Dominik Raneburger: Der Mann fürs Sensible

Dominik Raneburger
Dominik Raneburger(c) Christine Ebenthal
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Dominik Raneburger über Jünglinge der Jahrhundertwende und plötzlichen Zorn.

„Liebe ist nicht immer schön“, sagt der 1989 in Lienz geborene Arztsohn Dominik Raneburger und erinnert sich, wie er letztes Jahr auf dem Weg nach Reichenau, wo er den Felix in Schnitzlers „Einsamen Weg“ spielte, aus dem Auto steigen und eine halbe Stunde pausieren musste, weil ihm Liebeskummer zu schaffen machte. Inzwischen ist alles wieder in Ordnung, aber: „Streiten musste ich erst lernen. Ich habe mich für einen friedlichen Menschen gehalten, aber wenn ein Krach einmal ein gewisses Level erreicht, kommen aus einem Sachen heraus, die unentschuldbar sind.“ Wildes Temperament würde man dem Jüngsten einer Großfamilie nicht ansehen. Wird ein so hübscher Mann überhaupt verlassen? „Oja, das kommt vor“, sagt er. Krieg zwischen Menschen und der Krieg an sich spiele auch eine große Rolle in Schnitzlers Stücken: „Die Kindheit ist noch nicht lange her, und schon kommen schlimme Erfahrungen auf diese jungen Männer zu.“

Etwa auf Otto von Aigner, der sich im „Weiten Land“, heuer in Reichenau zu sehen, in die Fabrikantengattin Genia Hofreiter verliebt und von ihrem Mann im Duell erschossen wird: „Dass junge Männer ältere Frauen faszinierend finden, passiert öfter“, so Raneburger, „für Otto ist das eine ernste Sache mit Genia, aber auch ein Spiel mit dem Feuer, mit dem Risiko. Wie weit kann er Hofreiter auf der Nase herumtanzen?“ Außerdem spielt Raneburger heuer in Reichenau noch Josef K., den Antihelden in Kafkas „Der Prozess“. Ein Hintergrund des Romans ist Kafkas gelöste Verlobung mit Felice Bauer. 

Neues Format mit Kafka. „Ich habe etwas länger gebraucht, um den ,Prozess‘ zu lesen“, formuliert Raneburger zarte Regungen von Langeweile beim Studium dieses berühmten Buches: „Bei den Textflächen von Elfriede Jelinek weiß man ja auch oft nicht, was waren jetzt die Sätze davor? ,Der Prozess‘ wird eine Art Hörspiel, aber mit den Bildern Peter Loidolts zu dem Buch und mit drei Akteuren. Ich bin schon sehr gespannt. Es wird sehr auf das Konzept dieses neuen Formats angekommen.“ Hatte Raneburger auch schon kafkaeske Albträume? „Ja, dass ich abstürze, vom Trapez oder von einer Mauer“, erinnert er sich schaudernd.

Seine Bühnenkarriere hat dagegen eher mit einem Wunder als mit einem Absturz begonnen. Beim ersten Anlauf wurde er gleich am Reinhardt-Seminar genommen, studierte u. a. bei Regina Fritsch. „Ich glaube, es kommt sehr drauf an, welche vier Rollen man sich aussucht“, merkt er bescheiden an. Schauspielstunden habe er vor der Prüfung keine genommen, dafür im Schultheater gespielt.

In dem zarten Jungen, der Décadence so gut sichtbar machen kann, steckt ein Naturbursche: „Klettern, Skifahren, Skitouren, ich liebe Berge und meine Großfamilie“, erzählt er. Kinder, das wünscht er sich auch einmal. Doch eine Familie zu gründen, das sei so eine Sache für Künstler.  Familie gibt einerseits Kraft, nimmt andererseits der Arbeit aber auch Energie weg. Es gebe nur wenige Künstler, die beides erfolgreich unter einen Hut bringen, Maria Happel etwa sei eine davon.

Tipp

Die Festspiele Reichenau eröffnen am 2. Juli mit Schnitzlers „Das weite Land“ (Joseph Lorenz, Julia Stemberger). Kafkas „Der Prozess“ ab 13. 7. ist avisiert als „aufregendes szenisches Spektakel mit J. Lorenz, Dominik Raneburger, Chris Pichler.
www.festspiele-reichenau.com

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