Gastkommentar

Scheitert die Energiewende?

Warum die Wirtschaft den Glauben an die Politik verliert. Zur aktuellen Lage des Erneuerbare-Wärme-Gesetzes.

Die jüngsten Entwicklungen rund um das Erneuerbare-Wärme-Gesetz (EWG) werfen einen Schatten auf die Beziehung zwischen der Wirtschaft und der politischen Führung unseres Landes. Im Sommer 2022 zur Begutachtung vorgelegt und seit dem 2. November 2022 als Regierungsvorlage im Parlament, schien das EWG endlich den lang ersehnten Weg für den schrittweisen Umstieg von fossilen Heizungen auf erneuerbare Alternativen zu ebnen. Die Äußerungen der VP-Energiesprecherin, Tanja Graf, von vergangener Woche haben die Debatte um das EWG neu entfacht, und man fragt sich, wie sie einen Gesetzesentwurf, der in über 130 Verhandlungsrunden zwischen Bund und Ländern von Experten ausgearbeitet wurde, als „unüberlegt“ bezeichnen kann.

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Das Erneuerbare-Wärme-Gesetz soll die Grundlage für einen notwendigen Wandel in der Wärmeversorgung unseres Landes bilden, und zwar weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Alternativen. Mehr als 30 Prozent des gesamten Energieverbrauchs Österreichs gehen in die Raumwärme.

Konkret heizen knapp 900.000 Haushalte mit Erdgas, das nach wie vor überwiegend aus Russland kommt, über 500.000 nutzen Heizöl für die Wärmeversorgung.

Das Gesetz sieht einen schrittweisen langfristigen Ausstieg aus diesen Heizformen vor, wobei es zunächst vor allem um den Ersatz der ältesten ineffizienten und umweltverschmutzenden Heizkessel geht, der zudem großzügig gefördert wird.

Die heimische Wirtschaft hat Hunderte Millionen Euro in Forschung und Entwicklung von zeitgemäßen und klimafreundlichen Technologien für die Wärmeversorgung gesteckt, baut modernste Alternativen wie Wärmepumpen und Pelletheizungen in Fabriken, die in den vergangenen Jahren – nicht zuletzt in Erwartung des Erneuerbare-Wärme-Gesetz – kräftig ausgebaut wurden.

Dazu werden von 2022 bis 2024 rund 300 Millionen Euro in den Bau von zehn neuen Pelletierwerken investiert, um den steigenden Bedarf nach diesem Brennstoff langfristig zu decken. Jetzt soll die heimische Wirtschaft – nach Meinung von Frau Graf – auf das entscheidende gesetzliche Instrument verzichten, mit dem der Wechsel von Gas und Öl auf heimische erneuerbare Energien ermöglicht werden kann. Und das trotz der enormen wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Vorteile eines Umstiegs – Erdgas kostet mehr als doppelt so viel wie heimische Pellets. Fossile Brennstoffe sind nicht nur schlecht für die Umwelt. Sie haben uns auch in die Inflationsspirale getrieben. Wir geben über 19 Milliarden Euro jährlich für den Import von Öl und Gas aus.

Reformen nicht blockieren

Die heimische Wirtschaft hat die Voraussetzungen für den Umbau der Wärmeversorgung geschaffen. Dieser Umbau wird aber nur stattfinden, wenn die politische Führung unseres Landes das längst beschlussfähige EWG endlich zügig in Kraft setzt.

Ist es in diesem Zusammenhang notwendig, auch mit den Folgen der Strafzahlungen zu argumentieren, die bei Verfehlung der Klimaziele fällig werden und deren Höhe das Finanzministerium auf fast fünf Milliarden Euro geschätzt hat? Oder reicht die Aussicht auf die Klimakatastrophe, die sich immer deutlicher abzeichnet und die unsere Kinder und Enkelkinder voll treffen wird?

Politik darf Reformen nicht blockieren. Stabile Energiever­sorgung ist zentral. Österreich braucht das EWG jetzt! Als langjähriger Förderer erneuerbarer Energien, vom Aktivisten bis zum Vertreter der Branche, spreche ich aus Erfahrung und Überzeugung.

DI Dr. Christian Rakos (*1959), Ge­schäfts­führer von ProPellets Austria und Präsident der World Bioenergy Association. 

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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