Über Geld spricht man

Gerald Seidl: „Österreich als Arbeitsort hat mich nie gereizt, ich wollte immer einen Erfolg in der weiten Welt“

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Er ist Honorarkonsul in drei US-Bundesstaaten - und mit seinem global tätigen Unternehmen in Houston seit den 1990er Jahren ein Pionier der Wasseraufbereitung. Wie es dazu kam, wie er Geschäft in den USA und was er mit seinem Geld macht, erzählt der gebürtige Österreicher Gerald Seidl im Interview mit der „Presse“.

Die Presse: Sie sind nach dem Studium und einigen Jahren Berufserfahrung, auch in Hong Kong, 1998 in die USA gegangen und haben dort mit ihrer Frau die Firma Headworks gegründet. Wieso die USA?

Gerald Seidl: Als ich in Hongkong war, habe ich eine österreichische Firma für Abwasserausrüstung vertreten. Als ich meine Frau kennenlernte, die damals als Anwältin für internationales Wirtschaftsrecht in London und Paris gearbeitet hat, fragte sie, welche Geschäfte wir in Amerika machen. Das war Neuland. Durch Kontakte meiner Frau haben wir uns den amerikanischen Markt genauer angesehen und beschlossen, einen Vertrieb aufzubauen. Zuerst mit einer Lizenz, später, nach Kauf der Patente und Technologien, als eigenständiges Unternehmen.

Headworks ist ein Spezialist in der Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung und liefert Ausrüstung und Technologie für Industrie und Kommunen. Wassermanagement ist nun ein ganz wichtiges Umweltthema, vor 35 Jahren war das nicht so.

Nach dem Studium habe ich im Nahen Osten für die Voest und für den Maculan-Konzern gearbeitet. Da wurde mir schnell klar, wie sehr Wasser eine rare Ressource ist. Als ich mich in Hongkong selbstständig gemacht hatte, erlebte ich, wie sich die Stadt zu einer hochmodernen Metropole entwickelt hat. Eine wichtige Aufgabe war, den Hafen, der eine Kloake war, zu reinigen. Dafür war westliche Technologie sehr hilfreich, und die hatten wir. Außerdem war unsere Technologie weit besser als die der damaligen Kolonialherren, der Engländer.

Die USA gelten als Unternehmerparadies, eine Firma ist rasch gegründet, heißt es. Wie war der Start für Sie?

Rückblickend war es nicht viel leichter als in Europa, denn es zeigte sich, dass Kommunen, die anfangs unsere Hauptkunden waren, genauso vorsichtig und langsam agieren wie in Europa oder in Asien. Importe aus Europa waren noch sehr rar und daher die Vorsicht umso größer. Damals gab es auch kaum E-Mail-Verkehr und selbst Telefonate waren schwierig, denn die Telefone der Kunden waren für internationale Gespräche gesperrt.

Wasseraufbereitung war damals eine neue Technologie, auch in den USA. Welche Hürden gab es da zu überwinden?

Gemeinde- oder Landesangestellten etwas Neues zu verkaufen, ist schwierig, denn sie sind abgesichert, wenn sie eine etablierte Technologie kaufen. Wir mussten daher den „Innovationschampion“ finden, der willig war, seinen Einfluss geltend zu machen und für eine neue Technologie zu werben.

Wie lange hat es gebraucht, um die Firma zu etablieren und sich einen Namen zu machen?

Zuerst haben wir das Geschäft von Österreich aus betrieben. Nach vier Jahren hatten wir die ersten Aufträge und es war unumgänglich, in die USA umzuziehen. Nach etwa fünf Jahren bekamen wir größere Aufträge, die in der Industrie langsam Aufmerksamkeit erregten. Wichtig war, die in den USA einzigartigen „Manufacturers Representatives“ zu finden, die technisch versierten und perfekt vernetzten lokalen Vertriebspartner, die regionalen Augen und Ohren, ohne die in etlichen Industrien nichts geht.

Hätten Sie auch in Österreich Erfolg gehabt?  

Österreich als Arbeitsort hat mich nie gereizt, ich wollte immer einen Erfolg in der weiten Welt. Nichtsdestotrotz bin ich im Herzen ein begeisterter Österreicher.

Was steht im Vordergrund: Erfolg, Wohlstand – oder beides?

Für einen Unternehmer ist Erfolg die Triebfeder, täglich weiterzukämpfen. Erfolg ist aber auch, wenn man rückblickend sagen kann, man hat etwas nicht nur für sich, sondern für die Allgemeinheit geleistet, das Leben von Menschen verbessert oder zum Wohle der Gesellschaft beigetragen. Mit unseren Technologien haben wir Millionen Menschen, vor allem in Entwicklungsländern, zu einer besseren Wasserqualität verholfen. Das fühlt sich einfach gut an. Ein gewisser Wohlstand sollte sich automatisch ergeben.

