„BIM-Zeitalter“

Österreichische Ideen für die digitale Baustelle

Architekten, Planungsbüros, Immobilienentwickler, ausführende Baufirmen und Gewerke arbeiten stets mit aktuellen Plänen (Symbolbild).
Architekten, Planungsbüros, Immobilienentwickler, ausführende Baufirmen und Gewerke arbeiten stets mit aktuellen Plänen (Symbolbild).Getty Images
  • Drucken

Virtuelle Pläne, Recyclingkataster, PV-Strom-Verteilung: Der „digitale Gebäudezwilling“ (BIM) ermöglicht nachhaltigeres, günstigeres Bauen, schnellere Bauverfahren – und neue Möglichkeiten im Facility-Management.

BIM – dieses Kürzel fällt schnell in Gesprächen, wenn es um zeitgemäße Arbeitsmethoden bei Bauvorhaben geht. Mit Building Information Modelling, also Bauwerksdatenmodellierung, können sich alle an einem Bauprojekt Beteiligten besser koordinieren. So arbeiten Architekten, Planungsbüros, Immobilienentwickler, ausführende Baufirmen und Gewerke immer mit aktuellen Plänen, und zwar nicht wie früher zweidimensional auf Papier, sondern im digitalen 3-D-Modell. Zudem sehen sie in der Cloud aktuelle Kosten, Termine oder verbaute Materialien. Damit können Zeitpläne und Budgets besser eingehalten werden.

Die Transformation der Baubranche ins digitale BIM-Zeitalter begleitet die Interessengemeinschaft Building Smart Austria. Zusammen mit internationalen Organisationen werden offene Datenaustauschformate und Standards entwickelt, damit Nutzer verschiedener Softwaresysteme ihre Bauprojektdaten einfach austauschen können. „Die BIM-Methodik ist in Österreich noch nicht gesetzlich verankert. In Ländern wie Deutschland, England oder den USA hat die Verpflichtung viel Professionalität gebracht. Dennoch sind es gerade österreichische Ingenieure, die weltweit viel beachtete Projekte mit der BIM-Methodik durchführen“, sagt Alfred Waschl, Geschäftsführer von Building ­Smart Austria. So ist Österreich Ende November Partnerland der Fachmesse BIM World in München und wird dort innovative Projekte vorstellen.

»Die BIM-Methodik ist in Österreich noch nicht gesetzlich verankert. «

Alfred Waschl

Geschäftsführer von Building ­Smart Austria

Nicht nur im Neubau wird die BIM-Methodik genutzt, viele Projekte betreffen Sanierung und Bauen im Bestand, wie etwa in Salzburg bei der Erweiterung des Museums in den Räumlichkeiten der Residenz zum Belvedere Salzburg bzw. beim Umbau des großen Festspielhauses. Einen Blick in die Zukunft ermöglicht das Forschungsprojekt „Brise“ der Stadt Wien: Es hat zum Ziel, das Bevölkerungswachstum mit Wohnraum zu unterstützen. Mit dem Einsatz von BIM und künstlicher Intelligenz sollen künftig die rund 13.000 jährlichen Baugenehmigungsverfahren bei der MA37 Baupolizei digital und damit schneller erfolgen.

Das BIM-Zeitalter

Die BIM-Methodik (Building Information Modelling) auch Bauwerksdatenmodellierung genannt, ist in Österreich noch nicht gesetzlich verankert, dennoch ist der „digitale Zwilling“ stark im Kommen. Österreich ist heuer sogar Partnerland der Fachmesse BIM World in München am 28. und 29. November und wird dort zahlreiche innovative Projekte vorstellen. https://bimsystems.de

„Der wahre Gewinner der BIM-Methodik ist das Facility-Management“, betont Waschl. Die Liegenschaftsverwaltung kann mit dem digitalen Gebäudezwilling die Instandhaltung und den Lebenszyklus eines Bürohauses managen, genauso wie den Energieverbrauch, indem etwa der Strom aus der Fotovoltaikanlage an die richtigen Verbraucher kommt.

Daten für den Umweltschutz

Das nachhaltige Wirtschaften großer Unternehmen misst ab 2024 die EU-Taxonomie-Verordnung mit einem klaren Kriterienkatalog. Das bedeutet, Investoren werden künftig ESG-konforme Gebäude nachfragen. „Ohne BIM wird es die Erfüllung der ESG-Ziele und damit die Kreislaufwirtschaft nicht geben“, ist Waschl überzeugt. Bei der Kreislaufwirtschaft geht es um den Einsatz von Material, mit der BIM-Methodik kann dieser genau belegt werden: Im Gebäude X wurden zum Datum Y zehntausend Ziegel zu je 800 Gramm Lehm verbaut. Die Produktmerkmale bestimmen die Entsorgungskosten und – was beim Ziegel noch einfach erscheint, wird bei dreifach isolierten Fenstern, die aus Verbundmaterialen bestehen, schon komplizierter. „Das kann ich nur trennen, wenn ich weiß, was ich trennen muss. Es geht hier also nicht um groben Überblick, sondern um Fakten im Detail“, erklärt Waschl.

»Wenn ich eine Wand aus einem Gebäude entferne, kann ich sie schreddern, und sie wird mit Recycling zur Unterlage einer Straße. «

Werner Weingraber

Madaster-Geschäftsführer

Wie aber kommt man von Fakten zu Entscheidungen? Was kann man mit den verbauten Materialien bei Sanierung oder Abbruch machen, und wie viel sind sie wert? Wie viel CO2 enthalten bestimmte Immobilien? Diese Fragen soll der Materialkataster Madaster beantworten, die Plattform 2017 wurde als gemeinnützige Stiftung in den Niederlanden gegründet und ist seit einem Jahr auch hierzulande verfügbar.

Schätze werden sichtbar

Welche Materialen in welcher Menge in einem Gebäude verbaut sind, wird aus den BIM-Daten auf die Plattform hochgeladen. Diese Gebäudematerialdaten werden mit Informationen aus zahlreichen Datenbanken verknüpft und liefern so eine Entscheidungshilfe, wofür das Material geeignet ist. „Wenn ich eine Wand aus einem Gebäude entferne, kann ich sie schreddern, und sie wird mit Recycling zur Unterlage einer Straße. Aber im Idealfall kann ich die Wand woanders wieder einsetzen. Wir ermöglichen diese Evaluierung, basierend auf den Daten, die wir zu Gebäude und Material bekommen, sowie der Methodik, wie man das beurteilt“, erklärt Madaster-Geschäftsführer Werner Weingraber. Auf diese Weise kann CO2 optimiert geplant werden, etwa, indem entschieden wird, für einen Bauteil Recyclingmaterial zu verwenden. Zum anderen wissen Eigentümer, wieviel Tonnen Stahl, Aluminium, Gips oder CO2 in ihren Gebäuden enthalten sind und was davon wiederverwendbar ist.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.