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Zukunft Standort Oberösterreich

Hat die Industrie in Österreich noch Zukunft?

Im „Presse“-Expertentalk erörtert F. Peter Mitterbauer die Herausforderungen für österreichische Unternehmen in Hinblick auf die globale Wettbewerbsfähigkeit.  
Im „Presse“-Expertentalk erörtert F. Peter Mitterbauer die Herausforderungen für österreichische Unternehmen in Hinblick auf die globale Wettbewerbsfähigkeit.  (c) Roland RUDOLPH
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Energietransformation, Arbeitskosten, Qualifizierung – Wie steht es um die globale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie? Diese wichtige Frage erörterte Eva Komarek, General Editor of Styria Trend Topics, mit F. Peter Mitterbauer, CEO der Miba AG und Vizepräsident der Industriellenvereinigung OÖ.

Seit dem Jahr 2013 führt F. Peter Mitterbauer die Miba AG als Vorsitzender des Vorstands. Das Familienunternehmen entwickelt und produziert Technologien für die nachhaltige Erzeugung, Übertragung und Speicherung von Energie, etwa bei der Antriebstechnik. Als Partner und Zulieferer der internationalen Automobilindustrie kennt Mitterbauer den Zustand der oberösterreichischen Industrie genau, denn die Miba AG hat in Laakirchen in der Nähe des Traunsees ihren Stammsitz.

Ihr Unternehmen, die Miba, treibt die Transformation vom klassischen Autozulieferer zum Spezialisten für E-Mobilität und erneuerbare Energie voran. Welche Chancen bietet die grüne Transformation für die oberösterreichische Industrie?

F. Peter Mitterbauer: Ich denke, die Transformation bietet eine Menge an Chancen für die oberösterreichische Industrie. Der Pioniergeist und der Ideenreichtum der Menschen in Oberösterreich, der Ingenieure und aller Mitarbeiter ist extrem hoch. Wir, in der oberösterreichischen Industrie, bilden in vielen Technologie-Bereichen die Speerspitze. Das gilt nicht nur für Österreich, sondern auch auf internationaler Ebene. Auf dieser Basis können wir aufbauen. Ein Beispiel in unserem Unternehmen ist seit mittlerweile zehn Jahren die Mission „Technologies for a Cleaner Planet“, Technologien für einen sauberen Planeten. Hier trachten wir danach, mit Technologien einen Mehrwert bieten zu können und CO2-Emissionen in den Anwendungen unserer Kunden zu reduzieren. Wir analysieren, vor welchen technologischen Herausforderungen unsere Kunden stehen und mit welchen technischen Lösungen wir ihnen einen Mehrwert bieten können. Ob das die Verbesserung eines Verbrennungskraftmotors außerhalb der Autoindustrie ist, ein Getriebe für Windturbinen oder die Kühlung für Batterien. Es ist ein breiter Strauß an Lösungen, den wir anbieten.

Welches sind die Risiken eines solchen Transformationsprozesses?

Die Risiken sind, dass man sich diesem Thema nicht ideologiefrei nähert und keine Offenheit für unterschiedliche Technologien und für unterschiedliche Lösungsansätze bereithält. Das gilt maßgeblich für den Gesetzgeber und die Politik. Das Klima wird am Ende des Tages nicht durch ideologische Ansagen gerettet, sondern durch Ingenieure und Techniker, die sich die richtigen Ansätze ansehen, um die Energietransformation zu schaffen.

Weshalb ist gerade Offenheit für Technologie bei der grünen Transformation so wichtig?

Wir werden alle Arten an Technologie benötigen. Bei der Erzeugung und Speicherung von Energie und bei der Netzinfrastruktur, damit Energie überhaupt transportiert werden kann. Hier gibt es noch sehr viele ungelöste Themen und es wird nicht die eine Technologie geben, die für die Transformation ausreicht. Wir sprechen zu Recht von der Energietransformation, doch das Thema Energiesicherheit kommt oft in der Diskussion zu kurz. Es gibt viele Experten, die meinen, dass sich bis zum Jahr 2050 der Bedarf an Primärenergie in Europa zumindest verdoppeln wird. Heute wird nur sechs Prozent des gesamten Primärenergiebedarfs der Europäischen Union durch erneuerbare Energie, wie Windkraft, Solarenergie, aber auch Wasserkraft gedeckt. Geht man von einer Verdoppelung des Bedarfs aus, ist eine Verdreißigfachung der Produktion von erneuerbaren Energien nötig. Wir müssen technologieoffen bleiben, um unseren Energieappetit maßgeblich mit erneuerbaren Energien stillen zu können.

