Landwirtschaft

EU verlängert Glyphosat-Einsatz um zehn Jahre

Der Einsatz des Unkrautvernichters Glyphosat ist innerhalb der EU durchaus umstritten.
Der Einsatz des Unkrautvernichters Glyphosat ist innerhalb der EU durchaus umstritten.Getty Images / Jean-francois Monier
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Im Dezember läuft die Zulassung für den Unkrautvernichter Glyphosat aus. Der EU-Berufungsausschuss konnte am Donnerstag keine qualifizierte Mehrheit für den weiteren Einsatz bis 2033 erzielen. Die EU-Kommission gab Stunden später dennoch grünes Licht.

Die Europäische Kommission verlängert die Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in der Europäischen Union um weitere zehn Jahre. Die Verlängerung erfolge auf Grundlage umfassender Sicherheitsbewertungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sowie der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), erklärte die EU-Kommission am Donnerstag. Sie beschloss zugleich mehrere neue Bedingungen und Einschränkungen. Dazu gehören etwa ein Verbot der Verwendung von Glyphosat als Trockenmittel vor der Ernte, die Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen zum Schutz von Nichtzielorganismen sowie eine Festlegung von Höchstausbringungsmengen.

Die EU-Mitgliedsstaaten hatten sich zuvor in einer zweiten Abstimmung im Berufungssauschuss erneut nicht einigen können. Bei der Abstimmung war eine qualifizierte Mehrheit von 15 der 27 EU-Länder, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung vertreten, für die Verlängerung oder Ablehnung der Zulassung von Glyphosat erforderlich. Bereits vor einem Monat konnten sich die Länder nicht zu einer eindeutigen Stellungnahme durchringen. Deshalb war nun die EU-Kommmission am Zug. Sie hatte bereits eine Verlängerung der Zulassung, die noch bis zum 15. Dezember läuft, um weitere zehn Jahre vorgeschlagen.

Österreich war neben Luxemburg und Kroatien übrigens eines jener Länder, das im Herbst gegen den Vorschlag stimmte – allerdings, weil es muss. 2017 wurde im Unterausschuss des Parlaments ein entsprechender Beschluss getroffen, die erneute Zulassung abzulehnen.

Umstrittener Unkrautvernichter

Glyphosat wurde im Jahr 1974 erstmals zugelassen. Der Wirkstoff zählt zu den am meisten eingesetzten Herbiziden weltweit und lässt Pflanzen absterben. Bevor Nutzpflanzen ausgesät werden, kommt das Mittel zum Einsatz, um das Wachstum von Unkraut verhindern. Hierzulande wurde 2021 ein Teilverbot im Nationalrat beschlossen. Seitdem darf Glyphosat an sensiblen Orten wie Kinderspielplätzen nicht mehr eingesetzt werden. In der Landwirtschaft bleibt es aber weiterhin erlaubt.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte eine erneute Zulassung des Mittels erst im Sommer als unkritisch bewertet. Behörden weltweit haben das Mittel als nicht krebserregend eingestuft. 2015 wurde dem Wirkstoff von der internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) der WHO jedoch beschieden, „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ zu sein. Bayer zeigt sich von der Sicherheit des Produkts allerdings nach wie vor überzeugt: „Eine erneute Genehmigung von Glyphosat würde Landwirten und anderen Anwendern in Europa weiterhin eine wichtige Technologie für die integrierte Unkrautbekämpfung zur Verfügung stellen“, ließ der Konzern im Oktober wissen.

Kein Ruhmesblatt für Bayer

Für den deutschen Pharmakonzern war der Kauf des Glyphosat-Produzenten Monsanto übrigens alles andere als die beste Entscheidung. Zwar sah man den 66 Mrd. Dollar Deal im Jahr 2016. damals als große Chance, um im Konkurrenzkampf der Chemiekonzerne nicht unterzugehen. Doch hatte das Unternehmen wohl eines unterschätzt: den Rattenschwanz an Rechtsstreitigkeiten, den das Herbizid Round-up noch nach sich ziehen würde.

Zuletzt hatte Bayer jedenfalls ordentlich Probleme mit dem Unkrautvernichter. Anfang November verlor der Konzern in den USA gleich drei Prozesse wegen der angeblich krebserregenden Wirkung des Mittels. Zuvor hatte das Unternehmen allerdings neun Verfahren in Folge gewonnen. „Bayers Strategie besteht darin, nur noch solche Prozesse zu führen, bei denen man sich eine gute Chance ausrechnet, den Prozess zu gewinnen. Das hat neunmal geklappt, ist aber nun dreimal fehlgeschlagen“, urteilte Fondsmanager Markus Manns von Union Investment. „Angesichts der schwierigen Cash-Situation beziehungsweise der hohen Verschuldung sollte aber auch eine teure Einigung mit allen Klägern vermieden werden. Das wird ein schwieriger Spagat für Bayer“, so der Fondsmanager.

Konzern wird umgebaut

In Summe wurden 160.000 Ansprüche gegen den Konzern wegen des Mittels Round-Up angemeldet, in 47.000 Fällen steht eine Einigung noch aus. Ende Dezember des Vorjahres beliefen sich die Rückstellungen bei Bayer wegen Glyphosat-Klagen auf über sechs Milliarden Dollar. Rund zehn Milliarden Dollar hat das Unternehmen bereits bezahlt, um Rechtsstreitigkeiten beizulegen.

Der Aktienkurs des Unternehmens ist im Zuge der Übernahme jedenfalls stark unter Druck geraten – und hat sich eigentlich auch nie wieder erholt. Vor dem Kauf von Monsanto kletterte das Papier auf ein Rekordhoch von fast 140 Euro. Doch ab März 2015 ging es kontinuierlich bergab, seither hat der Kurs um 70 Prozent nachgegeben, die Aktie kostet inzwischen nur noch 40 Euro. Bayers neuer Chef, Bill Anderson, will im Unternehmen nun keinen Stein mehr auf dem anderen lassen. „Der Status quo ist für Bayer schlicht keine Option.“ Details zum Konzernumbau sollen im März bekannt gegeben werden. Derzeit geht das Unternehmen für 2024 von schwachen Wachstumsaussichten aus, auch sieht man „Herausforderungen für die Profitabilität“. In den ersten neun Monaten ging der Umsatz von Bayer um fast acht Prozent auf 35,7 Mrd. Euro zurück. Der Verlust belief sich auf über vier Milliarden Euro.

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