Der Wunsch, Verkehr von der Straße auf die Schiene zu transferieren, ist groß. Doch noch immer
gilt: Die Straße ist bequemer und es geht schneller, eine neue Straße zu bauen als eine Bahnstrecke.
Die Straße ist der am Einfachsten zu bedienende Verkehrsträger, sowohl im Personen-, als auch im Güterverkehr“, sagt Sandra Stein, Leiterin Forschungskoordination Center für Nachhaltige Produktion und Logistik am Fraunhofer Institut. 75 Prozent des Verkehrs finden nach wie vor auf der Straße und nur zwölf Prozent auf der Schiene statt. Stein nennt die Hindernisse beim Umstieg auf die Schiene: „Beim Güterverkehr ist das Problem die erste und die letzte Meile, wo bei in 95 Prozent der Fälle die Straße ein Muss ist.“ Für die meisten Spediteure sei es am einfachsten, beim LKW zu bleiben. „Das erspart auch das Umschlagen der Lieferung“, sagt Stein. Zudem verfügt ein intermodularer Verkehr über Schnittstellen die Zeit kosten und die Quelle für Fehler sein können.
Vorbild Europa
Europa ist beinahe flächendeckend mit Bahnverbindungen versorgt, das gibt es sonst nirgends auf der Welt, führt Martin Selmayr, Leiter der Vertretung EU-Kommission in Österreich, aus. Heute würden mehr als 407 Milliarden Personenkilometer pro Jahr auf der Schiene absolviert. Um diesen Trend zu verstärken muss es Anreize geben. Eine höhere Geschwindigkeit, niedrigere Kosten und eine bessere Verfügbarkeit seien die Mittel, um den Schienenverkehr attraktiver zu machen. Mit dem Koralm-, Semmeringbasis-und Brennerbasistunnel sei hier bereits sehr viel geschehen. „Doch es ist eine Illusion, den Verkehr vollständig von der Straße auf die Schiene zu bekommen“, schränkt Selmayr ein.
»Es ist eine Illusion, den Verkehr vollständig von der Straße auf die Schiene zu bekommen.«
Martin SelmayrLeiter der Vertretung EU-Kommission
Hans-Jürgen Salmhofer vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie atterstierte Österreich, beim Umstieg auf die Schiene weiter als der europäische Durchschnitt, aber noch weit von den gesetzten Zielen entfernt zu sein. In der von „Presse“-Wirtschafts-Ressortleiter Jakob Zirm moderierten Diskussion, sagt er: „Die Straße ist bequemer und es geht schneller, eine neue Straße zu bauen als eine Schienenstrecke.“ Eine der Herausforderungen ein funktionierendes System zu transformieren ist, die Menschen auf dem Weg zur Verkehrswende mitzunehmen. „Es gibt genügend Vorbilder in Europa, wo sich Österreich abschauen kann, wie das besser funktioniert, wie etwa bei der Radfahrkultur in Holland“, sagt Salmhofer. Man müsse von guten Beispielen lernen und sie in einen nationalen Kontext setzen.
»Die Unternehmen zielen auf die günstigsten Verkehrsträger ab.«
Sandra SteinLeiterin des Centers für Nachhaltige Produktion und Logistik am Fraunhofer Institut
„Die Schiene muss leistungsfähiger werden“, ist Selmayr überzeugt, „Wir bauen die Strecke von Wien nach Linz und darüber hinaus mit Mitteln der Europäischen Union aus, das sind jetzt vier Spuren nebeneinander. Damit kann man bei der Taktung darauf Rücksicht nehmen, dass nebeneinander ein Güterzug und ein Hochgeschwindigkeitspersonenzug fahren können. Damit ist man schneller als mit dem Auto und das ist ein wettbewerbsfähiges Angebot.“ Er erwartet zudem, dass das vierspurige Modell auf den großen, europäischen Verkehrskorridoren umgesetzt wird: „Das ist auch Ziel der Europäischen Union, wofür 50 Milliarden Euro eingesetzt werden.“
Thema Digitalisierung
Zudem ist die Digitalisierung nach wie vor ein Thema – ein Gesetzesvorschlag der Europäischen Kommission liege dazu auf dem Tisch. Dabei soll der Weg weg von Güter- Schienen-Korridoren hin zu buchbaren „Just in Time“- Slots führen.
»Es gibt genügend Vorbilder in Europa, wo sich Österreich etwas abschauen kann.«
Hans-Jürgen SalmhoferBundesministerium für Klimaschutz Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
„Der Green Deal ist nicht eine Entscheidung von ein paar Bürokraten, sondern, nach unzähligen Diskussionen, jene der Staatschefs aller 27 Mitgliedsnationen“, unterstreicht Selmayr, „Das beinhaltet die Grundsatzentscheidung, wohin das Geld fließt. 50 Prozent der Subventionen aus dem Europäischen Aufbauplan in Österreich fließen in die ökologische Wende.“ Bei strengeren Gesetzgebungen auf EU-Ebene scheint oft die sogenannte „Frächter-Lobby“ ein Hindernis zu sein. „Wir versuchen hier Lösungen wie die Wegekostenrichtline mit der Möglichkeit einer Korridormaut zu finden, Lösungen, die grenzüberschreitend sind, wie das Lieferkettengesetz“, so Selmayr, „Es geht nicht nur um die Interessen der Frächter. Die CO2-Bepreisung ist ein ganz wichtiger Gamechanger. Und wir brauchen die digitalen Verkehrsmanagementsysteme auch auf der Straße.“
Sandra Stein ortet bei der nicht vorhandenen Kostenwahrheit einen Stolperstein auf dem Weg zur Mobilitätswende: „Die Unternehmen zielen auf die günstigsten Verkehrsträger ab. Solange keine Kostenwahrheit zwischen den Anbietern existiert, wird die Entscheidung immer auf den kostengünstigsten Verkehrsträger fallen. Das ist momentan noch immer die Straße.
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Dieser Beitrag der „Presse“ ist eine entgeltliche Einschaltung des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie und erscheint mit finanzieller Unterstützung der ÖBB sowie Siemens Mobility.
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