Musik

Johanna Egger: „Nur ich und meine Gitarre“

Schreibt all ihre Lieder selbst: Johanna Egger.
Schreibt all ihre Lieder selbst: Johanna Egger.Clemens Fabry
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Ihre Lieder seien nur dann ehrlich, wenn sie auf eigenen Erfahrungen beruhen, sagt Johanna Egger. Im Interview spricht sie über ihr erstes Album „Viertel vor vier“, Melancholie und das „schönste Gefühl überhaupt“. 

Die Presse: Der Song „Melancholisch“ aus dem Album „Viertel vor vier“ hat das Potenzial, zur Hymne für alle verliebten, insbesondere heimlich verliebten Menschen zu werden. Wie ist er entstanden?

Johanna Egger: So etwas wie eine Hymne für Verliebte oder heimlich Verliebte zu schreiben war tatsächlich die Motivation dahinter. Ich schreibe meine Lieder immer so, dass ich mit ihnen entweder eine bestimmte Situation einfangen und erzählen will oder einen bestimmten Gefühlszustand. Bei „Melancholisch“ hatte ich eine ganz konkrete Situation im Kopf, die entsteht, wenn du verliebt bist. Davon ausgehend wollte ich etwas schreiben, womit sich Menschen identifizieren können. Und ich glaube, dass jede Person, die schon einmal verliebt oder heimlich verliebt war, sich mit diesem Lied identifizieren kann.

Welche konkrete Situation war das, die Sie im Kopf hatten? 

Du sitzt mit Freunden in einer Bar, hast vielleicht schon ein, zwei Gläser getrunken und fällst in eine Gedankenspirale, weil du gerade jemanden kennengelernt hast oder ganz am Anfang von etwas stehst, von dem du noch nicht weißt, was daraus wird. Gerade in dieser Phase machst du dir die meisten Gedanken und stellst dir Fragen wie: Was kann ich tun oder sagen und was nicht? Wie weit kann ich gehen? Mag er oder sie mich danach noch? Diese Unsicherheit in einer Phase, in der du nicht weißt, ob deine Gefühle erwidert werden, wollte ich mit „Melancholisch“ ausdrücken.

Sie selbst waren natürlich auch schon in dieser Situation …

Natürlich, mehrmals. Ich schreibe immer mit einem sehr persönlichen Zugang. Für mich sind meine Lieder nur dann ehrlich, wenn ich sie aus eigener Erfahrung schreibe.

Wie würden Sie Ihre Musikrichtung beschreiben? Deutschsprachigen Pop?

Für Pop ist meine Musik manchmal zu sanft, denke ich. Singer-Songwriter trifft es wohl am ehesten, weil … es bin ja nur ich und meine Gitarre. Künftig will ich auch versuchen, ein bisschen in die Indie-Richtung zu gehen, ich mag dieses Genre. Aber ich weiß auch nicht, das Kategorisieren von Musik ist mühsam und fällt mir schwer, weil eine scharfe Abgrenzung ohnehin nicht möglich ist, auch nicht bei meiner Musik. Außerdem entwickelt man sich ja ständig weiter. 

Als Sie Ihr Album vor Kurzem bei Puls4 vorgestellt haben, antworteten Sie auf eine entsprechende Frage, dass Sie sich als sehr melancholischen Menschen beschreiben würden. Wie ist das gemeint?

Interessanterweise sprechen mich viele darauf an. Hätte ich nie gedacht. Um es klarzustellen: Ich bin ein lebensfroher, lustiger Mensch (lacht). Melancholie ist einfach ein schönes Wort, finde ich. Deswegen kommt es so häufig in meinen Liedern vor. Ich verbinde damit aber vor allem Nachdenklichkeit und Gedankenverlorenheit, sicher auch Trauer – wenn man Liebeskummer hat zum Beispiel. Melancholie ist für mich also Ausdruck einer großen Gefühlswelt, die man in sich trägt. Und ich trage dieses Lebensgefühl ganz sicher in mir, das habe ich schon als Kind. Dazu fällt mir gerade sogar eine Geschichte ein. Erst vor Kurzem habe ich ein Tagebuch von mir gefunden, aus meiner Zeit in der Volksschule. Darin steht der Satz: „Manchmal schau ich aus dem Fenster und denke an die Liebe.“ Das fand ich so lustig, denn das bin total ich. Als siebenjähriges Kind habe ich es in mein Tagebuch geschrieben, jetzt schreibe ich Lieder darüber. Und zwar am liebsten dann, wenn ich in diese gedankenversunkene, verträumte und auch romantische Stimmung komme, die man als Melancholie bezeichnen kann. Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass ich ein Theatermensch bin und viel mit Emotionen arbeite. 

