Erkältungssaison

Grippewelle unmittelbar vor Ausbruch: Impfung nicht zu spät

Die Erkältungssaison hat in Österreich längst begonnen, auch die Zahl der „echten“ Grippefälle nimmt stark zu.
Die Erkältungssaison hat in Österreich längst begonnen, auch die Zahl der „echten“ Grippefälle nimmt stark zu.Imago/Gustafsson
  • Drucken

Österreichweit werden bereits lokale Ausbrüche registriert. Eine sogenannte epidemische Aktivität, wie eine Infektionswelle korrekt heißt, steht bevor. Ärzte raten dringend zur Impfung.

Dass Europa und Österreich endgültig im Leben nach der Pandemie angekommen sind, zeigt sich auch an der Aktivität des Influenzavirus, die im Wesentlichen den Jahren vor der Pandemie entspricht, als es keinerlei Maßnahmen zur Kontaktreduktion gab. Zum Wesen einer Grippewelle gehört, dass sie üblicherweise im Dezember und Jänner Fahrt aufnimmt und bis März oder April anhält. Genau diese Entwicklung zeichnet sich derzeit ab.

Sechs der neun Bundesländer befinden sich in der Vorstufe zur „epidemischen Aktivität“ mit einer unkontrollierten Ausbreitung des Virus, umgangssprachlich auch Grippewelle genannt. Nur in Kärnten, Tirol und Vorarlberg ist die Lage noch etwas entspannter, kann sich aber natürlich jeden Tag ändern. In „ein bis spätestens vier Wochen“ wird die Grippewelle österreichweit ausbrechen, sagt Monika Redlberger-Fritz vom Zentrum für Virologie an der Med-Uni Wien.

Darauf deuten sowohl die positiven Tests aus dem Sentinel-Netzwerk hin als auch die lokalen Ausbrüche in Österreich und die zunehmende Aktivität des Virus im Norden und Westen Europas. All das sind typische Anzeigen dafür, dass die Infektionswelle im Begriff ist, Mitteleuropa und somit Österreich zu erreichen. Beim Sentinel-Netzwerk handelt sich um eine Gruppe an Ärzten, die bei Patienten mit Erkältungssymptomen stichprobenartig Tests durchführen.

Zahl der Krankenstände steigt

Ein paar Zahlen zur Veranschaulichung der derzeitigen Situation: Allein in Wien wurden in der Kalenderwoche 50 rund 19.350 Fälle von Grippe und grippalen Infekten (ausgelöst durch Viren wie etwa RSV, Adeno- und Rhinovirus, das Coronavirus ist hier nicht dabei) gemeldet. Dabei handelt es sich um eine Hochrechnung auf Basis des besagten Sentinel-Netzwerks. In der Woche zuvor waren es 20.500, in der Woche davor 17.150 und in der Woche davor 14.700. Der jüngste leichte Rückgang täuscht, es ist nämlich davon auszugehen, dass viele Erkrankte wegen der Ferien- und Urlaubszeit gar nicht erst eine Ordination aufsuchen, um sich krankschreiben zu lassen, sondern sich zu Hause auskurieren.

Dennoch spiegeln sich diese hohen Zahlen an Infektionskrankheiten auch bei den Krankenständen wider. In der Kalenderwoche 50 waren in Österreich rund 156.000 Menschen wegen Grippe, grippaler Infekten und Covid-19 im Krankenstand, in Wien waren es 45.000. Der Großteil davon fällt natürlich auf grippale Infekte (102.000 österreichweit und 30.000 in Wien). In Summe waren in Österreich 336.000 Menschen als krank bzw. arbeitsunfähig gemeldet, in Wien 88.000. Sämtliche dieser Zahlen sind im Vergleich zur Vorwoche deutlich gestiegen.

