Cynthia Fleurys Gesellschaftsanalyse zum Thema Ressentiment.
Hier liegt die Mutter begraben. Daneben die Bitterkeit. Anderswo liegt das Meer. Mit diesen dreien, der Mutter, dem Meer und der Bitterkeit, führt die Philosophin und Psychoanalytikerin Cynthia Fleury in den Untergrund des Ressentiments. La mere, l’amer, la mer – im Französischen klingen Mutter, Bitterkeit und Meer zusammen.
Die elterliche Trennung, die das Erwachsenwerden umfängt, der Schmerz, dessen Bitterkeit sich nicht von selbst löst, das Meer, das uns die weite See eröffnet. Im Ressentiment sind sie alle drei begraben. Fleury argumentiert für einen „Umgang mit der Bitterkeit, bei der man sich nicht der Illusion der Reinheit oder Absolutheit unterwirft“. Die Bitterkeit beeinträchtigt den Geschmack. Das ist nicht so einfach. Dieser Geschmack ist aber gleichzeitig eine Form der Heilung vom Ressentiment. Denn es kann schnell gehen, dass Nachbarn zu Feinden werden. Wir haben nebeneinander und miteinander gelebt, erzählen Freunde aus dem ehemaligen Jugoslawien. Im selben Dorf, in derselben Straße. Plötzlich gab es kein Gespräch mehr, nur Misstrauen, Ressentiments und Hass.