Im Rahmen der Expertentalk-Reihe „Zukunft Standort Oberösterreich“ gingen  F. Peter Mitterbauer und Eva Komarek dringenden Wirtschaftsfragen nach. 
Im Rahmen der Expertentalk-Reihe „Zukunft Standort Oberösterreich“ gingen  F. Peter Mitterbauer und Eva Komarek dringenden Wirtschaftsfragen nach. (c) Roland RUDOLPH

Welche energiepolitischen Rahmenbedingungen sind nötig, damit der Industriestandort Europa bei diesem steigenden Energiebedarf eine Zukunft hat?

Nötig sind einerseits viel schnellere Genehmigungsverfahren, um erneuerbare Energien zu ermöglichen. Das gilt auch für die Speicherung von Energie, wie etwa für Pumpspeicherkraftwerke. Hier spießt es sich oft, obwohl es genau das ist, was für die Transformation benötigt wird. Andererseits gibt es, je nach Sichtweise zu Recht oder zu Unrecht, Einsprüche aus Regionen, in denen solche Kraftwerke gebaut werden sollen. Deshalb muss man die Bevölkerung bei diesem Prozess mitnehmen. Gegen die Bevölkerung zu agieren ist schwierig. Außerdem muss die Energietransformation kapitalmarktfähig sein, das heißt, sie muss wettbewerbsfähig sein, da die gesamten Investitionen maßgeblich nicht vom Staat getätigt werden, sondern von Unternehmen. Unternehmen investieren nur dort, wo damit Geld zu verdienen ist. Das ist ein zentraler Punkt.

Wie wichtig sind die Energiekosten für die Industrie?

Wir benötigen wettbewerbsfähige Energiepreise. Vergleicht man den Energiepreis von heute zwischen Europa und den USA, ist er in Europa noch immer dreimal höher. Wir sind zwar stolz, dass wir in Europa und in Österreich hohe Exportquoten erzielen, denn 60 Prozent von dem was wir produzieren, verlässt Österreich und wird exportiert. Wir können aber nur exportieren, wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben. Wenn alles in Europa teurer wird, übernehmen die Produktion Unternehmen außerhalb der Europäischen Union. Damit ist uns weder beim Klima geholfen noch bei dem Umstand, dass Arbeitsplätze abwandern. Die vorhandenen Arbeitsplätze sind die Basis unseres Wohlstands. Das sollten wir nicht außer Acht lassen.

Wettbewerbsfähigkeit ist ein wichtiges Stichwort. Ist der Standort Österreich im Vergleich zu den USA und Asien noch attraktiv genug?

Österreich ist stark aufgestellt bei der Kreativität, der Hemdsärmlichkeit und der Lösungsorientierung der Menschen in unserem Land. Die einzigartige Lehrlingsausbildung ist dafür die Basis. Wo wir natürlich schon Sorge haben, sind die steigenden Lohn- und Gehaltskosten. Österreich hat hohe Lohnstückkosten. Hier müssen wir aufpassen, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern, wie beispielsweise zu Deutschland, nicht noch mehr an Terrain verlieren.

In den USA und China sind die Energiekosten im Vergleich wesentlich geringer. Wir müssen versuchen, die Energietransformation durch Anreize zu erreichen und nicht durch Verbote. Das ist der Unterschied zwischen uns und dem, wie das die Vereinigten Staaten etwa angehen. Wir versuchen hier das Klima mit Verboten und dem moralischen Zeigefinger zu retten, in Amerika passiert das durch Anreize. Ich bin überzeugt, dass der amerikanische Ansatz der erfolgversprechendere ist, ohne zu beurteilen, was gut oder schlecht ist. Aber der amerikanische Weg funktioniert. Er ist auch kapitalmarktfähig und Firmen investieren in die Transformation. Es besteht also absolut die Gefahr, dass wir das Problem in Europa, und damit in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union und in Österreich, falsch angehen und damit nicht nachhaltig erfolgreich sein werden.

Welche Anreize würden Sie sich wünschen?

Einerseits Technologieoffenheit. Andererseits wünsche ich mir auch Anreize im Sinne von Subventionen, wie das in Amerika passiert, Investitionsanreize. Wir wünschen uns, dass vom Staat Geld in die Hand genommen wird, damit die Industrie in die Transformation investieren kann. Das ist ein ganz anderer Zugang als über Verbote.

Information

Das Gespräch fand auf Einladung der „Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von der Industriellenvereinigung OÖ.

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