Was bedeutet Geld für Sie?

Geld ist für einen Unternehmer auch ein Indikator des Erfolges, aber es darf nicht das alleinige Lebensziel sein.

Wenn Sie Geld ausgeben, wofür?

Kunst, Kultur, Reisen.

Wie legen Sie Geld an?

Wir haben immer viel in die Firma reinvestiert. Bei Aktien bin ich vorsichtig, wir sind keine Risikospekulanten.

Was ist Luxus für Sie?

Luxus ist mehr denn je Zeit zu haben, Zeit für Freunde, Zeit zum Reisen, Zeit für sich selbst.

Was sind die größten kulturellen Unterschiede zwischen den USA und Österreich?

Ich lebe im Zentrum von Houston, neben New York, die internationalste Stadt der USA. Ich esse praktisch nie in einem Ketten-Restaurant. Das kulturelle Angebot, gefördert durch den Reichtum aus der Öl- und Energieindustrie, ist exzellent. Wir haben fantastische Museen und Galerien, eine exzellente Oper, Symphonie und Ballett. Der musikalische Leiter der Houston Oper hat vor einigen Jahren bei den Bregenzer Festspielen dirigiert. Der gewaltigste Unterschied ist, dass Houston eine Autostadt ist. Man kann fast nirgendwo zu Fuß gehen.

Was vermissen Sie?

Die Wiener Küche, denn trotz der Größe von Houston gibt es hier kein österreichisches Restaurant. Auch die Spontaneität, wie ich sie aus Wien kenne, fehlt: Jemanden anrufen und sich 20 Minuten später auf einen Kaffee treffen.

Die USA haben in den vergangenen Jahren große politische und wirtschaftliche Veränderungen erlebt. Hat sich auch das Klima für Unternehmer verändert?

Ich glaube nicht. Im Gegenteil: Infolge der nationalistischen Bestrebungen kommen vermehrt Firmen in die USA. Außerdem ist Texas einer der am schnellsten wachsenden Bundesstaaten, da vor allem aus Kalifornien und New York Menschen und Unternehmen zuziehen. Viele Europäer kennen die USA nur von der Westküste, Ostküste und Chicago. Das ist ein Fehler. Asien hat das schon lange erkannt, Österreich beginnt langsam aufzuwachen. Es gibt mehr österreichische Wirtschaftsdelegationen und Firmen in Texas.

Was unterscheidet die USA von Europa aus ökonomischer Sicht?

Die Vorteile sind die Größe mit 350 Millionen Einwohnern, das westliche Rechtssystem und hohe Einkommen. Eine Referenz in Florida gilt auch in Seattle. In Europa kämpft man von Land zu Land, mit verschiedenen Sprachen. Aber die USA sind Teil eines Kontinents und es gibt immense regionale Unterschiede. Auch kaufen viele Amerikaner Produkte nicht wegen der Qualität, sondern des Preises. Ein Erfolg in Europa ist nicht unbedingt Garant für einen Erfolg hier.

Trotz allen Verwerfungen, etwa dem ewigen Gerangel um die Schuldengrenze und dem Konflikt mit China, sind die USA die größte Volkswirtschaft und dominieren vor allem den IT-Sektor. Wer oder was könnte diese Position ernsthaft bedrohen?

Die USA sind viel mehr als manche europäischen Länder privatwirtschaftlich orientiert. Bedenkt man, dass hier der Siegeszug des E-Autos begonnen hat und in Houston, dem sogenannten Energy Center of the World, Ölfirmen Milliarden in Erneuerbare Energien investieren, dann glaube ich, dass die private Wirtschaft weiter Erfolg haben und Wege finden wird, um gegenüber China oder anderen Regionen bestehen zu können.

Würden Sie Ihr Unternehmen auch heute noch in den USA gründen?

Ja, wenn man die Herausforderung positiv angeht, ist Amerika weiter das Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Gibt es einen Wunsch, den Sie sich unbedingt erfüllen wollen? 

Da gibt es viele, das beginnt damit, mehr Zeit in Österreich zu verbringen.  

Zur Person

Gerald Seidl hat nach dem Studium an der TU Wien und einigen Berufsjahren in Hongkong, gemeinsam mit seiner Frau im Jahr 1998 die Firma Headworks International in den USA gegründet. Das Unternehmen ist ein Spezialist für Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung für Industrie und Kommunen und ist global tätig. Seidl ist auch österreichischer Honorarkonsul für Texas, Oklahoma und Arkansas.

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