Expedition Europa: Saudi-Arabien sei für ihn „weniger schlimm“ als für andere, sagt Gianni. Er vermisst das Skifahren, das ihm während seiner Profizeit verboten ist.
Wer heute über europäischen Fußball schreiben will, der muss nach Saudi-Arabien, und wer statt Cristiano „200 Millionen Jahresgage“-Ronaldo einen siebensprachigen Mustereuropäer kennenlernen will, der muss nach Dschidda. Der Fußweg von meiner flohfröhlichen Unterkunft zum Hotel-Wolkenkratzer Shangri-La beträgt eine Dreiviertelstunde, ich muss dafür nur über eine übergangslose 16-spurige Stadtautobahn sprinten, die bei 33 Grad Lufttemperatur und 30 Grad Meerestemperatur abgeriegelten Strände beweinen und eine weitere Dreiviertelstunde den Bauzaun vor der Sackgasse der neuen Formel-1-Strecke umwandern.
Er sagt ganz normale Dinge
Ezgjan „Gianni“ Alioski (31) ist ein in Nordmazedonien geborener Albaner, der seit dem Alter von eins in der Schweiz lebt und seit dem Alter von 16 für die mazedonische Nationalmannschaft spielt. Der unverstellte Blonde mit dem gemütlichen schweizerdeutschen Akzent kommt mir in dieser ungastlichen Fremde so vertraut vor, dass ich ihn instinktiv duze. Er sagt nämlich ganz normale Dinge – etwa dass die von den Saudis an unsere Fußballer ausgezahlten Summen „ungesund“ sind. Seine Balkone im 14. Stock sind geschätzt dreißig Meter lang, den kleinen Braunen macht er mir selbst. Da er gerade erst in diese größere Suite hier umgezogen ist, liegt auf einem Fauteuil sein weißes muslimisches Pilgergewand: „Das ist sicher etwas Emotionales“, erklärt der Moslem, „das ist das Land von unserem Propheten, das ist unser Zuhause.“ Er braucht nur eine Stunde nach Mekka, seinen Haddsch hat er noch nicht gemacht, die kleine Pilgerfahrt Umra nun schon mehrmals.