Gegen Spar-Chef Gerhard Drexel laufen Ermittlungen wegen übler Nachrede und Verleumdung. Die Causa dürfte sich in die Länge ziehen.
Die Fehde zwischen der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) und dem Handelskonzern Spar rund um vermutete Preisabsprachen mit Lieferanten beschäftigt mittlerweile Gerichte. Da Spar zu keinem Handel mit der Behörde bereit ist, befasst sich das Kartellgericht mit der Causa. Gegen Spar-Chef Gerhard Drexel laufen zudem Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt wegen übler Nachrede und Verleumdung. Die Strafanzeige wurde von der BWB eingebracht, weil Drexel behauptete, die BWB habe bei der Hausdurchsuchung der Spar-Regionalzentrale im August 2013 in Kärnten eine Spionage-Software eingesetzt. "Ich habe von den Ermittlungen in den Medien gelesen, ich bin dazu bisher aber nie gefragt oder konsultiert worden", sagte Drexel im Gespräch mit der APA.
Spar habe von drei Gutachtern die Bestätigung bekommen, dass die Software nicht erlaubt sei. "Wenn ich als Reaktion eine Anzeige bekomme, weil ich das öffentlich mache, dann macht man hier das Opfer zum Täter", findet Drexel.
Gutachten in zwei Monaten
Bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Klagenfurt untersucht man gerade, "ob die BWB ein Programm benutzt hat, das geeignet ist, einen Schaden bei Spar herbeizuführen". "Das lasse ich vom Bundeskriminalamt feststellen", sagte Staatsanwalt Markus Kitz zur APA. Mit dem Amtsgutachten rechnet Kitz in etwa zwei Monaten. Erst danach könne er prüfen, ob an dem Verleumdungsvorwurf etwas dran sei.
Auch das Kartellverfahren dürfte sich in die Länge ziehen. Spar habe eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben, bestätigte man beim Kartellgericht der APA. Eine Verhandlung sei noch nicht anberaumt, sondern es sei der BWB ermöglicht worden, binnen vier Wochen Stellung zu nehmen. Bei der BWB wollte man sich dazu nicht äußern.
Spar ist das erste Unternehmen in der Lebensmittelbranche, das ein Verfahren rund um Preisabsprachen durchjudiziert. Bisher ließen sich alle Firmen auf eine Bußgeld-Bezahlung ein. Konkurrent Rewe etwa bezahlte 20,8 Millionen Euro. Rückstellungen für den Ernstfall hat Spar nicht gebildet, sagte Drexel. "Wir sind guten Mutes und vertrauen auf den Rechtsstaat." Am Ende werde die gesamte Branche "endlich Rechtssicherheit" haben.
Razzien wegen Preisabsprachen
In den Jahren seit 2010 hat die BWB 59 Hausdurchsuchungen (Stand August 2013) durchgeführt, darunter waren Unternehmen wie Spar, OMV, Hornbach, Rewe sowie zahlreiche Brauereien und Molkereien.Einer Statistik der Bundeswettbewerbsbehörde zufolge hatte im Jahr 2013 die Rewe-Gruppe mit 20,8 Millionen Euro die höchsten Geldbuße zu zahlen. Mit 2,9 Millionen Euro liegt die Molkerei Berglandmilch auf dem zweiten Rang. APA/GEORG HOCHMUTH
Den Stein ins Rollen brachten 2011 Ermittlungen gegen die großen Brauereien Ottakringer, Stiegl und Brau Union. Die Bierkonzerne zahlten 1,1 Millionen Euro Kartellstrafe. Mittlerweile knöpfen sich die Kartellwächter offenbar auch die kleineren Brauereien vor. So gab es etwa in der Hirter Brauerei eine Hausdurchsuchung.Die Spur führte aber auch zu den großen Lebensmittelketten und anderen Lieferanten.
Im April gab es Hausdurchsuchungen beim heimischen Zuckerkonzern Agrana. Es habe eine "Nachschau" gegeben, sagte Finanzvorstand Walter Grausam. Die Wettbewerbshüter hätten allerdings nach drei Tagen das Haus verlassen, "ohne ein einziges Beweisstück mitzunehmen. Sie haben überhaupt nichts gefunden", sagte Grausam. "Wir haben eine blütenreine Weste." ...
