KV-Verhandlungen

Was der Metaller-Abschluss bedeutet

Die Metaller haben sich geeinigt. Am Ende hat jeder etwas bekommen.
Die Metaller haben sich geeinigt. Am Ende hat jeder etwas bekommen.Imago / Christian Vorhofer Via Www.imago-images.de
  • Drucken

Zur Einigung in der Metallerlohnrunde erzählen Gewerkschafter wie Arbeitgeber jeweils ihre eigene Geschichte. Den zweijährigen Abschluss bewertet ein Experte als „risikobehaftet“ für die Industrie.

Wien. Acht Verhandlungsrunden samt Streiks hat es gedauert, bis es am Donnerstagabend in der metalltechnischen Industrie einen Lohnabschluss gab. Kurz darauf zogen die fünf verbliebenen Fachverbände der Metallindustrie nach. Die Gewerkschaft hat dabei erreicht, dass die Inflation weitgehend abgegolten wird.

Im Durchschnitt werden die Löhne und Gehälter zwar um nur 8,6 Prozent angehoben. Das ist weniger als die zurückliegende Teuerung von 9,6 Prozent. Denn die Arbeitgeber beharrten auf einer Einschleifregelung: niedrigere Einkommen steigen stärker, höhere dafür weniger. Aber alle bis zu einem Bruttolohn von knapp 4200 Euro monatlich erhalten zehn Prozent Lohnerhöhung. Laut Gewerkschaft trifft das auf zwei Drittel der Beschäftigten zu. Für alle darüber wird ein Fixbetrag von 400 Euro eingezogen. Prozentuell erhält man also weniger Erhöhung, je mehr man verdient.

Aber auch die Arbeitgeber bekommen etwas: und zwar einen zweijährigen Lohnabschluss, der ihnen Planungssicherheit ermöglicht. Die Löhne und Gehälter steigen im November 2024 um die „rollierende“ Inflation (Inflation der zwölf zurückliegenden Monate), darauf wird ein Prozentpunkt aufgeschlagen. Gewissermaßen wird also nächstes Jahr teilweise das ausgeglichen, um das heuer weniger erhöht wird.

Die metalltechnische Industrie zählt zu den Branchen mit den höchsten Löhnen und Gehältern. Laut Angaben des Fachverbands (FMTI) beträgt das durchschnittliche Monatsgehalt für Angestellte 5100 Euro brutto. Der durchschnittliche Lohn für Arbeiter beträgt 3670 Euro. Überzahlungen sind in der Branche die Regel: Laut FMTI liegen die Löhne und Gehälter um durchschnittlich zwölf bzw 28 Prozent über dem Kollektivvertrag. Über 85 Prozent der Unternehmen sind Familienbetriebe.

„Fair und innovativ“

Nach Abschluss der Lohnverhandlungen am Donnerstagabend hatte dann auch jeder seine eigene Geschichte zu erzählen: Die Arbeitgeber verkündeten, dass die Löhne um durchschnittlich 8,6 Prozent steigen. Also unter der Inflation. Außerdem wird - vorbehaltlich einer Einigung - eine „betriebliche Wettbewerbssicherung-Klausel“ eingeführt: Unternehmen mit hohen Belastungen erhalten die Möglichkeit, Teile der Lohnerhöhungen flexibel umzuwandeln, etwa in zusätzliche Freizeit. : „Es ist positiv, dass wir eine grundsätzliche KV-Einigung erzielen konnten, die fair und innovativ zugleich ist“, sagte Arbeitgeber-Sprecher Christian Knill.

Die Gewerkschaft erzählt lieber die Geschichte, dass Löhne und Gehälter um zehn Prozent, aber maximal um 400 Euro monatlich steigen. Denn die zehn Prozent liegen über der rollierenden Inflation von 9,6 Prozent. Und die Gewerkschafts-Chefverhandler hatten ausgeschlossen, einen Lohnabschluss unter der Inflation zu akzeptieren.

Wer hat nun also gewonnen – die Arbeitgeber oder die Gewerkschaft? „Das ist schwierig zu sagen. Bei einem Kompromiss müssen beide etwas aufgeben“, sagt Benjamin Bittschi vom Wifo. Die Arbeitgeber hätten erreicht, dass sie einen Abschluss unter der rollierenden Inflation bekommen. Dennoch sei es für die Gewerkschaft ein Abschluss, bei dem man nicht das Gesicht verliere. Der Abschluss dürfte nach Ansicht von Bittschi auch beispielgebend für die kommende Frühjahrslohnrunde bei der Elektroindustrie aber auch den Handel sein, beim dem derzeit erstmals seit Jahrzehnten Streiks stattfinden. Die Lohnführerschaft der Metaller sei damit „weiterhin gegeben“, sagt Bittschi.

Anstieg der Lohnstückkosten

Und was heißt das nun für die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs? Schließlich hat ja auch das Wifo bereits im Sommer erklärt, dass es heuer den stärksten Anstieg der Lohnstückkosten seit 30 Jahren geben werde. Dabei handle es sich jedoch um den absoluten Anstieg der Lohnstückkosten innerhalb Österreichs. Entscheidend sei jedoch der internationale Vergleich, sagt Bittschi. Und hier habe sich Österreich bis 2022 noch verbessert, da in anderen Ländern nicht nur die zurückliegende Inflation, sondern auch die Erwartungen in die Lohnrunden einfließen.

„Die rollierende Inflation ist sehr träge“, so Bittschi. Österreich ziehe also erst jetzt den „Inflationspeak“ in den Löhnen nach. Heuer werde die Steigerung daher stärker sein als in anderen Ländern, kurzfristig bedeute das aber noch kein großes Thema für die Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings müsse die deutlich über dem EU-Schnitt liegende Inflation in Griff bekommen werden. Sonst ergebe sich langfristig hier sehr wohl eine Gefahr.

Den zweijährigen Abschluss bewertet der Ökonom für die Industrie als risikobehaftet. „Es gibt das Risiko, dass die Inflation so hoch ist wie prognostiziert. Daher gibt es in manchen Abschlüssen Klauseln, dass nachverhandelt wird, wenn die Inflation über einem gewissen Schwellenwert liegt.“ (hie/jaz)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.