Zähe Verhandlungen in Genf lassen leichten Optimismus aufkeimen. Die Streitparteien würden jedoch nicht am selben Tisch sitzen, heißt es.
Nach fast drei Jahren Bürgerkrieg keimt erstmals Hoffnung auf eine Verbesserung der Lage für die Menschen in Syrien auf. Trotz erheblicher Probleme im Vorfeld der Genfer Friedensgespräche kamen die Delegationen von Regierung und Opposition am Samstag erstmals zu Verhandlungen in einem Raum zusammen.
Nach Angaben des internationalen Vermittlers Lakhdar Brahimi bisher nichts Entscheidendes herausgekommen. "Wir haben nicht viel erreicht, aber wir machen weiter", sagte Brahimi am Samstag. "Wir machen keine einzelnen Schritte, wir gehen mit halben Schritten voran", erklärte der algerische Diplomat. Er hoffe, dass sich beide Seiten am Sonntag zumindest darauf einigten, Hilfslieferungen in die seit Monaten von der Armee belagerte und von Rebellen gehaltene Altstadt von Homs zu lassen. Sollte dies gelingen, könnte ein Konvoi bereits Montag in Homs eintreffen, so Brahimi. Außerdem wolle er einen Gefangenenaustausch zum Thema machen, erklärte der UNO-Sondergesandte.
"Besser als erwartet"
"Extrem schwierig, aber besser als erwartet", lautete auch das Fazit der meisten westlichen Beobachter nach dem Start der Treffen. Offiziell war die Rede von "direkten Gesprächen" zwischen den Vertretern des Regimes von Präsident Bashar al-Assad und der Exil-Opposition. Ahmed Ramadan, ein Mitglied der Delegation der Regierungsgegner, berichtete jedoch, UNO-Vermittler Lakhdar Brahimi betreibe eine Art Pendeldiplomatie auf engstem Raum. Demnach wurden für die Vertreter der verfeindeten Lager zwei getrennte Tische in den Verhandlungssaal gestellt. Brahimi und sein Team hätten die Botschaften der einen Seite an die jeweils andere Seite übermittelt.
Wo soll Waffenruhe beginnen?
Am Nachmittag ging es dem Vernehmen nach, um die Frage, wo es zuerst eine Waffenruhe geben soll. Die Opposition schlug die Stadt Homs vor, da die Menschen dort seit November 2012 weitgehend von der Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten abgeschnitten sind. Beobachter vermuteten außerdem, die Opposition habe diesen Vorschlag gemacht, weil sie auf die Rebellen in Homs mehr Einfluss hat als etwa auf die Kampfverbände in der Stadt Aleppo.
Syriens Außenminister Walid al-Mouallem hatte bei einem Besuch in Moskau vor einigen Tagen eine mögliche Waffenruhe für Aleppo ins Gespräch gebracht. Laut Opposition soll von Sonntag an außerdem das besonders umstrittene Thema "Übergangsregierung" behandelt werden.
Nach der ersten gemeinsamen Sitzung Samstagfrüh hatten Vertreter beider Seiten übereinstimmend berichtet, nur der UNO-Vermittler habe das Wort ergriffen. Dagegen hätten die Delegierten von Regierung und Opposition eine halbe Stunde lang nur eisig geschwiegen.
Genf-1-Vereinbarung ist Grundlage
Brahimi betonte zu Beginn nach Angaben aus Delegationskreisen, Ziel der Verhandlungen sei es, den blutigen Konflikt in Syrien zu beenden. Außerdem wies er erneut darauf hin, dass die sogenannte Genf-1-Vereinbarung die Grundlage der Gespräche sei. Diese Vereinbarung vom Juni 2012 sieht auch die Bildung einer Übergangsregierung unter Beteiligung der Opposition vor. Dagegen hatte die Delegation von Präsident Assad mehrfach Vorbehalte geäußert.
Das Mitglied der Oppositionsdelegation, Anas al-Abde, sagte, der Vorschlag der Opposition zu Homs beinhalte konkret eine ein bis zwei Wochen lange Waffenruhe in der Stadt. In dieser Zeit soll die Bevölkerung 300 Tonnen Hilfslieferungen erhalten. Sollte alles gut laufen, könnte die Waffenruhe später auf die komplette Provinz Homs ausgeweitet werden, fügte der Oppositionspolitiker hinzu.
Das erste direkte Treffen mit dem UN-Unterhändler Lakhdar Brahimi hätte ursprünglich bereits am Freitag stattfinden sollen. Da sich die Regierungsdelegation geweigert hatte, sich schriftlich zu der Bildung einer gemeinsamen Regierung zu bekennen, traf sich Brahimi am Freitag aber schließlich doch nur getrennt mit den beiden Delegationen.
Ausländische Truppen sollen Syrien verlassen
Der Iran - neben Russland der wichtigste Verbündete des Regimes von Präsident Bashar al-Assad - deutete unterdessen an, schiitische Milizionäre könnten Syrien verlassen, falls gleichzeitig auch alle ausländischen sunnitischen Kämpfer das Land verlassen würden. Außenminister Mohammed Javad Zarif antworte am Freitagabend beim Weltwirtschaftsforum in Davos auf die Frage, ob er die pro-iranische libanesische Hisbollah-Miliz auffordern werde, Syrien zu verlassen: "Ich fordere alle ausländischen Truppen auf, Syrien zu verlassen."
Die schiitische Hisbollah kämpft im syrischen Bürgerkrieg auf der Seite des Regimes. Selbst ernannte Jihadisten aus dem Ausland haben sich verschiedenen islamistischen Rebellenbrigaden sowie der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) angeschlossen.
(APA/dpa/AFP/sda)