Ich habe eine regelmäßige Kolumne in der „Presse“. Sobald ich eine These und eine Idee für den Schlusssatz habe, lege ich los und brauche nicht länger als zehn Minuten für das Schreiben der Kolumne. Sie bricht aus mir heraus. Kommt Ihnen dieses Phänomen beim Komponieren Ihrer Songs bekannt vor, oder lassen sich diese beiden Formate nicht vergleichen?

Dieses Phänomen kommt mir sogar sehr bekannt vor. „Melancholisch“ habe ich so geschrieben. „Viertel vor vier“ auch. Bei diesem Lied hatte ich den ersten Satz ein halbes Jahr lang in meinem Handy stehen, und auf einmal entstand innerhalb von zwei Minuten das ganze Lied. Mein Handy ist voll mit Strophen und auch einzelnen Versen. Manchmal dauert es länger, bis aus ihnen ein Lied wird, manchmal passiert es ganz schnell. Ich glaube ja, dass die Lieder, die am schnellsten entstehen, die Menschen am direktesten und heftigsten treffen. Bei diesen Liedern ist das Feedback immer am besten. Bisher war das jedenfalls so.

Dieses Gefühl, gerade eben etwas Besonderes geschaffen zu haben, ist sowieso …

… das schönste Gefühl überhaupt. Wenn die Texte ganz frei und spontan aus dem Bauch heraus kommen, mag ich das am liebsten. Denn ehrlicher werden sie nicht mehr. Bei „Wann geht das vorbei?“ hatte ich dieses Gefühl auch. Darin gibt es keine Mauer, alles in mir ist freigelegt. In diesem Lied steht genau das, was mir in jenen Momenten durch den Kopf gegangen ist. 

Und wenn Sie einmal länger brauchen für ein Lied …

… dann merke ich selbst, dass es etwas ehrlicher hätte sein können. Und dass etwas fehlt. Aber dann arbeite ich eben daran weiter, bis es stimmig ist.

Wie soll es mit Ihrer Karriere weitergehen? Ein bisschen Film und Fernsehen, ein bisschen Theater, ein bisschen Musik?

Das wäre natürlich die Idealvorstellung. Aber so einfach ist das nicht. In den vergangenen drei Jahren habe ich mich hauptsächlich auf das Theater konzentriert, ich liebe das Theater und will es auch nicht vernachlässigen. Aber der Wunsch, mich intensiver mit Musik zu beschäftigen, ist auch da. Daher werde ich mich nun vermehrt darauf fokussieren. Und auch auf Film und Fernsehen. Ich werde zumindest versuchen, alles unter einen Hut zu bringen. Das wäre der große Wunsch. 2024 wird es auch neue Musik von mir geben. Mal sehen, ob aus dieser EP mit sechs Liedern ein Album mit zwölf Liedern wird oder ob eine neue EP kommt. Jetzt gerade arbeite ich an ein paar Singles. 

Zur Person

Schauspiel und Musik. Johanna Egger wurde 1998 in Salzburg geboren. Schon während ihrer Schulzeit entdeckte sie ihre Liebe zur Schauspielerei und sammelte erste Erfahrungen in Film- und TV-Produktionen. Nach der Matura absolvierte sie eine Ausbildung an der Schauspielschule Krauss in Wien und kehrte zurück in ihre Heimatstadt, wo sie bis heute am Schauspielhaus Salzburg beschäftigt ist.

Neben dem Schauspiel ist Musik ihre große Leidenschaft. Egger spielt Gitarre, Ukulele, Klavier und schreibt ihre eigenen Songs. Ihr erstes Album, „Viertel vor vier“, ist soeben erschienen und kann auf allen gängigen Musikplattformen gestreamt werden.

Instagram: @johannaegger

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