In Wien erlebte er den größten Alkoholexzess seines Lebens: Die Erinnerungen des tschechischen Dichters und Philosophen Egon Bondy an die Nachkriegsjahre sind ein wilder Ritt durch eine dramatische Zeit.
Was es wohl braucht, um sich als surrealistischer Dichter zu fühlen? Offenbar vor allem die Frage, einst in einem Lokal in Prag gestellt: „Was sind Sie?“ – „Ein Dichter . . .“ Mit dieser Anekdote nimmt uns der junge Egon Bondy mit in sein Leben und Wirken. Er ist in der Tat eine Wundertüte, ein unangepasstes, unmittelbares, auf seine Weise ungeheuerliches Genie, ein Suchender, ein Hoffender, politisch zunächst ein radikaler Marxist, der die Weltrevolution herbeiträumt, zweifelsohne aber eine Persönlichkeit, mit der zu beschäftigen es sich lohnt – und die in der tschechoslowakischen Geschichte einzigartig bleibt.
Bondy begegnete mir zum ersten Mal im Dokumentarfilm „Sie saß im Glashaus und warf mit Steinen“ von Nadja Seelich über die Dichterin Jana Cerna. Er tänzelte dort durchs Bild, wahnwitzig und wortgewandt, und ich weiß noch, wie ich dachte, der hat zweifelsfrei etwas mit Salvador Dalí und Co. zu tun, Surrealismus pur eben. Jana Cerna schrieb ihm einen zärtlich-wüsten Liebensbrief, den Sie übrigens unbedingt lesen müssen („Totale Sehnsucht“, Ketos-Verlag).