Klimakonferenz

Es geht nicht nur um Hitze: Auch Kühlung heizt das Klima an

Mehr Hitze bedeutet mehr Klimaanlagen, also auch mehr Stromverbrauch, was wiederum in mehr Hitze münden kann. Diesen Teufelskreis will die UNO durchbrechen. Im Bild eine Aufnahme aus Neu Delhi.
Mehr Hitze bedeutet mehr Klimaanlagen, also auch mehr Stromverbrauch, was wiederum in mehr Hitze münden kann. Diesen Teufelskreis will die UNO durchbrechen. Im Bild eine Aufnahme aus Neu Delhi.Reuters / Adnan Abidi
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Bei der Klimaerwärmung scheint sich alles um Hitze, um hochschießende Temperaturen zu drehen. Es geht aber auch um Kälte. Das zeigt ein Bericht, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Zu kühlen, gegebenenfalls einzufrieren, ist nicht nur eine Frage des Komforts, sondern auch eine Frage des Überlebens. Und: Es ist die Frage, wie stark das Klima belastet wird. Dies zeigt „Global Cooling Watch“, ein Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep), der am Dienstag veröffentlicht worden ist.

Es sind nicht weniger als 1,2 Milliarden Menschen, die eine Kühlung benötigten, aber keinerlei Zugang dazu haben – einerseits, weil die Versorgung mit Strom nicht vorhanden ist, und andererseits, weil das Geld fehlt. Besonders betroffen sind davon Frauen.

1,5 Millionen Tote

Und gerade diese Menschen leben in den heißesten Regionen der Erde. Dort ist die Klimakrise am stärksten zu spüren. Dem Fehlen von Kühlgeräten werden weltweit etwa 1,5 Millionen Todesopfer zugerechnet, so der Unep-Bericht. Hauptursache für den vorzeitigen Tod sind die unterbrochenen Kühlketten für Impfstoffe, aber auch für Lebensmittel.

Auszugehen ist davon, dass sich bis 2050 die Zahl der Kühlgeräte verdreifachen wird – und der Stromverbrauch verdoppeln, wenn die Energiesparprogramme so langsam wie bisher anlaufen. Schon jetzt verbrauchen diese elektrischen Geräte ein Fünftel der elektrischen Energie und sind einer der größten Treiber für Verbrauchsspitzen. Diese wiederum behindern erneuerbare Energien.

Und es gibt noch ein Problem: die Flüssigkeiten in den Kühlgeräten. Ursprünglich enthielten sie Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die allerdings die Ozonschicht zerstörten. Als Ersatz wurden durch den Kigali-Zusatz zum Montrealer Protokoll auf halogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFKW) umgesattelt. Allerdings wurde dabei völlig unterschätzt, in welchem Ausmaß diese Substanzen, die kein Chlor enthalten und deshalb auch ungefährlich für die Ozonschicht sind, den Treibhauseffekt und damit die Klimakrise vorantreiben.

Vor diesem Hintergrund gibt es zwei Szenarien: Steigende Durchschnittstemperaturen kurbeln die Notwendigkeit von Kühlung an, die den Stromverbrauch in die Höhe treibt, wodurch die Treibhausgas-Emissionen weiter steigen und damit auch die Nachfrage nach Kühlgeräten in die Höhe getrieben wird. Alternative dazu, so der Report: Verstärkt auf passive Kühlung setzen, radikales Energiesparprogramm und rascherer Ersatz der Kühlflüssigkeiten, als dies im Abkommen von Kigali vorgeschrieben ist. Dadurch könnten die Emissionen aus diesem Sektor um 60 Prozent sinken – um 3,8 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent, das sind mehr als sechs Prozent der weltweit in einem Jahr ausgestoßenen Menge an Treibhausgasen.

Die Hauptverantwortung für das Gelingen oder Scheitern dieses Programms, das die Unep vorschlägt, tragen die 20 Nationen mit den stärksten Wirtschaftsräumen: Drei Viertel des Einsparpotenzials liegen in diesen 20 Ländern.

Und auch dabei geht es um Geld. Nach Berechnung der Studienautoren sind drei Billionen US-Dollar nötig, um passive Kühlung zu ermöglichen, sodass sich der Bedarf an Klimageräten um ein Viertel verringert. Das brächte auch mit sich, dass 1,3 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent eingespart werden könnten, also erst gar nicht in die Atmosphäre gelangten.

Nur ein Fünftel der Staaten hat konkrete Pläne

Energie zu sparen ist mit keinen großen Investitionen verbunden, wohl aber mit der Schaffung von Anreizen. Verhindert müsse jedenfalls werden, dass Kühlgeräte, die klimaschädliche Flüssigkeiten enthalten, in Länder des Globalen Südens verschoben werden (die länger Zeit für ein Phase-out haben).

Die Autoren schlagen vor, dass die Staaten stärker mit den Regulativen in den Markt eingreifen, stellen aber gleichzeitig fest, dass bei vier Fünfteln der Mitgliedsländer derartige Bemühungen in den Anfangsstadien stecken. Nicht einmal ein Fünftel der Länder – insgesamt 35 – hat nationale Aktionspläne für Kühlung.

Energiesparprogramme, passive Kühlung und beschleunigter Ausstieg aus bedenklichen Kühlflüssigkeiten könnten über den gesamten Lebenszyklus der Geräte Einsparungen in der Höhe von 22 Billionen US-Dollar generieren. Für Endverbraucher sollen die Stromrechnungen insgesamt um 17 Billionen $ günstiger werden (kumulierter Betrag bis 2050). Die Einsparungen sollen auch bewirken, dass vier bis fünf Billionen $ nicht in den Bau von Kraftwerken investiert werden müssen.

Der Bericht wird im Rahmen der Klimakonferenz in Dubai präsentiert. Und deshalb wird daraus auch gleich ein „Global Cooling Pledge“, ein gemeinsames Versprechen der Vereinigten Arabischen Emirate und der „Cool Coalition“. Ziel ist, das Bewusstsein zu steigern, die durch Kühlung verursachten Emissionen um zumindest 60 Prozent zu verringern. Die Cool Coalition wird von der Unep geführt und ist eine Plattform, an der alle teilnehmen können, die vom Thema betroffen sind. Die Initiative ist nach dem UN Climate Action Summit 2019 entstanden.

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