Geringe Impfquote

Dominant ist im Übrigen der Stamm Influenza A(H1N1)pdm09. Bisherige Analysen zeigen eine gute Übereinstimmung mit den in den verfügbaren Impfstoffen enthaltenen Stämmen. Für eine Impfung ist es auch nicht zu spät, sagt Redlberger-Fritz im „Presse“-Gespräch. Empfohlen wird die Impfung grundsätzlich allen Personen ab dem vollendeten sechsten Lebensmonat, insbesondere aber Risikogruppen. Diese umfassen Personen ab 60 Jahren und, wie es im „Impfplan Österreich“ heißt, „noch nachdrücklicher“ Personen ab 65 Jahren sowie Personen „mit erhöhter Gefährdung infolge bestimmter chronischer Erkrankungen wie etwa chronischer Lungen-, Herz-, Kreislauf-, Nieren- oder neurologischen Erkrankungen, Stoffwechselkrankheiten (auch bei gut eingestelltem Diabetes mellitus) und Immundefekten“.

Außerdem gilt die Empfehlung für Personen, die viel reisen, Personal im Gesundheitsbereich, im Tourismus, im Handel mit viel Kundenkontakt, in der Gastronomie sowie in Bildungseinrichtungen. Impfen lassen sollten sich zudem alle stark übergewichtigen Personen, Schwangere und Frauen mit Kinderwunsch, stillende Frauen und Personen im Umfeld von Neugeborenen, Personen mit HIV-Infektion und anderen immunsuppressiven Erkrankungen. Geimpft werden sollten auch Säuglinge ab dem sechsten Monat und Kleinkinder. Die Impfung schützt relativ gut vor schweren Verläufen und ein bisschen auch vor Ansteckungen. Der Schutz hält zwölf bis 16 Wochen an. 

Kurzfristiger Anstieg der Quote

Noch liegt die Impfquote in Österreich unter zehn Prozent. Bis Ende vergangene Woche waren 722.426 Impfungen im elektronischen Impfpass eingetragen, damit sind 7,9 Prozent der Bevölkerung geimpft, wie aus dem Impf-Dashboard des Dachverbands der Sozialversicherungsträger hervorgeht. Impfstoffe sind grundsätzlich ausreichend verfügbar und werden gegen die Rezeptgebühr verabreicht – zumeist erfolgen die Impfungen in Ordinationen. In Altersheimen, bei Kinderärzten und beim betrieblichen Impfen in Firmen sind sie kostenlos. Eine komplette Verabreichung der eine Million vom Bund eingekauften Dosen würde eine Rate von 10,9 Prozent bedeuten, was im Europa-Schnitt immer noch wenig wäre. Und: Die Impfungen kosten nur dann „nur“ die Rezeptgebühr von sieben Euro, wenn sie im Zuge des österreichweiten Impfprogramms verabreicht werden, was zuletzt aus organisatorischen Gründen nicht immer möglich war. In dem Fall müssen die Impfstoffe regulär in Apotheken gekauft und von niedergelassenen Ärzten verabreicht werden – wiederum gegen Gebühr. In Summe kann das schon einmal 50 Euro kosten.

In den gesamten Grippesaisonen 2004/05 bis 2009/10 lag die Rate zwischen 11,3 und 15,4 Prozent, in den Jahren darauf fiel sie unter zehn Prozent. Das ist eine Schätzung des Österreichischen Verbands der Impfstoffhersteller (ÖVIH). Vor dem Corona-Winter 2020/21 wurde verstärkt zur Influenza-Impfung aufgerufen, um die Spitäler neben Covid-19 nicht zusätzlich zu belasten, Wien machte die Immunisierung kostenlos und verabreichte sie niederschwellig sogar in Straßenbahnen. Fast zwei Millionen Menschen – 22,1 Prozent der Bevölkerung – ließen sich impfen. In der Saison 2021/22 ging die Grippe-Impfrate trotz anhaltender Pandemie wieder auf 16,9 Prozent zurück.

2022/23 waren der ÖVIH-Schätzung zufolge 13,2 Prozent der Bevölkerung gegen Grippe geimpft. Nach dem Wegfall fast aller Corona-Maßnahmen gab es laut Med-Uni Wien zugleich die höchste Zahl an Infektionen seit der Einführung der Influenza-Überwachung 1999/2000. Rund 4000 Menschen starben in der vergangenen Saison laut Schätzung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) an der Grippe, darunter auch mehrere Kinder. Das ist eine vergleichsweise hohe Zahl an Todesopfern.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.