgang beim FC Bayern München gelitten hat, wäre verfügbar, trägt jedoch ein Preisschild. Der FCB würde eine hohe Ablöse verlangen, wird kolportiert, ließ jedoch Flick ebenso ziehen. Das Alter, 36, dürfte intern kontrovers diskutiert werden.

Stefan Kuntz muss nach dem jüngsten 1:1 gegen Armenien um seinen Job als Teamchef der Türkei bangen. Das könnte für den DFB hilfreich sein. Intern wird er aufgrund seines Kommunikationsstils geschätzt. Der Europameister von 1996 würde sich aber kaum nur als Übergangslösung bis zur Heim-EM sehen.

Matthias Sammer arbeitet als Berater seines langjährigen Arbeitgebers Borussia Dortmund. Zuletzt war der frühere Weltklasse-Libero vor knapp zwei Jahrzehnten als Trainer tätig. Den Bundestrainer-Job bis zur Heim-EM hat er kürzlich im Interview der „Süddeutschen Zeitung“ ausgeschlossen. „Ich habe vor einiger Zeit für mich die Entscheidung getroffen, dass ich operativ nicht mehr tätig sein möchte. Dabei soll es auch bleiben.“

Oliver Glasner fällt bei den Spekulationen um eine mögliche Flick-Nachfolge, weil der Oberösterreicher vereinslos ist und den deutschen Fußball aus seiner Zeit bei Eintracht Frankfurt und beim VfL Wolfsburg sehr gut kennt. Mit dem Gewinn der Europa League vor einem Jahr hatte Glasner zudem bewiesen, dass er große Titel gewinnen kann. Ebenfalls aktuell ohne Club ist Ex-Erfolgstrainer Jogi Löw, der Deutschland 2014 in Brasilien zum WM-Titel geführt hat.

Ex-Salzburg-Trainer Roger Schmidt ist zuletzt mit Benfica Lissabon portugiesischer Meister geworden, hat in Portugal aber noch einen Vertrag bis 2026.

Louis van Gaal kokettierte in der „Bild“-Zeitung mit dem Satz: „Normalerweise trainiere ich nicht mehr bei einem Verein, aber ein vielversprechendes Land hat immer noch eine Chance, mich zu überzeugen!“ Der 72-Jährige hat etliche Erfolge vorzuweisen (auch mit dem FC Bayern), er trainierte die Niederlande. Aber steht er für die Zukunft?

Und was ist mit Ralph Hasenhüttl? Auch er wäre der erste Nicht-Deutsche als DFB-Teamchef, hat aber große Erfahrung in der Liga.

(DPA/fin)

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