Der Kabinettswechsel dürfte den Weg für den beliebten Armeechef Sisi zur Präsidentschaft frei machen.
Einen Tag nach dem geschlossenen Rücktritt der ägyptischen Regierung ist der bisherige Wohnbauminister Ibrahim Mahlab mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Dies gab ein Sprecher von Übergangspräsident Adli Mansur am Dienstag in Kairo bekannt. Zunächst war nicht klar, ob der mächtige Militärchef Abdel Fattah al-Sisi im neuen Kabinett seinen Posten als Verteidigungsminister behalten würde.
Sisi gilt als Kandidat für die nächste Präsidentschaftswahl. Der neue Regierungschef Mahlab - ein studierter Ingenieur - hat vor dem Sturz des Langzeitherrschers Husni Mubarak dem einflussreichen Politischen Komitee der Staatspartei NDP angehört. Dieses wurde von Mubaraks Sohn Gamal geleitet. Von 2001 bis 2012 war Mahlab Generaldirektor von Arab Constructors, Ägyptens größtem staatlichem Baukonzern.
Spekulationen um Rücktrittsgrund
Der scheidende Regierungschef Hasem al-Beblawi hatte am Montag keine Gründe für den Rücktritt seines Kabinetts genannt. Beobachter nannten den zunehmenden Vertrauensverlust und die anhaltenden Streiks im öffentlichen Dienst als mögliche Gründe, verwiesen aber auch auf den Zusammenhang mit der von Sisi erwarteten Präsidentschaftskandidatur. Nach diesen Deutungen sollte der Abgang einer erfolglosen und unbeliebten Regierung, der der Militärchef selbst angehört hat, dessen Image heben.
In Ägypten soll bis Mitte April ein neuer Präsident gewählt werden, nachdem Sisi den gewählten islamistischen Amtsträger Mohammed Mursi im Vorjahr nach Massenprotesten abgesetzt hatte. Ein Termin für die Wahl steht noch nicht fest. Sisi, der seit dem Coup gegen Mursi große Popularität genießt, hat eine Kandidatur mehrfach angedeutet, sich aber noch nicht eindeutig dazu erklärt.
Neue Streikbewegung
Sisi werden im Falle eines Antretens beste Chancen auf einen Wahlsieg zugebilligt. Doch sowohl die neue Übergangsregierung als auch der spätere neue Präsident stehen vor enormen Herausforderungen. Ägyptens Wirtschaftslage ist prekär. Die Staatskasse wird derzeit nur durch großzügige Zahlungen der Golfstaaten liquide gehalten.
Eine nach den Stürzen der Präsidenten Mubarak und Mursi ihrer Macht bewusste Bevölkerung heftet zwar derzeit ihre Hoffnungen auf Sisi. Eine neue Streikbewegung, die in den letzten Wochen die Textilarbeiter im Nildelta und die Bediensteten des öffentlichen Busverkehrs in Kairo erfasst hat, beschränkt sich vorerst auf wenige Segmente der arbeitenden Bevölkerung. Sie gibt aber bereits einen Vorgeschmack auf die Aufgaben, die auf die neuen Machthaber warten.
(Schluss) fat/tah
(APA/dpa)