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Immobilien: 2023 war ein Jahr des Umbruchs

Die Zinswende sorgte in der Immobilienbranche für heftige Turbulenzen.
Die Zinswende sorgte in der Immobilienbranche für heftige Turbulenzen.Clemens Fabry
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In vielen Bereichen der Immobilienwirtschaft haben sich grundsätzliche Dinge verändert. Einige davon werden uns auch 2024 begleiten.

Angesichts der außergewöhnlich großen Herausforderungen war 2023 definitiv das Jahr der Profis. Für die Immobilienbranche waren die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen – allen voran die Zinswende – die größte Challenge. Durch steigende Zinsen verschieben sich die Rentabilitäten bei Immobilien, „das erfordert ein Umdenken in der Portfoliostrategie“, weiß Herwig Teufelsdorfer. Der Vorstand der S Immo AG hat diesbezüglich gute Intuition bewiesen. Der Schritt aus Deutschland, den das Unternehmen vollzogen hat, erweist sich als richtige Entscheidung: „Wir veräußern sukzessive unseren Bestand in Deutschland und investieren im Gegenzug in Österreich und CEE in Immobilien, von denen wir uns einen höheren Ergebnisbeitrag erwarten.“

Auch bei der 3SI wurden rechtzeitig vorausschauende Entscheidungen getroffen, die das Unternehmen auch 2023 stabil positionierten, wie Geschäftsführer Michael Schmidt betont: „Wir haben uns als Unternehmen bereits im ersten Halbjahr 2022 dahingehend abgesichert, was uns Planungssicherheit gegeben hat.“ Schmidt spricht die stark gestiegenen Zinsen an, die ihn in der Höhe „dann doch überrascht haben“. Zahlreichen anderen Akteuren fehlte die nötige Voraussicht, nicht alle Marktteilnehmer kommen mit den veränderten Rahmenbedingungen zurecht.

Wer kann investieren?

„Die Verwerfungen sind natürlich für die ganze Branche schwierig und werden sicher auch in den nächsten Monaten noch einige unerwünschte Kollateralschäden zur Folge haben“, hält Teufelsdorfer fest. Der gewerbliche Immobilienmarkt befand sich 2023 in einem Transformationsprozess. Aufgrund des hohen Zinsniveaus und der aktuellen ökonomischen Rahmenbedingungen sind viele institutionelle Investoren zurückhaltend bzw. haben nicht die Möglichkeiten zu investieren. Somit „bleibt für eigenkapitalstarke Privatinvestoren viel Platz“, sagt Markus Arnold, Geschäftsführer von Arnold Immobilien. „Im Fokus stehen dabei Wohnimmobilien und solide Gewerbeimmobilien.“

Nachhaltigkeit: Vieles steht und fällt mit ESG

Die Branche hatte allerdings auch noch ganz andere Herausforderungen zu bewältigen. Die größte war für Jasmin Soravia, Geschäftsführerin Kollitsch & Soravia Immobilien, die ESG-Compliance: „Nachhaltige Richtlinien und deren Einhaltung stellen die strategischen Leitplanken dar und haben das Potenzial, über den wirtschaftlichen Erfolg zu entscheiden.“ Mit der Formalisierung wächst die Bürokratie. „Unternehmen durchleben eine Transformation und brauchen Schnittstellen zwischen Risikomanagement, Strategiefragen, Datenanalyse und Nachhaltigkeitsthemen.“

Eine riesige Herausforderung für Projektentwickler, bei denen neben den Regulierungen „hohe Baukosten auf stark gestiegene Zinsen treffen“, beklagt Vöpe-Geschäftsführer Sebastian Beiglböck. Unabhängig von Neubau „verstärkt sich der Fokus auf den Bestand“, sagt Soravia. „Auch Kreislaufwirtschaft, Biodiversität oder Baulandmobilisierung sowie Nachverdichtung gewinnen an Bedeutung.“

Makler: Mieter zeigen mehr Respekt

Im Wohnbereich hat sich der Markt komplett gedreht: raus aus dem Eigentum, rein in die Miete. Das Angebot hat sich nicht nur durch die Nachfrage verringert, sondern auch durch das Bestellerprinzip, belegt Georg Spiegelfeld, Präsident Immobilienring Österreich: „Seit dessen Einführung hat sich das Angebot auf Plattformen von Wohnungen bis 1000 Euro Miete halbiert, bei Wohnungen im Bereich 1000 bis 1500 Euro um 25 Prozent reduziert.“ Im hochpreisigen Segment ab 1500 Euro blieb das inserierte Angebot stabil.

Daniel Deutsch, Geschäftsführer BE Real Immobilien, sieht die Vorteile der aktuellen Lage: „Der Mietermarkt hat trotz allem viele Unternehmen über die strengen Finanzierungsregelungen gerettet.“ Noch eine Veränderung zeigt sich seit dem Sommer. Deutsch stellt fest, dass die Mieter wieder „respektvoller“ geworden sind: „Sie wissen, dass sie jetzt Kunden sind, die nichts für die Dienstleistung bezahlen.“ Das zeige sich bei den Bewerbungen für die Wohnungen und vor allem in der Pünktlichkeit. „Früher sind Interessenten oft nicht gekommen und haben das Handy abgedreht, damit sie nicht erreichbar sind. Jetzt sind sie überpünktlich und höflich. Und möchten etwas von dir.“

Die Herausforderungen in der Immobilienbranche waren groß und werden es in den kommenden Monaten auch bleiben. Schmidt bliebt trotzdem optimistisch: „2023 hat gezeigt, dass eine Krise auch immer eine große Chance sein kann.“

Rückblick

2023 stellte die Immobilienbranche vor außergewöhnliche Herausforderungen, die größte war wohl die Zinswende samt den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Bei den Gewerbeimmobilien waren institutionelle Investoren zurückhaltend, so wurde Platz für eigenkapitalstarke Privatinvestoren frei. Im Wohnbereich leiteten hohe Zinsen und strengere Kreditvergabe viele weg vom Eigentum hin zur Miete. Dort orten Experten seit Einführung des Bestellerprinzips ein kleineres Angebot an Inseraten.

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