... Bei den Ermittlungen ging es um Untersuchungen der Zuckerpreisanstiege in den Jahren 2010 und 2011. Die BWB verdächtigte den Konzern auch, Preisabsprachen getätigt zu haben und stellte 2010 beim Kartellgericht einen Strafantrag in Höhe von 27,85 Millionen Euro. Grausam wies die Vorwürfe wiederholt zurück. APA
Die Lebensmittelgruppe Rewe bekam im Mai eine Kartellstrafe von 20,8 Millionen Euro verhängt, da sie viele Jahre lang mit den Lieferanten die Preise abgesprochen hatte. Bei diesem Kartell einigte sie Rewe mit den Lieferanten, dass diese keinen anderen Händlern günstigere Konditionen gewähren dürften. Rewe zieht mit der Anerkennung der Vorwürfe und der Geldbuße einen raschen Schlussstrich unter die Affäre.Durch die Aufdeckung erreichte die BWB einen spektakulären Etappensieg im Kampf gegen Marktmanipulationen. APA/GEORG HOCHMUTH
Im Mai wurde einige Tage lang Österreichs zweitgrößte Molkerei NÖM in Baden durchsucht. Davor hatte die BWB bereits Molkereien wie die Berglandmilch, Kärntnermilch oder Gmundner Milch unter die Lupe genommen.Der größte Betrieb, die Berglandmilch, war im Februar wegen jahrelanger Preisabsprachen zu einer Geldstrafe von 1,125 Millionen Euro verurteilt worden.
Einen Tag nach der Durchsuchung in der Kärntner Regionalzentrale, besuchte die BWB auch die Hauptzentrale des Handelsriesen Spar in Salzburg. Da man der BWB in Kärnten keinen Zugang zu den von ihnen benötigten Daten gewähren wollte, weitete die Behörde den Durchsuchungsbefehl auf die Zentrale in Salzburg aus, so BWB-Sprecher Stefan Ketznickl ...
... Konzern-Sprecherin Nicole Berkmann sieht das anders. Sie bestätigte zwar den Besuch von Mitarbeitern der BWB, konnte ihnen aber keinen Zugriff auf besagte Daten gewähren, da sich diese in der Salzburger Zentrale befänden. Das Angebot, die Daten per Link zur Verfügung zu stellen, wurde abgelehnt... EPA
... Während Ketznickl betonte, die BWB hätte eine Menge an Daten von Salzburg mitgenommen, sagte Berkmann, dass die Behörden keine weiteren Unterlagen mitgenommen hätten.Bereits Ende Jänner war die BWB in der Spar-Zentrale in Salzburg "zu Besuch", da der Verdacht auf illegale Preisabsprachen, vor allem bei Molkereiprodukten, aber auch bei Bier, Kaffee oder Mehl bestand.
Wo die Wettbewerbshüter anklopften
Im Jänner und August 2013 führte die BWB bei Spar Razzien wegen vermuteter Preisabsprachen mit Lieferanten durch. Spar vertritt die Meinung, dass Gespräche mit Lieferanten über Verkaufspreise üblich sind und erlaubt sein müssen. Die BWB wiederum sagt, dass Hersteller und Händler nur über den Einstandspreis sprechen dürfen, nicht aber über den Verkaufspreis.
Die Bundeswettbewerbsbehörde hat zwei Bußgeldanträge gegen Spar beim Kartellgericht eingereicht. Außergerichtliche Einigung wird es keine geben. Die Arbeiterkammer fordert mehr Transparenz für Konsumenten.
Die Handelskette Spar will mit ihren Lieferanten weiterhin über Preise reden dürfen. Das sei völlig legal. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) spreche dem Handel dieses Recht ab, kritisiert Spar-Chef Drexel.
Preisabsprachen: Nach mehreren Razzien im Vorjahr brachte die Wettbewerbsbehörde zwei Bußgeldanträge beim Kartellgericht ein. Um wie viel es geht, ist noch unklar.
Preisabsprachen? Nach der neuerlichen Hausdurchsuchung in der Salzburger Zentrale bleibt Spar dabei: Man sei sich keiner Schuld bewusst. Das könnte für das Unternehmen ins Auge gehen, heißt es vonseiten der Behörde.
Spar-Chef Gerhard Drexel will kein Streithansel sein. Den Konflikt mit den Wettbewerbshütern will er aber vor Gericht austragen. Dem Verdrängungswettbewerb im Lebensmittelhandel stellt Spar sich mit der Devise "Grow or go".
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